Weltweite Unterstützung: Die Royal and Ancient Polar Bear Society Vinschgau mit Sitz in Kortsch mobilisiert seit Jahren durch Briefe, Petitionen und Unterschriftensammlungen die Mächtigen der Welt. Neben Zuspruch aus Berlin, London, Paris, von Prinz Charles und dem UNO Generalsekretär hat auch der Vatikan in einem lateinischen Antwortschreiben (oben) die Bemühungen der Vinschger Eisbären gewürdigt.Der amerikanische Präsident Donald Trump hat (noch) nicht reagiert.
Auswandern?
Die Umsiedlung der arktischen Eisbären z. B. in alpine Gletscherregionen ist keine Option. Zum einen droht den Alpengletschern dasselbe Schicksal wie dem arktischen Eis, zum anderen sind Eisbären – im Unterschied zu den verhältnismäßig harmlosen, aber in Tirol trotzdem verhassten Braunbären – extrem gefährlich. Urlaubsreife und reisefreudige Plüscheisbären stellen aber für Mensch und Tier keine Gefahr dar.
Foto: Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Eisbären am Vinschger Sonnenberg!
Ein Zukunftsszenario
Die Zivilisation ist explodiert. Die Raubtiere sind ausgerottet. Nur einige museale Populationen sind als Schauobjekte am Leben erhalten. Die ARGE–ALP hat dem Vinschgau fünf Eisbärenfamilien zugewiesen. Das Tal zwischen Ötzi-Eis und Ortler-Eis ist die eisreichste Ecke Südtirols. So die Begründung.
Aber das Tal ist klimatisch eine Steppe, mit Niederschlagsmengen von Colorado oder Namibia. Die Vinschger, seit Urzeiten Wasserzauberkünstler, schufen umgehend eine, wenn auch beschränkte, artgerechte Umwelt für die Polarbewohner: Zwei leer stehende Kühlzellen in ehemaligen Obstsilos wurden geflutet und mit Strom vom Sonnenberg in Eisdome verwandelt. Gutmütig knabbern dort die ewig hungrigen Räuber an den fußballgroßen, industriell hergestellten Raubtierknödeln aus Gammelfleisch; in Eiskästen gezüchtete Robben sind seltene Feiertagskost. Die Eisbären erfreuten sich größter Beliebtheit, wohl auf Grund ihres weißen Felles, das lammfromme Unschuld vortäuscht. Erst als ein Weibchen einem Provokateur, der auf eine Wette hin im Gummianzug in das Eiswasser getaucht war, beide Hinterbacken wegriss, herrschte Empörung in allen Medien.
Einen Nachteil hat das raffinierte Züchtungssystem: Die Bären werden so bequem, dass sie keinen Nachwuchs zeugen, so dass das Rettungssystem zum Vernichtungssystem wird. Viagra, in stärkster Dosis eingegeben, hat bisher nichts genützt. Raubtiere schaffen eben Probleme!
Pepi Feichtinger
Bärentatze im Adelswappen
Planta Grabstein in der Pfarrkirche von Zernez
Bärenpratzen sind zwar auch beliebte Süßspeisen, bei uns sind es köstliche Pilze. Sie wachsen in feuchten, dunklen Wäldern, sind eher selten, gelb und ähneln tatsächlich den Pranken eines Bären. Wie Bärenpratzen aussehen, dafür haben wir hier in Tirol und besonders im angrenzenden schweizerischen Engadin genügend Anschauungsunterricht: Die Bärenpratze prangt von den Wappensteinen der zahlreichen Ansitze des schweizerischen Adelsgeschlechtes „derer von Planta“, einer uralten, mächtigen Familie mit Einfluss auch im Vinschgau bis Meran, wo das Schloss Planta in Obermais an die Familie erinnert. Riesige, muskulöse Pranken mit bedrohlichen Krallen, als Wappenstein, auf Grabsteinen; überall zeigt uns diese Tatze die große Kraft. Ein Bär war begehrte Jagdbeute und geschätzt auch als nahrhafter Leckerbissen.
Alpine Bären, das sind ja nur Verwandte des Eisbären. Immerhin ist das Adel, einheimischer Adel. Und dann gibt es ja auch Gasthäuser wie den Bärenwirt in Mals oder die Hofsiedlung Bärenstall am Schlanderser Nördersberg mit einer Bärenfallgrube. Unfolgsamen Kindern wurde in unser Gegend einstmals gedroht: „Folge sofort, sonst holt Dich der Laaser Talbär!“
Hans Wielander (Foto Oben: Kristin Duthoit)
Eisbären im Alpenraum
Ein unvollständiger Streifzug in Bildern
Hammerfest trägt zwar den Eisbären in seinem Stadtwappen, die Anzahl der in Hammerfest bzw. auf dem norwegischen Festland lebenden Eisbären beträgt aber ganze Null (in Ziffern: 0) – also genauso viel wie in Kortsch im Vinschgau oder auf dem italienischen Festland. Wenn man bedenkt, dass die Eisbären gefährliche und angriffslustige Landraubtiere sind, mit denen ein Zusammenleben undenkbar wäre, und wenn man verfolgt, für wie viel Wirbel und Widerstand die Rückkehr der vergleichsweise harmlosen Braunbären in den Alpenraum sorgt, ist davon auszugehen, dass die Eisbärenpopulation in den Alpen auch in den kommenden Jahrzehnten konstant bei Null bleiben wird.
Dennoch gibt es im Alpenraum eine Vielzahl - ich würde schätzen Zehntausende - Eisbären aus Holz, Glas, Keramik, Stein, Bernstein, Plastik, Stoff, Plüsch, Papier, die in Wohnungen und Häusern, in Kitas und Kindergärten, in Schulen und Krankenhäusern friedlich mit den Menschen zusammenleben. Der Eisbär als Symbolfigur des Klimawandels oder als kuscheliges Kinderspielzeug kann sich über beneidenswert hohe Sympathiewerte freuen - und das nicht erst, seit das knuddelige Berliner Eisbärenbaby Knut, dem dann allerdings nur ein kurzes Leben beschieden war, in ganz Europa eine Eisbäreneuphorie ausgelöst hat
Martin Trafoier
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