Der Schweizer Nationalpark wurde im Jahre 1914 auf maßgebliches Betreiben von Schweizer Naturschützern aus dem Schweizerischen Bund für Naturschutz (heute Pro Natura) und Naturwissenschaftlern (Naturschutzkommission der Naturforschenden Gesellschaft - heute Akademie der Naturwissenschaften) ausgewiesen. Das Gebiet um den Ofenpass war durch den angesehenen Botaniker Carl Schröter und seinen Forstkollegen Johann Coaz oftmals besucht und ausführlich beschrieben worden und ob seines Artenreichtums und seines Wildnis-Grades als Schutzgebiet indiziert.
Der Schweizer Nationalpark ist der älteste Nationalpark in den Alpen. Als weltweit erster Nationalpark wurde im Jahre 1872 in den Vereinigten Staaten von Amerika der Yellowstone National Park ausgewiesen. Die Statistik der Vereinten Nationen gibt heute weltweit über 4.000 Nationalparks an. Diese haben zusammen eine Fläche von knapp 5 Millionen km², was etwa 3% der Erdlandfläche entspricht.
Der Nationalpark Schweiz
Der Nationalpark Schweiz liegt im Zentrum der Alpen, in der südöstlichen Ecke der Schweiz, und zwar im Engadin und in der Val Müstair auf Territorium der rätoromanischen Gemeinden S-chanf, Zernez, Val Müstair, Lavin und Scuol. Er umfasst 170,3 km² Gebirgsgelände und entwässert zum Inn. Die mittlere Höhenlage (die sogenannte Massenerhebung) des Schweizer Nationalparks beträgt 2.323 m, der tiefste Punkt liegt auf 1.380 m MH (Clemgia als Bach aus der Val S-charl), der höchste hingegen 3.173 m (Piz Pisoc südlich von Scuol).
Der Nationalpark Schweiz ist bis heute nach wie vor der einzige Nationalpark in der Schweiz. Mit dem Locarnese (Kanton Tessin)und dem Adula-Gebiet (Kanton Graubünden) gibt es derzeit zwei Nationalpark-Kandidaten. Das Schweizer Stimmvolk wird entscheiden, ob es zur Klassifizierung dieser zwei Gebiete als Nationalpark kommen wird.
Der Schweizer Nationalpark ist grundsätzlich von Menschen unbewohnt. Durch das Nationalpark-Statut ist die in früheren Jahrhunderten erhebliche Einflussnahme der Menschen auf die Parkfläche aufgehoben worden. Dem Park wurden primär karge Räume überlassen, wobei der Verzicht auf Landnutzungen und -bewirtschaftungen möglichst wenig in das Gewicht fiel: Der Anteil der vegetationsfreien Flächen (Fels, Geröll) beträgt 51%, der Waldanteil liegt bei 31%. Der Rest (17%) wird von subalpinen und alpinen Rasengesellschaften gebildet.
Nach den Schutzkategorien der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur (IUCN) ist der Nationalpark Schweiz in der höchsten Schutzkategorie 1a eingestuft. Im Park gilt ein absolutes und streng überwachtes Nutzungsverbot. Dieses Nutzungsverbot beinhaltet zum Beispiel das Wegegebot, d.h. Steige dürfen nicht verlassen werden. Im Winter ist der Park geschlossen, um die Wildtiere in ihren Ruhegebieten nicht zu gefährden. Der Wald ist der forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Das Gebiet des Schweizer Nationalparks soll sich zu einem Wildnis-Gebiet entwickeln können, in welchem die Natur den absoluten Vorrang hat und im Sinne eines umfassenden und strikt eingehaltenen Prozessschutzes weiterentwickeln kann.
Die drei Hauptziele des SNP
Die drei institutionellen Hauptziele des Schweizer Nationalparks sind :
• Schützen
• Forschen
• Informieren
Schützen
Der Schweizerische Nationalpark ist eine streng geschützte Wildnis-Landschaft, in der sich Tiere und Pflanzen frei entwickeln und natürliche Prozesse ihre Wirkung entfalten können. Die Natur ist sich selbst überlassen und es darf nichts an ihr verändert werden. Es geht um mehr als reinen Artenschutz: Geschützt ist der ganze Lebensraum mit seinen natürlichen Prozessen. Dazu gehören beispielsweise auch umstürzende Bäume, Lawinen und Murabgänge. Diese konsequente Philosophie ist seit der Gründung des Schweizer Nationalparks am 1. August 1914 zentrales Element und Garant für zukünftige Entwicklung.
Forschen
Der Schweizer Nationalpark ist ein einzigartiges Freilandlaboratorium, in welchem Grundlagen- und Langzeitforschung in einem interdisziplinären Ansatz betrieben wird. Dementsprechend lang, umfang- und disziplinenreich ist die Liste der wissenschaftlichen Arbeiten und die Bibliographie. Die weit zurückreichenden Datenreihen des Nationalparks sind einzigartig und begründen seine Bedeutung als attraktiven Forschungsstandort. Die ersten Dauerbeobachtungsflächen wurden bereits im Jahre 1917 eingerichtet und werden seither regelmäßig untersucht und dokumentiert.
Informieren
Die Wanderungen in der unberührten Natur des Nationalparks bieten spannende Naturerlebnisse. Mit seiner vielfältigen Informationsarbeit bringt der SNP seinen Besuchern die Zusammenhänge der Natur näher, um sie auch als Partner für deren Schutz zu gewinnen: Geführte Wanderungen, Naturlehrpfade, Lehrerfortbildung, Angebote für Kinder und Schulen, Ausstellungen, digitale Wanderführer, Publikationen und Vorträge sind Bausteine des umfassenden Informationspaketes. Das Besucherzentrum in Zernez bietet viele interaktive und erlebnisorientierte Angebote und bildet den idealen Ort für die Vor- und Nachbereitung einer Wanderung.
La Festa
Es gibt viele Dinge, welche die Verantwortlichen des Schweizer Nationalparks anlässlich seines 100-jährigen Bestehens geschaffen haben. Die „Festa“ am 1. August 2014 hat Schweizer Kreativität und Präzision unter Beweis gestellt. Das Volksfest in Zernez ist vormittags mit Kinderkonzerten der Musik- und Theatergruppe Silberbüx gestartet und abends nach einer einstündigen Life-Übertragung im Schweizer Fernsehen mit einer großen Geburtstagsparty im Festzelt vor dem Schloss Planta Wiltenberg ausgeklungen. Beim nachmittägigen Festakt gab es u.a. bedeutsame Grundsatzreden der Bundesrätin Doris Leuthard, von Parkdirektor Heinrich Haller, vom Präsidenten der Eidgenössischen Nationalparkkommission Robert Giacometti und von Michael Vogel, dem Präsidenten des Netzwerkes alpiner Schutzgebiete alparc.
Von bleibendem Wert sind zwei wertvolle wissenschaftliche Publikationen, die im Rahmen der 100-Jahre-Aktivitäten entstanden sind:
• Die geschichtliche Aufarbeitung der Entstehung des Schweizer Nationalparks im Buch von Patrick Kupper „Wildnis schaffen – Eine transnationale Geschichte des Schweizerischen Nationalparks Schweiz“, 2012 im Haupt-Verlag Bern erschienen.
• Der „Atlas des Schweizerischen Nationalparks – Die ersten 100 Jahre“, herausgegeben von Heinrich Haller, Antonia Eisenhut und Rudolf Haller und 2014 ebenfalls im Haupt-Verlag Bern erschienen. Der höchst professionell gemachte Atlas ist eine wertvolle Fundgrube für viele wissenschaftlichen Daten, welche im Rahmen der langjährigen Forschung im Schweizer Nationalpark zu den verschiedensten naturwissenschaftlichen Fachgebieten erhoben worden sind. Auf 248 Seiten werden in aussagekräftigen Karten und Graphiken und in verständlichen Texten die Sachbereiche Grundlagen, Rückblende, Vergleiche und Kooperationen, Pflanzen, Tiere, Der Mensch, Forschung, Szenarien und Perspektiven abgehandelt. Leider kann ich aus Platzgründen im Rahmen dieser Doppelseite nicht näher auf diese wertvolle Publikation eingehen.
Kompliment und Dank
Für die langjährige, unkomplizierte, kollegiale und fachlich wertvolle Zusammenarbeit zwischen den beiden benachbarten Nationalparken Schweiz und Stilfserjoch im Rahmen gemeinsamer Projekte und Vorhaben und für die vielen wertvollen Anregungen möchte ich dem Team des Schweizerischen Nationalparks unter Direktor Dr. Heinrich Haller und den Bereichsleitern Dr. Flurin Fili (Forschung und Monitoring), Dr. Hans Lozza (Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit) und Dr. Rudi Haller (GIS, Raumerfassung und karthographische Darstellung) sehr herzlich danken. Mögen dem Nationalpark Schweiz noch viele Hundert Jahre als Ort natürlicher Prozessentwicklung beschieden sein.
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