Der Alm-Atlas
Im Juli ist in den Medien der Alm-/Alp-Atlas vorgestellt worden. Als Projekt „Almatlas“ war die Herausgabe dieser Themenatlasses von den Regierungschefs der ARGE ALP-Länder bei der 41. Plenarkonferenz unter dem Vorsitz Südtirols im Jahre 2010 beschlossen worden. Nunmehr liegt das Arbeitsprodukt in gedruckter und digitaler Form vor und stellt eine wertvolle Datenquelle für die objektive und fachliche Bewertung der Almwirtschaften in den Mitgliedsländern der ARGE ALP dar. Autoren der wissenschaftlichen Publikation sind Erich Tasser, Susanne Aigner, Gregory Egger und Ulrike Tappeiner. Die Publikation wurde im Juli 2013 bei Athesia gedruckt. Herausgeber ist die Arbeitsgemeinschaft Alpenländer. Die Projektleitung lag bei der Autonomen Provinz Bozen Südtirol: In den beiden Abteilungen Landwirtschaft und Forstwirtschaft waren dabei Dr. Valentin Mair vom Bezirksamt für Landwirtschaft Schlanders und p.a. Andreas Kasal vom Amt für Bergwirtschaft federführend beteiligt.
ARGE ALP
Die ARGE ALP ist 1972 als Plattform der Alpenländer aus der Taufe gehoben worden. Zehn Regionen, Provinzen, Kantone und Bundesländer aus den Staaten Österreich (Vorarlberg, Tirol, Salzburg), Deutschland (Freistaat Bayern), Italien (Autonome Provinzen Bozen-Südtirol, Trient, Region Lombardei) und der Schweiz (Graubünden, St. Gallen, Tessin) sind darin zusammengeschlossen. Das oberste Organ der ARGE ALP ist die Konferenz der Regierungschefs. Aktuell leben mehr als 26,3 Millionen Menschen im Gebiet. Die Gesamtfläche der ARGE ALP-Länder beträgt 55.084 km² und ist somit etwas größer als die Schweiz (41.285 km²), aber deutlich kleiner als Österreich (83.879 km²).
Die Verteilung der Almen
Eine Alm/Alp ist ein Sömmerungsgebiet für Haustiere, wobei in den Begriff Alm auch Bergwiesen, Wirtschaftsgebäude und sonstige Infrastrukturen mit eingeschlossen sind. Unter Almwirtschaft im erweiterten Sinn versteht man dementsprechend alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten wie Bergweidewirtschaft mit und ohne Behirtung, Sennerei, Bergheugewinnung.
Die aktuellen Zahlen aus dem Alm-Atlas besagen, dass im Gebiet der ARGE ALP-Länder 9.242 Almen bestoßen werden. Dabei weisen Tirol mit 2.151 Almen, Salzburg mit 1.787 und Südtirol mit 1.738 die meisten bewirtschafteten Almen auf. In Bayern sind es 1.438 Almen, in Graubünden 748, in Vorarlberg 543, im Trentino 458 und in St. Gallen 379.
Das Rind und die Alm
Das Rind ist das Haustier der Alpen. Im Gebiet der ARGE ALP-Länder werden derzeit fast 1.530.000 Rinder gehalten und damit fast viermal so viele wie Schafe, Ziegen und Pferde zusammen. Weltweit gibt es etwa 450 Rinder-Rassen. Von den 1,53 Mio. Rindern der ARGE ALP-Länder werden etwa 450.000 gealpt. Dies entspricht 29,6% des Rinderbestandes, in Südtirol liegt der Anteil der gealpten Rinder bei 39% der gehaltenen Tiere. Von den Ziegen werden in den ARGE ALP-Ländern 34% gealpt, von den Schafen 75%.
Wenn eine Alm brach fällt
Wenn eine Alm brach fällt, verändert sich die Vegetation. Im Alm-Atlas ist dabei nachzulesen: „Nach der Aufgabe der Beweidung setzt auf den Brachen die natürliche Sukzession ein. Meist kommt es zu einer Umschichtung der Bestände. Der Aufwuchs fällt im Herbst zu Boden und bildet eine dicke Schicht aus unverrottetem Pflanzenmaterial. Kleinwüchsige Gräser und Kräuter können die Schicht nur schwer durchdringen und sterben ab. Zwergsträucher und Pflanzen mit hohem Wuchs und kräftigen Wurzeln werden dominant. Meist sind dies Hochstauden und ausläuferbildende Gräser. Die Artenvielfalt sinkt. In einem nächsten Schritt kommt es zur Verbuschung. Diese kann sehr rasch, zum Beispiel bei ausläuferbildenden Gehölzen fortschreiten.“
Wenn der Boden rutscht
Barbara Stoinschek, Biologin und Mitarbeiterin am Institut für Alpine Umwelt bei der Europäischen Akademie in Bozen stellt zur Erosionsgefahr im Alm-Atlas fest: „Das Erosionsrisiko erhöht sich mit dem Rückgang der Bewirtschaftung von Almflächen. Dabei sind es jedoch nicht die Nutzungsaktivitäten an sich, sondern vielmehr die damit direkt und indirekt verbundenen Vegetations- und Bodenveränderungen. Gerade in einem Zeitraum von etwa 10 bis 40 Jahren nach dem Auflassen bis zur Wiederbewaldung einer Almfläche können instabile Zustände auftreten.“
Die Alm als Hotspot der Biodiversität
Zu den Ökosystemleistungen der kleinstrukturierten und extensiven Almwirtschaft gehört unter anderem, dass sie zu einer überdurchschnittlich hohen Artenvielfalt unter den Gefäßpflanzen beiträgt. Während es in den Tallagen durch die Zersiedelung und durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung zu einer gravierenden Abnahme der Artenvielfalt gekommen ist, ist die Höhenstufe der Almwirtschaft die einzige Höhenstufe, in welcher die landwirtschaftliche Nutzung zu einer Erhöhung der natürlichen Artenvielfalt geführt hat: Auf Almflächen kommen bis zu 950 verschiedene Arten von Gefäßpflanzen vor. Viele der typischen Almlebensräume, wie etwa Lärchenwiesen, Bergmahder und Almweiden weisen eine überdurchschnittlich hohe mittlere Artenvielfalt auf. Eine nachhaltige Almbewirtschaftung unterstützt somit die Artenvielfalt und ist damit verantwortlich, dass der Alpenraum ein Hotspot der Vielfalt in Europa ist.
Wer vertiefend weiterlesen will, findet den Alm-Atlas auch im Internet unter den Publikationen des Institutes für Alpine Umwelt der Europäischen Akademie Bozen (eurac research bozen).