Schlanders - Ein negativ behaftetes Gebäude – Zwangsenteignung, Besatzung, psychische Folter, Tötungen, Schreie misshandelter Maultiere - gewaltige emotionale Gründe, um die Drususkaserne Schlanders dem Erdboden gleichzumachen. Berechtigt? Tragen Gebäude eine Mitschuld an der Geschichte oder sind es Menschen, die Gebäude zu Gefängnissen und Unorten machen?
Wie viel Leid tragen Burgen, Bunker, Ghettos und soziale Brennpunktviertel in sich? Abreißen und vergessen? In einer Zeit wo Papst Franziskus auf Büßer-Reise geht und sich anständige Politiker bei einst kolonialisierten Völkern für die Unterdrückung entschuldigen (sollten), obwohl sie persönlich nicht daran beteiligt waren, müsste klar werden, dass Hinschauen und Aufdecken weit sinnvoller sind als einen nur scheinbar altruistischen Mantel über geschehenes Leid zu legen.
Nach dem zweiten Weltkrieg fand keine geschichtliche Aufarbeitung statt - die „Entnazifizierung“ wurde nicht vorangebracht, da schon die „Entfaschisierung“ nicht richtig stattgefunden hatte. Man war einfach froh, dass die schwere Zeit vorbei war und wollte einen Neuanfang. Doch dieses Versäumnis an Auseinandersetzung mit diesem schwierigen Thema scheint bis heute nachzuhängen.
Die dunklen Wolken der Vergangenheit trüben oft den Blick auf bessere Jahre der jüngeren Kasernengeschichte. Viele verbinden mit dem Drususareal einen wundervollen Abschnitt in ihrem Leben „...die Zeit der Jugend, der Freiheit, die strahlende Zukunft noch vor sich“, schwärmt Maurizio R., in Schlanders stationiert zwischen 1981 und 1982. So wie ihm ergeht es vielen seiner damaligen Kollegen, die in Erinnerungen schwelgend immer wieder gerne einen Besuch bei „ihrer“ Kaserne abstatten. Maurizio selber kommt so oft es geht vorbei - manchmal macht er deshalb seinen Skiurlaub in Sulden, statt in Gröden!
Raffaele T., stationiert in Schlanders zwischen 1967 und 1968, jener Zeit, in der die Strommasten gesprengt wurden, kann sich noch gut daran erinnern, dass die „artiglieri“ im Dorf nicht gern gesehen wurden. In vielen Lokalen wurde ihnen der Zutritt verweigert und die Wirtin des Café Schuster kritisiert, weil sie die jungen „artiglieri“ bei sich willkommen hieß. Seit damals ist Raffaele schon um die 6-mal nach Schlanders zurückgekehrt.
Auch Luigi G. kommt fast jedes Jahr nach Schlanders, um seine deutschsprachigen Freunde zu besuchen. Er war in Schlanders zwischen 1980 und 1986 als Alpini höheren Ranges eingesetzt und vermisse diese Zeit sehr, vor allem „die schöne Landschaft, die Ordnung und eure Freundlichkeit“. Leider ist es ihm durch die Pandemie nicht mehr gelungen, „rauf“ zu kommen, aber seine Freundin Heidi warte schon darauf, dass er seine Äpfel abholen komme... “Hoffentlich noch vor dem Winter.“
Primo M., stationiert in Schlanders zwischen 1973 und 1974, hatte ein gutes Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung. Man wusste, dass das Militär auch wirtschaftliche Einnahmen bedeutete, auch wenn die Italiener in den Lokalen manchmal ignoriert wurden… Aber im Allgemeinen habe er nur „bellissimi ricordi“ und würde oft nach Schlanders kommen.
Die Initiative Drususkaserne wünscht sich einen Ort, wo Vergangenheit und Zukunft sein dürfen, wo Freundschaften geknüpft werden können, jenseits von sprachlichen und politischen Barrieren.
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