von Don Mario Pinggera
Vor kurzem wurden beinahe beiläufig die Kirchenaustritte in Südtirol erwähnt. Während beispielsweise in Deutschland, Österreich oder auch der Schweiz der Kirchenaustritt oft finanziell motiviert ist, fällt dieser Grund in Südtirol weg. Ein grosser Teil der Austritte gehen schon seit längerem auf das Konto der zahlreichen Missbrauchsfälle. Aber warum treten Menschen explizit aus der Kirche aus, obwohl daraus keinerlei finanzielle Ersparnis resultiert? So ein Austritt hat Konsequenzen: er wird im Taufbuch vermerkt, eine katholische Eheschliessung ist nicht mehr möglich, ebenso eine kirchliche Bestattung sowie die Möglichkeit, eine Tauf- oder Firm Patenschaft zu übernehmen. Die Konsequenzen sind also durchaus gewichtig. Bevor sich allerdings die Kirche als Institution beschwert, indem immer wieder von «Gläubigenmangel» gesprochen wird, sollte besser die Frage gestellt werden: Kann es sein, dass die Kirche die Menschen nur noch bedingt oder gar nicht mehr anspricht? Ihre ureigenste Aufgabe ist es, den Glauben und die frohe Botschaft zu verkündigen. Und da gibt es definitiv «Luft nach oben», wie so oft und so treffend gesagt wird. In Zeiten, in welchen immer mehr Seelsorgeeinheiten geschaffen werden (müssen), sind alle gefragt: Die Priester genauso wie die Gläubigen. Schliesslich wird bei der Taufe ja hoch und heilig versprochen, «Verantwortung in Kirche und Welt» zu übernehmen. Immer noch wird viel zu viel auf und in die Priester projiziert. Das fängt damit an – und ich spreche aus Erfahrung – dass beispielsweise vor einer Taufe zuerst das Restaurant reserviert wird und dann erst kommt der Priester. Er wird dann schon Zeit haben. Hat er aber nicht! In unseren Pfarreien gibt es zahlreiche Aufgaben, die so wichtig sind und die keinerlei sakramentale Kompetenz und somit auch keinen Priester erfordern. Dazu zählen sämtliche administrativen und finanziellen Belange, aber auch Krankenkommunion und Beerdigungen. Solange Beerdigung und Messe zwangsgekoppelt bleiben, wird sich die Situation aufgrund zunehmenden Priestermangels weiter zuspitzen. Es ist für einen Priester eine Zumutung – neben allem anderen – zusätzlich drei bis vier Beerdigungen pro Woche vorbereiten und leiten zu müssen. Die Verantwortlichen in den Seelsorgeeinheiten sind gut beraten, umgehend an den runden Tisch zu sitzen. Mit einem «weiter so» würde man die Pfarreien vor Ort zwangsläufig in die aktive Sterbehilfen gleiten lassen.