Das Sondrio-Filmfestival ist mit drei Geldpreisen von 5.000,00 bzw. 3.000,00 Euro dotiert, deren Stifter die Stadt Sondrio, die Region Lombardei und der Nationalpark Stilfserjoch sind. Für die Ausgabe 2014 waren insgesamt 117 Dokumentarfilme eingesendet worden. Der wissenschaftliche Beirat hat in einer Vorauswahl die 16 Filme ausgewählt, welche der internationalen Jury zur Bewertung im Rahmen der Filmwoche im Oktober 2014 vorgeführt worden sind. Am Hauptplatz im Altstadtkern von Sondrio sind die 16 Filme während der Veranstaltungswoche in einem Kinozelt auch in öffentlichen Vorführungen gezeigt worden.
Der Siegerfilm
Der Hauptpreis 2014, der mit 5.000,00 dotiert ist, wurde dem österreichischen Regisseur Kurt Mündl für seinen Film „Das Geheimnis der Hummeln“ zuerkannt. Der Film wurde 2013 auftrags des ORF im Nationalpark Hohe Tauern und in anderen Gebieten Österreichs gedreht. Er zeigt die Hummeln als kleine Insekten, die eigentlich allen bekannt sind, aber über deren große Ökosystemleistungen wenige Menschen hinreichend Bescheid wissen. Der Film zeigt außerdem den Nutzen der Hummeln als Bestäuber in der Landwirtschaft und im intensivierten Anbau von Kulturpflanzen. In der Begründung des Siegerpreises hat die Jury unter dem Vorsitz des Schweizers Andreas Weissen besonders auch das Regiebuch belobigt: Anhand der Lebensgeschichte von Hummeln wird der weit größere Kosmos der Biodiversität verdeutlicht. Hervorgestrichen wurden auch die erstklassigen und technisch schwierigen Aufnahmen von Bildern auf engstem Raum, der Erzählfaden, die Filmmusik und die Drammatik zwischen Ruhephasen und Konkurrenzkämpfen im Jahreslauf des Hummelstaates. Für den Nationalpark Stilfserjoch saß Frau Dr. Loredana Dresti in der internationalen Jury.
Kurt Mündl ist ein österreichischer Bio-loge, Publizist, Kameramann und Autor, der in den Jahren 1979-1989 wissenschaftsjournalistischer Begleiter von Konrad
Lorenz war. Bekannt ist Kurt Mündl vor allem durch seine naturkundlichen Dokumentarfilme aus der Universum-Reihe des Österreichischen Rundfunks.
Nicht wissend, dass Kurt Mündl einen Film über die Hummeln gedreht und zur Teilnahme am Dokumentarfilm-Wettbewerb Sondrio Festival eingesendet hatte, hatte ich meinen Beitrag in der letzten Nummer des „Der Vinschger Wind“ den Hummeln gewidmet.
Im Infokasten auf dieser Seite habe ich noch ein paar weitere wissenswerte Fakten aus dem Leben der Hummeln zusammengefasst, die ich dem empfehlenswerten Buch von Dave Goulson „Und sie fliegt doch“ (2013, Hanser Verlag) entnommen habe.
Der Preis des Nationalparks Stilfserjoch
Der Preis des Nationalparks Stilfserjoch, mit 3.000,00 € dotiert, wurde von der Jury dem Film „Der letzte Ozean“ des neuseeländischen Regisseurs Peter Young zugesprochen. Der Film ist im Jahre 2012 in der antarktischen Ross-See entstanden. Er zeigt die ökologisch negativen Folgen der Überfischung für die marine Biodiversität auf. Trotz zweier Anläufe ist es bisher wegen der wirtschaftlichen Interessen nicht gelungen, diesen Teil der Weltmeere unter Schutz zu stellen. In ihrer Begründung schreibt die Jury, dass der Autor den Zuschauer auf packende Art und Weise mitnimmt und sensibilisiert für dieses Schutzanliegen.
Der Preis der Region Lombardei
Der ebenfalls mit 3.000,00 € dotierte Preis der Region Lombardei ging an den ungarischen Dokumentarfilm „Szigetköz – Das innere Delta der Donau“. Regisseur
Szabolcs Mosonyi hat den Film im Jahre 2013 fertiggestellt. Der Film zeigt in fantastischen Aufnahmen das Leben am und im Fluss zu Zeiten unterschiedlicher Wasserführung: Wasser zerstört, baut auf, formt um und schafft mit dieser Fließdynamik immer wieder neue Lebensräume. Die Donau wird auch als Arbeitsraum und Erholungsraum vorgestellt.
Der Publikumspreis ging an den Film „Kalahari“ des englischen Regisseurs Hugh Pearson, den dieser auftrags der BBC London 2013 in den Wüsten Kalahari und Namib in Südafrika und Namibia gedreht hat.
Der Schülerpreis ging ebenfalls an den Film über die Hummeln von Kurt Mündl. 47 Oberschüler aus der Landwirtschaftlichen Oberschule Sondrio und aus dem Realgymnasium „Carlo Donegani“ Sondrio hatten diese Sonderjury gebildet.
Im Laufe der Filmwoche haben über 18.000 Personen an den Filmvorführungen im Zelt auf der Piazza Garibaldi teilgenommen. 4.000 Schüler haben auch die Rahmenausstellung besucht, welche heuer den landwirtschaftlichen Produkten von vier Biobetrieben im Veltlintal gewidmet war: Getreide, Wein, Gemüse und Milchprodukte aus der Kleinregion, nach biologischen Kriterien produziert, waren von den Veranstaltern als Thema gewählt worden: In Vorausschau auf die Weltausstellung EXPO 2015 in Mailand, welche unter vielen anderen Themen auch die Versorgung der Weltbevölkerung mit landwirtschaftlichen Produkten behandeln wird.
Wussten Sie, dass
• es bei den Hummeln Arbeiterinnen ganz verschiedener Körpergröße gibt? Bei den Honigbienen sind die Arbeiterinnen alle gleich groß; die Arbeiterinnen schlüpfen bei den Honigbienen aus den geometrisch sehr regelmäßig und gleichförmig gebauten Sechseckzellen. Bei den Hummeln sind die Arbeiterinnen nach dem Stockdienst im Jugendalter Sammlerinnen von Nektar und Pollenstaub im Außendienst erst gegen ihr Lebensende hin als gefährlichste Mission in ihrem Lebenszyklus.
• die Hummeldrohnen als Lockmittel für noch unbefruchtete Königinnen in den Gipfeln von Bäumen Duftkorridore aus Kohlenwasserstoff-Verbindungen markieren, um die Königinnen an diesen Begattungsplatz anzulocken? Die Drohnen fliegen die mit ihrem Duftstoff markierte Strecke im sogenannten „Patroullierflug“ regelmäßig ab, um die Königin vor ihren Konkurrenten zur Befruchtung zu erwischen.
• es bei den Hummeln auch Arten von sogenannten „Kuckuckshummeln“ gibt? Diese Hummeln sind Brutparasiten bei anderen Hummelarten: Kuckuckshummeln bauen selbst keine Nester, sondern legen ihre Eier in die Nester von anderen Hummeln ab und lassen ihre Brut von den Pflegeeltern aufziehen. Eben wie der Kuckuck unter den Vögeln ein Brutschmarotzer ist, so ist Brutparasitismus im Laufe der Evolution auch bei den Hummeln entstanden.
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