Früher hatte jedes Dorf seine Sennerei, heute gibt es nur mehr in Burgeis und Prad eine
Ein „Sennerei-Büchl“ aus dem Jahre 1873 weist auf die Existenz eines Sennereibetriebes im 19. Jahrhundert hin. 1903 wurde ein neues Gebäude errichtet, welches über 100 Jahre als Dorfsennerei diente. In den 60er Jahren hat die Milchproduktion kontinuierlich zugenommen und mit 700.000 Liter pro Jahr in den 70er Jahren den Spitzenwert erreicht. In den 80er Jahren stand es sehr kritisch um den Fortbestand der Dorfsennerei. Bereits in den 70er Jahren hatten Beamte der Landesgesundheitspolizei hygienische Verbesserungen gefordert. Wegen gravierender Verschmutzung der Milchprodukte und des Fehlens eines Pasteurisierungsapparates wurde vom Landesamtsarzt die Schließung der Sennerei angedroht. Georg Stillebacher, der von 1969 bis 1990 mit einer kurzen Unterbrechung Obmann der Sennerei und auch lange Bürgermeister von Prad war, musste in vielen Resolutionen und Protestschreiben die bedrohte Schließung abwehren. Aber die Landesregierung unter dem damaligen Landwirtschaftsassessor Durnwalder gab kein Geld für alt gewachsene Dorfstrukturen wie eine Sennerei aus, sondern förderte lieber Großstrukturen wie die Mila.
Hygienekontrollen und viele Vorschriften führten beinahe zur Schließung
Die Mila konnte den Bauern auch sehr lange gute Milchpreise und damit ein sicheres Einkommen garantieren. Deshalb ist es verständlich, dass die meisten Bauern ihre Milch an die Mila lieferten. Gleichzeitig an die Mila und an die Dorfsennerei Milch zu liefern, war nicht möglich. Nur durch die finanzielle Unterstützung der Raiffeisenkasse Prad ab 1986 konnte die Dorfsennerei erhalten werden. 1999 wurde von 24 Bauern die „Sennerei-Genossenschaft-Prad“ gegründet und damit der Grundstein für einen Neubeginn gelegt. Nachdem im Jahre 2005 im Leitbild Prad von der Bevölkerung der Wunsch zur Erhaltung der Dorfsennerei sehr stark geäußert wurde, kaufte die Eigenverwaltung Prad 2006 das alte Sennereigebäude und setzte alles daran, an derselben Stelle ein neues Gebäude mit einem kleinen Laden zu errichten. Der junge Prader Architekt Martin Stecher projektierte neben dem Dorfplatz ein modernes Gebäude mit ebenerdigem Eingang. Die Baukosten übernahm die Eigenverwaltung, 80.000 Euro stellte die Gemeinde für die Einrichtung bereit und die Raiffeisenkasse gab einen günstigen Kredit.
Am 2. November 2011 wurde im neuen Sennereigebäude die Produktion aufgenommen
Mit viel Idealismus hat der neue Vorstand unter dem Obmann Alois Burger den Neustart gewagt. Am 2. November 2011 konnte die Produktion im neuen Gebäude aufgenommen werden. Regionale Produkte von hoher Qualität lagen im Trend, 13 Bauern lieferten täglich ihre gentechnik- und silofreie Milch. Mit Martin Paulmichl, der seine Ausbildung als Senn in der Schweiz gemacht und bereits seit 2002 in der Sennerei gearbeitet hatte, konnte eine qualifizierte Person für die Milchverarbeitung gewonnen werden. Doris Kostner Riedl ist die freundliche Verkäuferin im Geschäft. Das Ziel war es, rund 450.000 Liter Milch jährlich zu verarbeiten und den Bauern einen Preis von 0,40 Euro pro kg auszuzahlen. Ein Drittel der Produkte sollte im eigenen Geschäft, ein Drittel an die Gastronomie der Umgebung und ein Drittel an verschiedene Geschäfte im Lande verkauft werden. Alois Burger, der Obmann, berichtet mit großem Bedauern, dass diese Ziele nicht erreicht wurden und deshalb der junge Sennereibetrieb in einer kritischen Situation steckt. Zwei Bauern sind abgesprungen, nachdem nur 37 Cent pro kg ausbezahlt werden konnten. Insgesamt werden heute rund 1.000 Liter Milch täglich zu 90 kg Käse verarbeitet. In den Sommermonaten sind es nur 400 bis 500 Liter. Drei Sorten Käse, Sennereibutter und das Prader Butterschmalz werden täglich hergestellt. Eine Besonderheit stellt dabei das Prader Butterschmalz dar, das nach Martin Paulmichl zum Kochen für eine gesunde Ernährung sehr geeignet ist. Die Milch wird nicht pasteurisiert, sondern auf 65 Grad erhitzt und dann verarbeitet.
Es braucht neue Verkaufskonzepte und Kooperationspartner
Nach Obmann Burger sind die Lebensmittelgeschäfte Rungg und der Genussmarkt „Pur Südtirol“ aus Meran heute die wichtigsten Kunden, es ist aber nicht richtig gelungen, die Gastronomie und andere große Geschäfte als wichtige Abnehmer zu gewinnen. Durch den Umstieg vieler Milchbetriebe auf den Obstanbau wird insgesamt viel weniger Milch produziert. Sollte das so weitergehen, ist ein Fortbestand des Sennereibetriebes gefährdet. Deshalb sind neue Verkaufskonzepte und neue Kooperationspartner gefragt. Ende April wird bei der Vollversammlung ein neuer Vorstand gewählt. Dieser muss die Weichen für die Zukunft stellen. Aber wahrscheinlich braucht es die Mithilfe der ganzen Bevölkerung und verschiedener Institutionen, damit die Sennerei auf eine sichere Zukunft bauen und die alte Tradition auch im 21. Jahrhundert fortführen kann.