Gefolgt sind sie dem Vorschlag der neu eingesetzten Ratskommission für Großprojekte. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 sind nun folgende Prioritäten festgeschrieben: Sanierung/Neubau-Kindergarten, Musikprobelokal, Umbau Altenheim, Sanierung-Dach-Grundschule und Ankauf „Ellerhaus“. Die Ratskommission unter dem Vorsitz von Armin Bernhard hat mit kostengünstigen Varianten überzeugt. „Wir wollen alle Projekte angehen. Wenn wir Kosten sparen, kann es auch gelingen“, sagt Bernhard. Die Vertreter der Bürgerliste haben eingelenkt, obwohl sie anfangs eine Vertagung gefordert hatten - bis genaue Zahlen vorliegen. Deshalb habe auch er sich enthalten, erklärt Wegmann dem Vinschgerwind. Das Ruder für die Entscheidung und gegen die Vertagung riss Mirko Stocker nach hitziger Diskussion mit der Frage herum: „Weiß jemand jetzt, wie er abstimmen muss? Ich weiß es.“
Rückblende: Wegmanns Alleingänge und Fehlinformationen rund um das Großprojekt Kindergarten mit Musikprobelokal - im zweiten Anlauf nach einem verpatzten Start- zählten mit zu den Gründen für den Rücktritt von neun Gemeinderäten und für Wegmanns Entmachtung vor einem Jahr. Vieles drehte sich damals um die Frage: Kann sich Schluderns das Mammut-Projekt überhaupt leisten? Eine Frage, die auch den 2014 neu gewählten Gemeinderat beschäftigt. Eine klare Antwort gab nun die Ratskommission für Großprojekte anhand konkreter Zahlen: Die Umsetzung des Baldi-Projekts würde den Gemeindehaushalt jahrzehntelang finanziell blockieren, und den dringend notwendigen Umbau des Altenheimes verhindern. Wegmann ist Mitglied der Ratskommission. Laut Bernhard, hat er die in der Kommission intern vereinbarten Vorschläge mitgetragen. Nach außen hin machte er jedoch weiter Stimmung für „sein Projekt“. Und er stellte dieses im Alleingang bei der Bürgerversammlung am 7. November vor. Vor den Kopf gestoßen waren Referenten und Kommissionsmitglieder. VizeBM Astrid Reinstadler droht mit Rücktritt (siehe Interview). Durch die Bürgerversammlung heizte sich die Stimmung auf. Die Musikkapelle vermutete, dass das Musik-Probelokal auf der Strecke bleiben könnte. Eine Klausur des Gemeinderates folgte. Dort sei es zuerst sehr laut geworden, so ein Teilnehmer. Dann ging’s zur Sache, und für das Musikprobelokal wurde mit dem Areal des Recyclinghofes ein neuer Standort gefunden. Kurz vor der Gemeinderatsitzung besprach die Ratskommission diesen Vorschlag mit Vertretern der Musikkapelle. Und diese zeigten sich damit einverstanden. Das war entscheidend, dass sich auch fünf Räte der Bürgerliste hinter den Neustart bei Großprojekten stellten - gegen ihren BM.
Fazit: Das Ergebnis der Grundsatzentscheidung kommt einem indirekten Misstrauensvotum gegen BM Erwin Wegmann gleich. Wegmann steht allein im Abseits. Doch er bleibt bei seinem Argument. „Ich verstehe nichts mehr. Alles ist leicht finanzierbar.“
„Der BM muss selber seinen Weg finden“
Vinschgerwind: Im Mai 2015 sind Gemeinderatswahlen. Schluderns hat heuer gewählt. Kann es sein, dass auch Schluderns im Mai 2015 neu wählt?
Astrid Reinstadler: Grundsätzlich bin ich nicht der Meinung, dass Schluderns 2015 neu wählen sollte. Wir haben eine Vierer-Koalition, in der alle Parteien dabei sind, und in der es darum gegangen ist, transparent und gemeinsam zu arbeiten. Ein Problem, das wir im Moment haben, und was ich schade finde, ist, dass der Bürgermeister in der Konstellation nicht immer mitgeht, und dass Mehrheiten nicht immer respektiert werden. Das heißt aber nicht unbedingt Neuwahlen. Es heißt allerdings, wenn künftig bestimmte Aktionen gemacht werden, habe ich Konsequenzen angedroht, und diese werden sicher durchgeführt. Die Folge müssen nicht Neuwahlen sein. Der BM wird dann gefordert sein, einen funktionierenden Ausschuss zusammenzustellen.
Sie drohen mit Rücktritt. Warum denn?
Ich habe mit dieser Konsequenz gedroht. Es ist die Konsequenz auf einen Alleingang von Seiten des Bürgermeisters. Er hat eine Vereinbarung, die im Ausschuss mit drei zu eins Stimmen gefasst worden ist, nicht respektiert. Wir haben in Schluderns eine Ratskommission für Großprojekte, die sich mit dem Thema Großprojekte auseinander zu setzen hat, um zu zeigen, in welcher Form die Projekte verwirklicht werden können. Diese Kommission hat bestimmte Vorgaben gehabt, wie zum Beispiel mit der Musikkapelle zu reden und bestimmte Sachen zu klären und dann die Bevölkerung darüber zu informieren und ihr die Möglichkeiten der Realisierung aufzuzeigen, so dass die Bevölkerung eine klare Vorstellung hat. Der BM hat das alles nicht beachtet, ist in einer Alleinaktion zur Bevölkerung gegangen, hat weder im Ausschuss noch im Gemeinderat transparent gearbeitet und dann nur einen Teil der Informationen an die Bevölkerung herangetragen. Das finde ich schade, weil die Bevölkerung jetzt eine einseitige Information hat. Und das ist von vorn herein nie unsere Idee von Transparenz gewesen ist.
In der letzten Ratssitzung wurde die Marschrichtung für Projekte beschlossen. Welche Marschrichtung ist das?
Die Marschrichtung ist, dass beschlossen worden ist, - und das war schon von Anfang an in der Ratskommission klar - dass Schluderns ein Altersheim braucht, einen Kindergarten und ein Musikprobelokal. Die Ratskommission hat nach Möglichkeiten gesucht, dass alles verwirklicht werden kann und Vorschläge gemacht. Beim Analysieren der Zahlen, wurde klar, dass man bei allen drei Projekten mit der Finanzierbarkeit auf dem Boden bleiben muss. Das ist Voraussetzung, dass alle drei Projekte ausgeführt werden können, ohne dass sich Schluderns in eine Schuldenfalle hineinmanövriert, die sicherlich schwerwiegende Folgen für spätere Verwaltungen haben würde.
BM Erwin Wegmann hat sich bei diesem Grundsatzbeschluss als einziger enthalten. Wie bewerten Sie diesen Umstand?
Ich sehe es eigentlich als tolles Zeichen, dass 14 Gemeinderatsmitglieder dafür gestimmt haben. Für mich heißt das, dass 14 Leute die Marschrichtung, die von der Ratskommission vorgegeben worden ist, total gut finden. Und dass sie die Möglichkeit sehen, dass die Vorhaben auch realisierbar sind. Das ist vernünftig gehandelt. Wir sind von der emotionalen Schiene zur Sachlichkeit gekommen. Und ich hoffe, dass es uns gelingt, in dieser Form weiter zu arbeiten, indem die Sachen vor einer Entscheidung objektiv angeschaut werden und indem wir konstruktive Ebenen der Kommunikation erreichen.
Ist das Klima im Gemeindeausschuss vergiftet?
Das Klima im Gemeindeausschuss ist nicht wirklich vergiftet. Die Viererkonstellation mit SVP und Freiheitliche arbeitet gut zusammen. Wir sprechen die Sachen ab. Positiv finde ich, dass viele Meinungen Platz haben und dass man diskutiert und nachher versucht, mehrheitsfähige Beschlüsse zu fassen. Schade finde ich, wenn die Mehrheitsbeschlüsse nicht respektiert werden. Ich muss sagen, ich habe in meinem Leben immer im Team gearbeitet und bin in vielen Teams gewesen. Ich habe festgestellt, dass Teamarbeit fruchtbar ist, weil vor einer Entscheidung viele Ideen einfließen. Erforderlich ist jedoch, dass jeder die Mehrheiten im Team respektiert, auch wenn sich seine eigene Meinung nicht durchsetzt. Für den Gemeindeausschuss heißt das, dass man sich an das hält, was beschlossen wird.
Wie wollen Sie den BM überzeugen, gemeinsam mit dem restlichen Ausschuss und gemeinsam mit dem Gemeinderat an einem Strang zu ziehen?
Ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe ist, den Bürgermeister zu überzeugen. Der BM muss selber seinen Weg finden. Ich bin eine Verfechterin von Eigenverantwortlichkeit und des entsprechenden Handelns. Ich bin aber auch der Meinung, dass das Handeln Folgen hat. Der Bürgermeister ist von mir darauf aufmerksam gemacht worden, dass das Handeln in bestimmten Situationen auch Konsequenzen hat. Und deshalb hoffe ich, dass er sieht, dass eine objektive, ehrliche Arbeit im Ausschuss einfach fruchtbarer ist, als Sachen auf emotionaler Ebene auszutragen. Denn wir haben in Vergangenheit gesehen, wohin das führt. Die Entwicklungsmöglichkeiten von Schluderns werden gehemmt.
Ist es mühsam, im Schludernser Gemeindeausschuss zu sitzen?
Es ist mühsam. Das muss ich sagen. Es hat aber auch ganz interessante Seiten. Nie in meinem Leben habe ich in so kurzer Zeit so viel gelernt. Und ganz viele Sachen sind mir klar geworden. Trotzdem möchte ich sagen, dass es im Moment nicht ganz einfach ist. Doch ich hoffe, dass wir einen Weg finden, und dass es möglich ist, in der Viererkonstellation weiter zu arbeiten.
Interview: Magdalena Dietl Sapelza
Erwin Bernhart
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