Botanische Systematik
Die Eibe gehört zu den Nadelholzgewächsen, sieht in ihrem Habitus auch aus wie ein Nadelbaum, hat aber weder verholzende Zapfen noch Harz. Ihre Nadeln sind weich wie die Blätter eines Laubbaumes. Wie Laubbäume treibt die Eibe regen Stockausschlag. Während Jahrhunderten war ihr Holz an zahlreichen europäischen Schlachten am europäischen Festland und auf der britischen Insel beteiligt. Ihr giftiger Saft hat zahlreichen Pferden und Eseln das Leben gekostet. Aber seit der Entdeckung der Taxane in ihren Blättern und in ihrer Rinde hat sich der Ruf der Eibe stark verbessert, denn die Taxane sind heute einer der wichtigsten Ausgangsstoffe zur Erzeugung von Krebsmedikamenten.
Halb Nadelbaum halb Laubbaum
Im Wald ist die Eibe wegen ihrer dunklen Silhouette im Unterholz unauffällig und kann leicht mit der Weißtanne verwechselt werden. Die Eibe ist an ihren Nadeln gut erkennbar. Diese sind oberseits dunkel- und unterseits hellgrün. Die beiden weißen Wachsstreifen, die für die Nadeln der Weißtanne typisch sind, fehlen der Eibe. Der Nadelquerschnitt ist flach elliptisch. Die Knospen der Eibe sind goldbraun.
Plünderung der Eiben-Bestände
Von der Gattung Eibe (Taxus) gibt es 6-10 bekannte Arten oder Unterarten. Alle gedeihen sie in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel.
Für Europa dokumentieren Pollenfunde aus Eisschichten, Hochmooren oder Sedimentablagerungen, dass die einzige europäische Eiben-Art, die Europäische Eibe (Taxus baccata) zwischen den Eiszeiten und auch danach noch eine Zeit lang viel stärker verbreitet war. Seither hat sich das Verbreitungsgebiet der Eibe aber immer mehr zerstückelt, aus vielen Regionen ist sie sogar ganz verschwunden. Im Laufe der Jahrhunderte haben verschiedene Faktoren zum Verschwinden der Eibe beigetragen: Die Rodungen durch unsere Vorfahren spielen dabei eine wichtige Rolle. Hirten und Waldarbeiter, die berufsmäßig auf ihre Rückpferde angewiesen waren, fällten die Eiben an Wegen und Pfaden, damit sich ihre Tiere nicht an ihren Zweigen vergreifen konnten und sich damit vergifteten.
Ötzis Bogen aus Eiben-Holz
Bereits im Neolithikum kannten die Urmenschen die Eibe und schätzten ihr Holz wegen seiner Dauerhaftigkeit im Kontakt mit Wasser (z.B. für die Pfahlbauten) und seiner großen Elastizität und Resistenz (zum Jagen und für Werkzeug). Der Bogen von Ötzi besteht aus Eiben-Holz. So wie die Silex-Spitze in der Ausrüstung von Ötzi einen Tauschhandel mit Bewohnern der Südalpen belegt, könnte auch das Eiben-Holz des Pfeilbogens aus einer entfernteren Gegend außerhalb des Vinschgaues stammen. Die Übernutzung der Eibe zur Herstellung von Bogen, Pfeilen, Lanzen und Spitzhacken ist erwiesenermaßen verantwortlich für den Rückgang der Eibe in Europa. In England wurde die Eibe auch für den Schiffsbau verwendet. Der Handelswert des Eiben-Holzes muss sehr hoch gewesen sein. Ab dem 16. Jahrhundert wurden trotz des Widerstandes der lokalen Forstbehörden so viele Eiben gefällt, dass man von Plünderung sprechen kann.
Das Gift der Eibe
Alle Teile der Eibe sind giftig außer dem rosaroten gelatineartigen Fleisch der Beeren, Arillus genannt. Der fleischige Ring wird Cupola genannt. Das Samenkorn darin ist aber wieder giftig. Zahlreiche Vögel und Säuger tragen zur Verbreitung der Eibe bei, wobei der Same gemieden oder unverdaut ausgeschieden wird. Amsel, Singdrossel, Seidenschwanz, Eichelhäher, Gartenschläfer, Siebenschläfer, Eichhörnchen, Marder, Fuchs. Besonders giftig sind die älteren Nadeln der Eibe im Winter. Der Giftgehalt liegt bei 2% und somit zweimal so hoch wie im Sommer. Der Giftstoff der Eibe, das Taxin, greift das Herz an und lähmt die Atmung. Pferde, Esel und Maultiere reagieren auf Taxin besonders empfindlich, Wiederkäuer weniger sensibel.
Das Wundermolekül der Eibe
Die Eibe erweckt dank ihres Wirkstoffes seit sechzig Jahren das Interesse der Forscher. Die Taxane helfen gegen Leukämie und Tumoren. In den vergangenen Jahrzehnten ist es gelungen, mehrere revolutiönäre Krebsmedikamente aus Taxanen herzustellen.
Wertvolles Holz
Unter den Nadelbäumen hat die Eibe eines der dauerhaftesten und dichtesten Hölzer Europas. Eiben-Holz hat eine dreimal höhere Bruchschlagbarkeit als Fichten- oder Douglasien-Holz und auch eine höhere Biegeelastizität. Wie bereits oben beschrieben wurde das Eiben-Holz ob seiner großen Elastizität zum bevorzugten Holz bei der Herstellung von Pfeilbogen und ist es bis heute geblieben. Zudem arbeitet das Eiben-Holz kaum. Es enthält 10% extrahierbare Substanzen wie Alkaloide oder Polyphenole, und damit sehr viel mehr als andere Nadelbäume. Diese Substanzen schützen den Baum vor Insekten- und Pilzbefall. Bei den anderen Nadelbäumen übernimmt das Harz diese Schutzfunktion gegen den Befall von Schädlingen. Eiben wachsen langsam. Eine Eibe braucht bei guten Lichtverhältnissen 250 Jahre, um einen Stammdurchmesser von 50 Zentimetern zu erreichen. Der Produktionszyklus der Eibe ist mit 200 Jahren doppelt so lang wie bei der Buche. Junge Eiben leiden im Wald auch an Wildverbiss. Eiben können sehr alt werden. Es ist belegt, dass es 1.000-jährige Eiben gibt, andere werden auf 1.200-1.400 Jahre geschätzt.
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