Vinschgau - AUS DEM GERICHTSSAAL
Diese Feststellung des griechischen Philosophen Heraklit, wonach „sich alles bewegt und nichts stehen bleibt“, kam mir bei der Lektüre einer jüngsten Entscheidung des Kassationsgerichts in den Sinn. Die Richter in den roten Talaren hatten über die Gültigkeit einer sog. vorehelichen Vereinbarung zu urteilen. Ein Paar in den Marchen hatte kurz vor der Hochzeit vereinbart, dass der Mann sein Erspartes in die Renovierung des Hauses seiner zukünftigen Frau „investieren“ wollte, welches als gemeinsame Wohnung gedacht war. Für den Fall. dass ihre Beziehung „in die Binsen“ gehen sollte, verpflichtete sich die Frau, ihren Mann für die gemachten Aufwendungen in der Weise zu entschädigen, dass sie ihm eine ihr gehörige andere Wohnung ins Eigentum übertragen hätte.
Die Ehe scheiterte, es kam zur Scheidung, doch die Erstrichter verweigerten die Überschreibung der Wohnung. Erst das Berufungsgericht gab dem Mann Recht. Die Frau ließ nicht locker und brachte den Fall vor den Obersten Gerichtshof. In ihrer Beschwerde machte sie geltend, dass der vor der Hochzeit geschlossene Vertrag nichtig wäre, weil sie damit unverzichtbare Rechte aufgegeben hätte. Diesen Standpunkt machte sich Rom zwar nicht zu Eigen, sondern verwies darauf, dass es sich im konkreten Fall um eine einfache „do ut des“ – Situation, also um einen simplen gegenseitigen Vertrag gehandelt habe, in welchem die Scheidung lediglich als Anlass oder „Auslöser“ einer Forderung zu betrachten und damit verbindlich war.
Mit dieser Entscheidung wurde die Tür in Richtung Gültigkeit von vorehelichen Vereinbarungen allerdings nur einen Spalt breit geöffnet, und dies obwohl damit „maßgeschneiderte“ Regelungen möglich wären und der lahmen Justiz auf die Beine geholfen werden könnte. Die Bevormundung der Eheleute durch Gesetzgeber und Gerichte bleibt weitgehend erhalten. Und das in einer Zeit, in der über eine EU-Verordnung vom letzten Jahr es Eheleuten mit mehrfacher Staatsangehörigkeit sogar möglich ist, jederzeit Vereinbarungen darüber abzuschließen, durch welches Recht sie nicht nur ihre Ehe, sondern auch die Scheidung und deren Folgen geregelt sehen wollen!
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt