Nach mehreren Wochen im Koma wachte er auf. Dass es für ihn gut ausgegangen ist, schreibt er der Fachkompetenz der Schlanderser Ärzte und der fürsorglichen Pflege zu.
Karl kam als „lediges Kind“ am 1. Jänner 1937 in Bozen zur Welt. „Di Faschistn hoobm selm di Entbindung zohlt“, sagt er. Nach dem „Wochenbett“ kehrten Mutter und Sohn wieder nach Glurns zurück. Ein „lediges Kind“ zu sein war damals ein Stigma. Es bedeutete für Karl so manche Ausgrenzung. Er durfte nicht ministrieren, obwohl er es gerne getan hätte. Wer sein Vater war, hat er nie erfahren. Immer wenn er seine Mutter danach gefragt hatte, war sie ihm ausgewichen. Schließlich hörte er auf „zu bohren“, denn er wollte sie nicht dauernd verletzen. Oft konnte er beobachten, wie sie das Bild eines gefallenen Glurnser Soldaten betrachtete. Karl lebte mit seiner Mutter in deren Elternhaus. Ein Ehepaar nebenan, das keine Kinder hatte, warb ständig um den Kleinen. Nachdem seine Mutter entschieden hatte, als Saisonarbeiterin in die Schweiz zu ziehen, gab sie dem Werben schweren Herzens nach und überließ ihren Sohn den Nachbarn. Karl war sechs Jahre alt. „I hat koane bessrn Zieheltern hoobm kennt“, bekräftigt Karl. Der Kontakt zur Mutter blieb stets aufrecht, auch nachdem diese in der Schweiz geheiratet hatte. Nach Abschluss der Volksschule begann Karl die Sattler-Lehre in St. Lorenzen im Pustertal. Im Vinschgau hatte er keinen Ausbildungsplatz gefunden. „I hon olz gmocht, wos mit Rösser z`tian kopp hot, Komater Gschirrer unt norr aa Madrotzn“, erklärt er. Nach der Lehrzeit hängte er noch ein Jahr als Geselle an. Er war fleißig und gewissenhaft. „Glepp hon i foscht wia in an Kloaschtr“, scherzt er. Danach arbeitete er kurz in Partschins und trat dann den 18-monatigen Militärdienst in Verona an. Nach der Ausbildung kam er nach Brixen. Er meldete sich als Blutspender. Das bedeutete für ihn mehr Urlaub. Mit Tapezieren besserte er sich seinen Sold auf. Nach der Soldatenzeit zog es ihn in die Schweiz. Er arbeitete als Sattler in Majenfeld, in Aarau und in Scoul. Dort traf er seine spätere Frau Maria Niederfriniger. Auch sie ist ein „lediges Kind“. Geboren in Allitz, kam sie nach der Heirat ihrer Mutter zuerst nach Graun und dann bei der Seestauung nach Glurns. Im Kirchlein zu den „Heiligen Drei Brunnen“ gab Karl seiner Maria das Ja-Wort. Das Paar zog in das Haus von Karls Zieheltern. Kurz darauf machte er sich selbständig und begann mit dem Bau eines Hauses am Etschdamm. Es entstand eine Garni mit der Werkstatt im Keller. „I hon viel selbst gmocht“, betont er.
Maria umsorgte die vier Kinder und vermietete Zimmer. Karl bezog Sofas und verlegte Böden - 25 Jahre lang, bis zum 18. Juli 1985. An diesem Tag verlor er seinen Sohn Edwin durch einen Motorradunfall. Für Karl und seine Familie brach eine schwere Zeit an. Er war kaum noch zu etwas fähig. Eine Anstellung bei der Aufforstung führte ihn schließlich aus der Depression. Er wurde wieder aktiv und besuchte nebenbei einen Senn-Kurs. Ein Abkommen zwischen Forst und Bauernbund machte es möglich, dass er im Sommer auf Almen Milch verarbeiten konnte. „S Olmlebm isch olm mai Jugendtraum gweesn“, sagt er. Und diesen Traum lebte er dann auf verschiedenen Almen aus, auch noch nach seiner schweren Kopfverletzung.
Mittlerweile ist er ruhiger geworden. Oft trifft man ihn bei Streifzügen durch den Wald. Denn die Jagd ist seine Leidenschaft. Und leidenschaftlich gerne diskutiert er auch. Er ist ein kritischer Geist und sagt unverblümt seine Meinung, ob als Oppositioneller im Stadtrat, als Obmann der Heimatpfleger oder als Kämpfer für den Erhalt des Schlanderser Krankenhauses.
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