Buchtipp
Ein Netz aus Lügen
Judith W. Taschler:
David (Droemer, München 2017, 240 S.)
Es sei eine Lanze gebrochen für ein Flohmarktbuch – dieses ist eines, erstanden beim „Weiberkrempel-Markt“ in Eyrs. Nein, deshalb ist es kein Frauenbuch, sowas gibt’s nämlich gar nicht. Es ist ein leises Buch mit liebenswerten, genau behauenen Charakteren. Wer nicht verwandt ist, ist emotional verbunden oder durch Entscheidungen verbandelt, das kann auch generationenübergreifend funktionieren. Der Urvater des Geschehens ist David, er ist aus dem Krieg mit einem Ahornbäumchen als Geschenk zurückgekommen, dann aber verstorben. Daran wurzeln sich die Geschichten seiner Frau Clara, seines Sohnes Richard und der Enkeltochter Magdalena an und auch diese verzweigen sich wieder. Besonders aufregend sind ihre Erlebnisse nicht, aber die gefinkelte Erzähltechnik springt durch Raum und Zeit und zwischen den Altersstufen hin und her und platziert die Fährten so präzise, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Nach und nach klärt sich das Familiengemälde und die Lücken füllen sich oder neue Löcher entstehen. Die Stimmung pendelt zwischen Wärme und Trostlosigkeit, da einige Bindungen aufgelöst oder Bande gewaltsam zerschnitten werden. Drehscheibe ist ausgerechnet Kirchberg in Tirol, die Erzähllinien reichen weit und sorgen für Lebensentwürfe, die dramatisch oder kaum merklich daneben gehen. Dem Schicksal ist es nicht zuzuschreiben, dass nichts in diesem unterhaltsamen Roman so bleibt, wie es zu Beginn scheint. Dunkle Geheimnisse kommen ans Licht, langes Schweigen wird zum verhängnisvollen Lügen. All die Schwere ist einfach und mit Leichtigkeit erzählt, schwimmbadgeeignet!
Maria Raffeiner