Schlanders/Kortsch - Der 21-jährige Gadertaler Deserteur Marco Dapunt wurde am 29. August 1944 am damaligen Militärschießstand in Kortsch von einem Militärkommando der Militärkaserne Schlanders erschossen. Alle Soldaten der Drususkaserne mussten der Erschießung beiwohnen. Wie eine Fracht wurde der tote Körper anschließend in die Militärkaserne zurückgebracht. Um an dieses Ereignis zu erinnern und die Geschichte der Desertation und der rund 400 Südtiroler Kriegsdienstverweigerer nicht zu vergessen, lud der Bildungsausschuss Kortsch Leopold Steurer und Martha Verdorfer in das Haus der Dorfgemeinschaft Kortsch. Die beiden Historiker haben 1993 zusammen mit Walter Pichler das Buch „Verfolgt, Verfemt, Vergessen“, eine lebensgeschichtliche Erinnerung an den Widerstand gegen Nationalsozialismus und Krieg, herausgegeben. In Südtirol gab es keinen organisierten Widerstand, es waren Einzelpersonen, besonders aus den ländlichen Gebieten, die nach 1943 nicht mehr einrücken wollten bzw. den Heimaturlaub dazu nutzten um zu desertieren. Es waren meist Außenseiter, einfache Arbeiter, Pächter und Knechte. Oft waren es Dableiber und einfache Personen, motiviert durch einen christlichen Pazifismus, die den Kriegsdienst verweigerten. Schlüsselerlebnisse an der Front, Grausamkeiten gegen Juden und gegen die Zivilbevölkerung waren die Motive. In einem vorgeführten Filmbericht erzählten Personen über die Desertation, wie sie von den Angehörigen mit Nahrungsmitteln versorgt wurden und wie sie sich verstecken mussten. In vielen Fällen wurde die sogenannte Sippenhaft durchgeführt. Bei einer Großrazzia in mehreren Gemeinden wurden einige Hundert Personen ins Durchgangslager nach Bozen gebracht. Heinrich Lechthaler, der Vorsitzende des Bildungsausschusses Kortsch, teilte mit, dass er eine Gedenktafel aufstellen möchte, damit das Schicksal von Marco Dapunt nicht vergessen wird. (hzg)
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