Schlanders/Basis Vinschgau - Ein neues Format bringt weltweit Themen aufs Tapet, die gern verschwiegen werden. In der Fuckup Night geht es um Misserfolge. Nicht, um sie zur Schau zu stellen, sondern um Auswege aufzuzeigen und von Betroffenen zu lernen. Miriam Rieder aus dem Pustertal brachte die Abende über das Scheitern nach Südtirol und hielt erstmals im Vinschgau Station. Auf der Bühne im BASIS Kasino nahmen drei bekannte Vinschger*innen Platz. Sie erzählten von ihren Krisen und wie sie aus diesen hervorgegangen sind. Karl Perfler berichtete von einer schmerzhaften Konkurserfahrung, bei der er Hotel und Hof in Goldrain verloren hatte. Dennoch sei ihm der Mut geblieben. Er schöpfe bis heute Kraft zu neuen Projekten, reflektierte der Wirt auf der Tschenglsburg vor einem betroffenen Publikum.
Der nächste „Speaker“ (die Fuckup Night hat klaren Ablauf und fixes Vokabular) war Markus „Jacky“ Stocker. Der Inhaber zweier Bekleidungsgeschäfte in Schlanders berichtete humorvoll von den Schwierigkeiten eines Selbstständigen. Im Übermut hatte er sich an eine große Bestellung gewagt, was ihn vor die Zerreißprobe stellte. Dann hieß es verhandeln und hart arbeiten, bis er den Betrag abgestottert hatte. Unternehmern riet er zu Leidenschaft, es sei aber gut, die eigenen Grenzen zu kennen und nicht ins Blaue zu investieren.
Martha Lechthaler aus Kortsch beschrieb ihre Lebensentscheidung, eine gut bezahlte Stelle vor der Pensionierung aufzugeben. Der Drang, mehr zu erleben, war größer. „Aus der Krise habe ich schöne Jahre gewonnen!“ Ihr Fuckup-Moment? Sie hatte das Pech, dass das Rentenalter immer weiter erhöht wurde, sodass sie sieben Jahre auf die Pension warten musste. Klingt dramatisch, doch für Lechthaler, die sich selbst „mit gesunden Händen und einem klaren Kopf“ beschreibt, war die Durststrecke zu meistern. Seit heuer erhalte sie die Pension, teilte sie heiter mit.
Die drei Episoden eröffnen einen neuen Blick auf das Stolpern, womöglich verändern die Fuckup Nächte unsere Fehlerkultur?
Maria Raffeiner