Katja Trauner: Ja. Frauen denken anders und bearbeiten Aufträge anders. Wenn Sie mir allerdings zehn Fotos von Bauten herlegen und mich fragen, welchen davon eine Frau gebaut hat, dann kann man diese mit Sicherheit nicht zuordnen. Also, ich glaube einfach, die Arbeitsweise unterscheidet sich. Mich interessieren zum Beispiel die Hintergründe, die Bedürfnisse. Ich sehe jeden und alles als Baustein und alles fügt sich zu einem Mosaik und zu einem Ganzen zusammen.
Vinschgerwind:Herr Monsorno Ihre Meinung: Bauen Frauen anders?
Christian Monsorno: Da kann ich Katja nur zustimmen. Der emotionale und soziale Aspekt der Frauen ist manchmal prioritärer und wichtiger als der rein inhaltliche, analytische und zielorientierte Ansatz von uns Männern. Ich merke bei Katja, dass Familienstrukturen wichtig sind, die Bedürfnisse der Kinder, sie fragt sich, was den Nachbarn möglicherweise wichtig ist usw. also im Grunde wie ein Schwamm, der alles aufsaugt und dann verarbeitet.
Vinschgerwind:Architektinnen haben einen harten Stand in einer Männerdomäne: Blödsinn oder Realität?
Katja Trauner: Beides. Ich bin auf Baustellen groß geworden, die Männerdomäne, von der Sie sprechen, war meine Welt. Ich habe nie negative Erfahrungen gemacht. Eigentlich begegne ich und begegnet man mir mit Respekt. Jeder hat seine Kompetenz, die respektiert wird. Die Realität ist aber- wie in anderen Berufen auch – dass soziale Aufgaben wie die Familienplanung schon Auszeiten bedingen und das erschwert die berufliche Karriere von Frauen.
Vinschgerwind:Das heißt nicht die Männerdomäne Architektur ist ein Problem, sondern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf?
Katja Trauner: Genau.
Vinschgerwind:Eine persönliche Frage: Wie sieht Ihr Zuhause aus?
Katja Trauner: Modern. Wir haben unser Zuhause nach einer uns eigenen Herangehensweise geplant und realisiert. Jedes Familienmitglied hat seine Freiräume, das heißt Terrassen, Loggien, kleine Gärten. Auch haben wir viel Glasflächen und damit helle Räume, gleichzeitig aber die Uneinsichtigkeit von außen.
Vinschgerwind: Das heißt die Intimsphäre ist mit dem Glas nicht verloren gegangen.
Katja Trauner: Ja, von außen ist nicht erkennbar, welcher Raum sich dahinter verbirgt. Wir wohnen offen, also Küche und Wohnzimmer gehen ineinander über. An das Wohnzimmer schließt sich eine großzügig überdachte Terrasse an, die man bei schlechtem und gutem Wetter nutzen kann.
Christian Monsorno: Diese Wechselbeziehung zwischen innen und außen war uns wichtig.
Vinschgerwind: Welche Materialien bevorzugen Sie bei Ihren Bauten?
Christian Monsorno: Bei den Materialien ist es so, dass wir eigentlich immer einen ehrlichen Zugang suchen. Wir verwenden die Materialien wie sie sind, zum Beispiel Holz bleibt Holz, es wird nicht beschichtet, so bekommt es eine Patina. Dasselbe gilt für Beton oder für Baustahl. Wir bauen Geländer, die bleiben roh, die werden nur geölt. Das weckt bestimmte Assoziationen zu alten Gebäuden, die eigentlich, wenn man sie anschaut immer schön sind, weil ihr Zugang zum Material unmittelbar, praktisch und ganz einfach ehrlich ist. Das führt zu einem eigenen Charakter von einem Haus und genau das streben wir an. Wir sind sehr abwechslungsreich beim Einsatz der Materialien und wenn es komplex wird, wenn es zum Beispiel um spezielle Farben oder Oberflächen geht, dann arbeiten wir viel mit Künstlern zusammen. Wir sind der Meinung, dass ein Künstler sehr viel besser und vielschichtiger mit Farben umgehen kann. Wir haben zum Beispiel mit Martin Pohl, einem Vinschger Künstler mehrere Gebäude realisiert.
Vinschgerwind: Das heißt Ihnen fällt kein Zacken aus der Krone und Sie holen sich Hilfe vom Fachmann?
Christian Monsorno: Richtig. Wir sind der Meinung, dass mit geringem Aufwand die Qualität eines Hauses enorm gesteigert wird. Wir haben zum Beispiel bei der Bibliothek in Auer einen silbrigen Acrylputz eingesetzt. So etwas geht nur in Zusammenarbeit mit einem Künstler, der die Nuancen der Farbe kennt und der da seinen ganzen Intellekt einbringt.
Vinschgerwind: Woran erkennt man einen Trauner-Monsorno-Bau?
Katja Trauner: Der Kindergarten Prad ist ein typischer Bau von uns. Uns erkennt man nicht an einer äußeren Formensprache, weil diese variiert. Uns erkennt man am Inhalt und vor allem an den Details. Das ist vor allem der Christian, der an den Details arbeitet, plant und probiert. Es ist mehr die intensive Auseinandersetzung, die uns auszeichnet. Ich glaube es ist auch nicht mehr zeitgemäß, wenn man anhand einer Fassade den Architekten zuordnen kann. Dann hat man einen Stillstand in der Entwicklung.
Christian Monsorno: Wir arbeiten wirklich inhaltlich und schälen die Qualität wie eine Zwiebel heraus. Das Ergebnis ist im Wesentlichen immer verschieden, auch von den Materialentscheidungen her und weil der Einfluss der Beteiligten immer ein differenziertes Ergebnis hervorbringt. Kurzfristig mag ein Stil ein Vorteil sein, weil man einen Wiedererkennungseffekt hat, aber langfristig glaube ich, ist es ein Nachteil, weil man stillsteht, intellektuell stillsteht. Wir versuchen bei jedem Bau von Neuem zu beginnen und uns neu zu erfinden.
Katja Trauner: Wenn man die neuen Möglichkeiten bei den Materialien als Beispiel betrachtet: Würde man diese nicht nutzen, nur um seinem Stil treu zu bleiben, stünde man sich selber im Weg.
Christian Monsorno: Ja, wir haben zum Beispiel Glas weiß beschichtet. Experimentieren gefällt uns. Wir experimentieren derzeit bei der Fassade unseres Büros, die ein Raster - ähnlich der Leinwand eines Kunstwerks - tragen soll. Am Ende soll ein silberner Kubus mit dieser Leinenoberfläche entstehen.
Vinschgerwind: Themenwechsel: Wie begegnen Sie dem Spannungsdreieck Architekt-Handwerker-Bauherr?
Katja Trauner: Dieses Spannungsdreieck sollte es nicht geben. Ich glaube, wenn es da ein Spannungsdreieck gibt, dann stimmt etwas nicht. Die Zusammenarbeit sollte entspannt sein. Aber ein anderes Spannungsfeld gibt es sicher, und zwar zwischen der bauenden Seite und der Bürokratie sprich gewissen Bestimmungen, die uns sehr stark einschränken und alles sehr kleinlich regeln.
Christian Monsorno: Bei uns gibt es zuerst immer einen Vertrauensvorschuss. Natürlich müssen die Spielregeln stimmen und die Kompetenzen-Trennung muss klar sein.
Vinschgerwind: Woran arbeiten Sie gerade?
Christian Monsorno: Gegenwärtig arbeiten wir am Widum in Lichtenberg, an der Planung zur Erweiterung des Zivilschutzzentrums in Mals und dann haben wir eine tolle Bauaufgabe in Bardolino, einen Infinity-Pool, der über den Hang und einen Olivenhain hinauskragen soll. Und dann ist da noch ein Haus in Storvik in Schweden von Bekannten von uns, vom sehr bekannten schwedischen Architekt Ralph Erskine gebaut und wir helfen ihnen nun dieses „house Nilsson“ zu sanieren.
Vinschgerwind: Gibt es Unterschiede in der Architektur zwischen dem Vinschgau und dem Unterland.
Katja Trauner: Man könnte meinen Südtirol ist klein, aber es gibt große Unterschiede in der Architektur. Der Vinschgau hat eine unverwechselbare Topografie und eine ganz geringe Bevölkerungsdichte, wenn wir es mit dem Unterland vergleichen.
Christian Monsorno: Ja, hier ist genügend Freiraum sich zu entfalten und optimaler Nährboden für einen Künstler, für einen Bauer, egal für wen, es ist einfach Platz. Und im Vinschgau ist man schon gefordert, denn man ist umgeben von Burgen, Kapellen, Klöstern. Die architektonische Qualität der Vergangenheit ist immer präsent. Auer ist in Stadtnähe. Das heißt Bozen hat einen großen Einfluss, die Bauaufgaben sind urban, von der Dichte und der Mobilität her, und es herrscht ein enormer Druck auf die Kulturlandschaft.
Vinschgerwind: Ein architektonisches Schmuckstück im Vinschgau: Welches ist das Ihrer Meinung nach?
Christian Monsorno: Das ist für mich das Kloster Marienberg, dieses karge und eigentlich moderne Gebäude.
Katja Trauner: Für mich sind das die romanischen Bauten, die haben sich auch die besten Bauplätze aus gesucht.
Vinschgerwind: Wunschdenken: Was würden Sie gerne einmal bauen?
Katja Trauner: Wir lassen uns immer wieder gerne überraschen. Vielleicht einen touristischen Bau.
Christian Monsorno: Also, ich würde gerne einmal einen Turm bauen. Im Vinschgau gibt es wirklich sehr schöne Türme. Ich würde gerne einen Turm bauen, weil das eine Bauaufgabe ist, die eigentlich nicht realisierbar ist, weil wir in der Höhe immer beschränkt sind. Vielleicht auch etwas Skulpturales, einen Turm, der durch den Wind Töne erzeugt und sich dadurch einmalig verortet. Das ist natürlich ein Wunschtraum. Eigentlich sind die Dinge, die im Kopf passieren, doch die schönsten.
Interview: Angelika Ploner