Aus dem Gerichtssaal - Vor kurzem machte ich einen Abstecher nach Urbino in den Marken. Am Abend saß ich gemütlich auf der Piazza, als eine Leuchtschrift meine Aufmerksamkeit erregte. Damit wurde an eine Verordnung des Bürgermeisters erinnert, welche es verbot, Schnäpse oder Superalkoholika auf Gemeindegrund zu bringen. In was für eine lustfeindliche Stadt bist du da geraten, dachte ich mir. Tags darauf ging ich in die Gemeinde, um mich nach dem Grund dieser Verordnung zu erkundigen. Die Erklärung, welche ich dort erhielt, war einleuchtend: Urbino ist eine Universitätsstadt, die Studenten sind es gewohnt, sich in Scharen mit Flaschen aller Art bewaffnet auf öffentlichen Plätzen zu versammeln und zu feiern. Nach „getaner Arbeit“ gleiche die Piazza einem Schlachtfeld. Wenn man weiß, welch gestörtes Verhältnis zum öffentlichen Raum der Durchschnittsitaliener hat, verstand ich das Verbot. Aber dadurch war schon mal die Überlegung angestoßen, was uns heute nicht alles verboten wird. Zwar hat es früher auch schon jede Menge Vorschriften gegeben, die in unser Leben eingriffen. Aus meiner Wiener Zeit ist mir ein Schild in den dortigen „Beiseln“ in Erinnerung, welche gar das Ausspucken untersagte. In Italien gab es damals in den Gasthäusern ähnliche, uns heute skurril anmutende Verhaltensregeln, die besagten: „è vietato bestemmiare e sputare per terra!“ In unseren Tagen kriegen den Hauptdruck des von oben verordneten Wohlverhaltens die Raucher ab. Zwar bin ich kein Anhänger dieses Lasters und trauere auch nicht den Zeiten nach, als die Gasthäuser noch Räuberhöhlen glichen. Doch was sich die EU-Bürokraten in Brüssel an Scheußlichkeiten bei den Warnhinweisen auf die gesundheitlichen Schäden des Rauchens einfallen lassen, ist in seiner Brutalität schon fast nicht zu überbieten. Dazu kommen dann noch die ganzen Ausgrenzungen und Ächtungen, denen die Raucher im alltäglichen Leben ausgesetzt sind. Bei Wind und Wetter werden sie vor die Türen der Bürogebäude getrieben. In Schweden ist neuerdings sogar das Rauchen vor Bars und Restaurants, auf Sportplätzen, an Bahnsteigen und Bushaltestellen verboten! Dabei gäbe es für die Eiferer aus Brüssel und ihre nationalstaatlichen Helfer durchaus andere, nicht minder lohnende Betätigungsfelder im Dienste der Volksgesundheit. Denken wir etwa an die aus der Sicht einer gesunden Ernährung katastrophalen Auswirkungen von Burgern oder Coca Cola. Da wären Hinweise auf Gefährdung durch Zuckerkrankheit und Fettleibigkeit durchaus angebracht, auch würde sich auf den Reklameschildern ein fetter Amerikaner recht gut machen. Wenn man die gegenüber den Rauchern betriebene Bevormundung auf andere Genussmittel, wie zum Beispiel den Alkohol, ausdehnen wollte, - und der Schritt dorthin ist nicht weit! – dann wäre es nur logisch, wenn auf den Wein- und Schnapsflaschen in Zukunft Leberzirrhosen abgebildet würden. Der Weg in Richtung Verbotsgesellschaft scheint mir absehbar, vor der schon Epikur warnte, wenn er meinte, man sollte sich nicht maßlos mäßigen!
Peter Tappeiner,
Rechtsanwalt
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