Dienstag, 02 April 2013 00:00

Nachgedacht

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von Don Mario Pinggera

„Innerer Halt und Lebensmut gehören zusammen. Und heute sind viele Menschen dabei, beides einzubüßen. Und das hat viele Gründe“. So schreibt der selige Bischof Reinhold Stecher in seinem Buch ‚Geleise ins Morgen‘. Es fällt mir alles andere als leicht, über einen derart ‚wert – vollen‘ Menschen zu schreiben. Aber zum einen hat er ja Vinschger Wurzeln und gehört damit auch in den „WIND“. Was allerdings noch von viel größerer Bedeutung ist, das war sein vielfältiges Wirken als Priester, Theologe, Literat, Maler, Bischof, Lehrer und vor allem und in allem als Mensch. Wie wenige Zeitgenossen strahlte er Halt und Lebensmut aus und war sogar in der Lage, diese beiden tragenden Lebenselemente auch weiterzugeben. In aller Gradlinigkeit, mit aller Bescheidenheit und mit allem Humor. Unter seinen Bischofskollegen war er eine wohltuende Ausnahmeerscheinung. Gerade auch im Hinblick auf die soeben erwähnten Eigenschaften. Er ist ohne weiteres im gleichen Atemzug zu nennen, wie der verstorbene Franz Kardinal König. Wie auch er verstand es Stecher, sein Bischofsamt in erster Linie als Brückenbauer wahrzunehmen, den Menschen inneren Halt zu geben und Lebensmut vorzuleben. Was geschieht, wenn wider besseres Wissen Bischöfe ernannt werden, die genau diese Eigenschaften nicht besitzen, oder sogar gegenteilige, das wurde der Kirche nicht nur in Österreich schmerzhaft vor Augen geführt. Wie sehr muss dies einem aufrichtigen Reinhold Stecher wehgetan haben, mit anschauen zu müssen, wie „Hirten“ der Kirche großen Schaden anrichten…
Bischof Stecher hat in seinem Leben Erfahrungen sammeln müssen, die derart schwerwiegend waren, dass es nach menschlichem Ermessen an ein Wunder grenzt, dass er so wirken konnte, wie er wirkte. Immer wieder schreibt er in seinen Büchern über die abgrundtiefen Erfahrungen auf den Schlachtfeldern des 2. Weltkrieges bei eisiger Kälte im russischen Winter. Wie plötzlich wieder Kameraden neben ihm durch eine Granate zerfetzt wurden, oder wie am nächsten Tage nur noch wenige lebten. „Der Granattrichter wird zwar überwachsen sein. Aber wenn ich mich auf einen der Granitblöcke setzte, die da herumlagen, - ich glaube nicht, dass ich zunächst das Grauen verbannen könnte und die Last der Erinnerung. Aber wenn dann der Wind leise durch die zarten Blätter der Birken führe, die inzwischen gewachsen sind – dann müsste doch auch eine verhaltene, tröstliche Melodie über die Waldwiese am Polarkreis hinwegsingen, eine Weise von Todesahnung und Geborgengeit und einer über allem waltenden Vorsehung…“ Diese Worte aus seinem eingangs erwähnten Buch zeigen, wie stark er Halt und Lebensmut erfahren hat. Aber das geht nur, wenn Gott nicht nur einfach ‚mit dabei‘ ist, sondern wenn Gott das Leben trägt. Die Botschaft von Bischof Stecher in all seinen Schriften läuft immer auf das Eine hinaus: Mensch, lass dich von Gott tragen, du darfst dich gehalten wissen, wage mutig dein einmaliges Leben.
Nicht auszudenken, welch ein Geschenk es für die Kirche wäre, wenn einmal ein Mensch dieser Größe auf dem Stuhle Petri Platz nehmen sollte oder besser dürfte. Der eine Botschaft verkündet, die betroffen macht, die dich wirklich betrifft und mitreisst. Der das Evangelium nicht nur verliest, sondern der selbst „lebendiges Evangelium“ ist, wie es Kardinal Martini in seinem letzten Buch ausdrückte.
Als Papst Franziskus die ersten Worte an die Gläubigen richtete, da schien diese leise Hoffnung tatsächlich wahr zu werden (dieses ‚Nachgedacht‘ wurde nämlich schon an Maria Lichtmess verfasst, dem Tag von Bischof Reinholds Requiem). Mögen Gott und auch die Gläubigen Papst Franziskus zutiefst beistehen!


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