Dienstag, 11 Juni 2013 09:06

G.A.P. Atelierhaus

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s23 GAP Gebaude Ein Fahrrad lehnt lässig an Holzplatten, zwei Basketballkörbe kleben hoch oben an der Wand, die Decke besteht aus mehreren skelettartigen Eisengerüsten, in einer Ecke ein gemütlicher Diwan, ein Stuhl, ein Tisch. Es ist ein großer Raum. Man kann noch die Empore erkennen, von der aus der Raum überblickt werden kann. „Es war einer der ersten Kultursäle im Vinschgau“, erzählt mir Andy Tappeiner. Der große Raum war Theatersaal, ein Kino, Feste wurden darin gefeiert, als Turnhalle diente er auch (die Basketballkörbe erinnern daran). Seit Jahren ist der Raum stillgelegt und unbenützt. Der Raum liegt am Pfarrhaus an, am Widumplatz in Glurns, etwas versteckt gegenüber dem Kunst- und Antiquitätenladen „Hellebarde“.


Und nun kommt neues Leben hinein. War der Saal einst einer der ersten Kultursäle im Vinschgau, so wird er nun zu einem Experiment. Ein solches gibt es in Südtirol nicht, in Italien auch nicht und ein ähnliches wird man in Europa suchen müssen: Der Saal und seine Nebenräume sind ein Atelierhaus. „Wir haben die Räume wieder hergerichtet“, sagt Angelika Ziernheld. Ein Atelierhaus, erklärt mir Tappeiner, wird Künstlern zur Verfügung gestellt - Werkstatt samt Ausstellungsraum, s22 4502Schlafgelegenheit, Kochgelegenheit, sanitäre Anlagen. Auf der Empore, auf der ehemaligen Tribüne für das Theater, wurden zwei Zimmer eingerichtet, spartanisch, abgeteilt mit Holzplatten, die Regale sind angeschraubte Holzkisten, die Matratzen auf Paletten. Ein „Kreativurlaub“ für aufstrebende Künstler wird dadurch ermöglicht. Für wenig Geld und viel Kreativität. Denn die Stadt Glurns, ihre Umgebung, die Nähe zu den Nachbarländern Schweiz und Österreich, der obere Vinschgau können als Inspirationsquellen angezapft werden. Die Künstler, so das Ziel, sollen von überall herkommen können. Mit ihnen zieht ein Hauch Internationalität in die Stadtmauern. In jene Stadt, aus der ein Paul Flora stammt. Flora, der berühmte Zeichner und Maler, hat seinerzeit junge Künstler tatkräftig gefördert.

 

Marie Matthieu zeichnet feine Linien, am Fenster gleich hinter dem Eingang. Matthieu, die gebürtige Französin, kommt aus Bremen und wird einige Wochen in Glurns bleiben. Sie hat freie Kunst studiert und 2009 den Meisterabschluss gemacht. Plastiken interessieren sie, Objektkunst. Zahor Gotesman aus Israel ist derzeit im Atelierhaus. Ein Bildhauer, der in Carrara studiert hat.
Es sind solche Künstler, die kommen sollen, die sich entfalten können. „Wir fördern junge Künstler in ihrer Entwicklung“, sagt Tappeiner. Das „jung“ muss sich nicht zwangsläufig auf das Alter der Leute beziehen.

 

Vor einem Jahr haben fünf junge Künstler aus dem Vinschgau den Verein G.A.P. Glurns Art Point gegründet - Julia Frank, Andy Tappeiner, Simon Troger, Harald Punter und Angelika Ziernheld. Mit ihrer Idee, ein Atelierhaus installieren zu wollen, sind die Künstler in Glurns auf offene Ohren gestoßen. Die Organisation „Glurns Marketing“ mit Hans Oberthaler und Alois Frank an der Spitze unterstützen das Vorhaben tatkräftig. Waren die jungen Künstler im vorigen Jahr noch in einem Stadel untergebracht, stehen seit heuer die Räumlichkeiten der Pfarre zur Verfügung. „Glurns Marketing“ hilft finanziell bei Miete und Umbau mit. Der Verein G.A.P. ist ein no profit Verein. Von den ehemaligen fünf Gründungsmitgliedern sind mit der mittlerweile bekannten Künstlerin Julia Frank, mit der Designerin Angelika Ziernheld und den Bildhauern Andy Tappeiner und Simon Troger vier Aktive übrig geblieben.
s22 4506„Wir haben uns die Frage gestellt“, erklärt mir Angelika Ziernheld, „was es in Südtirol braucht, wie wir Künstler herbekommen und gleichzeitig die Stadt Glurns bereichern können. So ist uns der Gedanke „Artist in Residence“ gekommen.“ Ich schaue im Internet nach, was das heißt und finde: „Unter Artist in Residence sind Programme zu verstehen, die es Künstlern aus unterschiedlichen Fachrichtungen (Schauspieler, Bildende Künstler, Musiker, Schriftsteller) erlauben, ihre kreativen Tätigkeiten ohne den direkten Einsatz eigener finanzieller Mittel auch außerhalb ihres unmittelbaren Kulturkreises auszuüben.“

 

„Der Verein G.A.P. hat es sich zum Ziel gesetzt, der zeitgenössischen Kunst die Chance zu geben, sich im Vinschgau zu etablieren. Junge Künstler aus Südtirol und auch über die Grenzen hinaus sollen die Möglichkeit haben, das Ambiente der kleinen mittelalterlichen Stadt Glurns zu entdecken und darin zu schaffen. GAP ist ein Ort voller Inspiration, wo sich junge Künstler entfalten und austauschen können.“ So steht es auf der Internetseite des Vereines (http://www.glurns-art-point.com).
Vor einer Woche hat es im Atelierhaus noch nicht nach einer Ausstellungseröffnung ausgeschaut. „Viel wird sich auch nicht verändern“, sagt Tappeiner. Er verlegt einen Boden in einem für die Ausstellung bestimmten abgetrennten Raum. Der Raum wird weiß gestrichen. Das war’s. „Zum Start haben wir Künstler direkt eingeladen“, sagt Angelika Ziernheld. „In Zukunft soll es dann so sein, dass in Glurns arbeitende und schaffende Künstler auch ausstellen sollen.“
s23 GAP Wiedererffnung 2Am kommenden Samstag, am 15.06.2013, findet allerdings die große Premiere statt. Ab 15.00 Uhr wird nämlich die erste große Ausstellung mit einer Vernissage eröffnet, eingebettet in das Programm „Nacht der Kultur“ in Glurns. Badarau Catalin und Bianca Manu aus Bukarest/Rumänien und Franziska Schink aus Deutschland werden mit ihren Werken als erste den Ausstellungsraum bespielen. Die Band „Emissione“, die Sängerin Elisabeth Chytra und die Musiker Jakyll&Hyde bringen Musik ins  Atelierhaus.

 


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