Val Müstair - Ein „randulin“ ist ein Auswanderer, eine „randulina“ eine Schwalbe. Die Schwalben fliegen im Herbst weg und kommen im Frühjahr wieder. Im Val Müstair gibt es auch „randulins“. Das sind die, die gehen, aber wieder zurückkommen. Sie ziehen weg vom Tal, müssen ihre Ausbildung auswärts machen, finden anderswo Arbeit und ihren Lebensmittelpunkt. Aber im Herzen bleiben sie ihrer Heimat, dem Val Müstair, verbunden. Sie kehren wieder zurück mit neuen Ideen und Plänen. Sie bringen frischen Wind ins Tal, schaffen Neues und betätigen sich nicht selten als Stütze der Gemeinschaft.
So einer ist Carl Renè Dethomas aus Müstair. „Uras e clinöz“ stand früher an seinem Elternhaus angeschrieben. Sein Vater war Uhrmacher und betrieb an der via Maistra in Müstair ein Uhren- und Schmuckgeschäft. Das Haus ist noch da, das Geschäft hingegen hat heute eine andere Bestimmung. Der Sohn ist seinen eigenen Weg gegangen und nach vielen Jahren als Therapeut ins Tal zurückgekehrt.
Vinschgerwind: René, was hat dich veranlasst, wieder ins Val Müstair zurückzukehren?
Carl Renè Dethomas: Gemeinsam mit meinem Lebenspartner hatten wir beschlossen, in Müstair unseren Zweitwohnsitz zu errichten und unsere Tätigkeit zwischen Müstair und unserem damaligen Wohnsitz in Zürich aufzuteilen. Ausschlaggebend für diesen Entscheid war einfach, in das wunderschöne, naturbelassene Tal ohne Grossstadt-Stress heimzukehren und aufgrund unserer Berufe war dies möglich. 1998 zog ich für ein Sabbatical von zweieinhalb Jahren ins Benediktinerkloster nach Disentis. 2001 kehrte ich vorübergehend zurück, um bald danach wieder ins Unterland zu entschwinden. Im Juni 2017 zog es mich dann endgültig wieder zurück in meine Heimat.
Vinschgerwind: Warum hast du dich der therapeutischen Berufung zugewandt?
Carl Renè Dethomas: 1961 im malerischen Müstair - Val Müstair (GR) geboren und wohlbehalten in einer wunderbaren Familie als Landwirt- und Uhrmachersohn als jüngstes von vier Kindern aufgewachsen, verfolgte ich nach den Studienjahren eine berufliche Karriere in der Privatwirtschaft und hatte verschiedene leitende Stellungen inne, die mich viel Kraft kosteten. Mit achtunddreissig Jahren nahm ich mir eine Auszeit und lernte für zwei Jahre die spirituelle und berufliche Seite in einem Kloster kennen. Nach diesen interessanten und intensiven Jahren engagierte ich mich vor allem in leitenden Stellungen in Nonprofit-Unternehmungen. In all diesen Lebensabschnitten habe ich gemerkt, dass uns noch höhere Kräfte beeinflussen und lenken. Verschiedenen Reisen an mystische Orte in Peru, Bolivien, Ägypten, Griechenland und der Türkei haben diese Gefühle in mir noch verstärkt.
Ein massives Burnout hat mich zusätzlich geprägt und sensibilisiert. Dieses einschneidende Erlebnis hat mich für Monate ausser Gefecht gesetzt. Auf der Suche nach Unterstützung bin ich auf REIKI gestossen. Es entstand der Wunsch, mich in Reiki und weiteren alternativen Behandlungsmethoden auszubilden. So war der Schritt in eine «neue Welt» getan, nämlich künftig der Berufung zum Therapeuten zu folgen. In den Folgejahren habe ich mich konstant und intensiv in diesem Bereich weitergebildet. Seit zwölf Jahren praktiziere ich Reiki und staune immer wieder von neuem, was diese und andere alternativen Therapieanwendungen für positive Auswirkungen auf unser geistiges, seelisches und körperliches Befinden haben.
Für mich war im Rückblick «mein Burnout» eine wertvolle Erfahrung, die mich zu der Erkenntnis geführt hat, dass wir uns wieder mehr auf die Natur, auf den Ursprung, auf UNSEREN URSPRUNG konzentrieren sollen. Das Val Müstair bietet dazu die bestens Voraussetzungen.
Vinschgerwind: Was für Therapien wendest du an?
Carl Renè Dethomas: Ich bezeichne mit als „Energetiker“ und arbeite vor allem mit der „universellen Lebensenergie“. Neben REIKI, Energie-, Klangschalen- und Schröpfmassagen biete ich meinen Klientinnen und Klienten diverse alternative und die Schulmedizin begleitende Therapieformen an: Energetische Begradigung der Wirbelsäule, Aura- und Aromatherapie, Systematische- und Burnoutberatung sowie Trancehealing.
Dies stets unter dem Motto „Körper, Geist und Seele im Einklang“ und unter dem Aspekt:
Lebensqualität beeinflussen und Impulse setzen, Verbindung zur inneren Kraft und Lebendigkeit stärken, Gesundes wahrnehmen und fördern, Raum schaffen für Veränderung und Heilung.
Vinschgerwind: Du engagierst dich auch für die Gemeinschaft im Tal. In welchen Gremien bringst du dich ein?
Carl Renè Dethomas: Als Teil der Wirtschaft im Val Müstair war ich Mitglied im Vorstand der „UMG“- Uniun da mansteranza e gastro Val Müstair (Gewerbe- und Gastroverband Val Müstair).
Zudem bin ich für die Verwaltung und Buchhaltung einer Selbsthilfe-Genossenschaft zuständig, welche zwei Quartierläden im Val Müstair betreibt. Dies zu einem sehr grossen Teil unter dem Aspekt „Goodwill“.
Vinschgerwind: Die Abwanderung in den Bergtälern ist ein grosses Problem und die Rückkehr der „randulins“ daher ein enorm wichtiger Gegentrend. Die „randulins“ tragen zur Entwicklung bei und verhindern eine Überalterung. Herzlichen Dank für dieses offene Gespräch Carl Renè Dethomas.
Interview: Annelise Albertin