Vorbei sind die Jahre der Krise in der Mittelschulzeit. Damals haderte Claudia mit ihrer Querschnittlähmung, hervorgerufen durch einen Ärztefehler in der Universitätsklinik Innsbruck. Als Säugling wurde ihr während einer Operation die Hauptschlagader so verschlossen, dass in der Folge das Rückenmark nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wurde. Der Fehler wurde erst am nächsten Tag erkannt, da war es aber schon zu spät. „Die Mitteschuljahre sind Jahre der Pubertät, ein schwieriges Alter. Man vergleicht sich mit anderen Mädchen, will den Buben imponieren“, erklärt sie. Unbeschwert erlebte sie ihre Kindheit. Der Rollstuhl gehörte zu ihrem Leben. Sie war damit aufgewachsen und ging ungezwungen damit um. Geborgenheit gaben ihr die Eltern und ihre zwei älteren Geschwister. „Sie stehen hinter mir. Ich kann mich immer auf sie verlassen“, sagt sie. Für ihre gleichaltrigen Freundinnen und Freunde im Kindergarten und in der Grundschule war es normal, dass Claudia im Rollstuhl saß.
Claudie spürt ihre Beine und sie kann ihre Oberschenkel bewegen. Das beschreibt sie als großes Glück. „Wenn man nichts spürt, ist es gefährlich, beispielsweise wenn man sich verbrennt.“ Bewegung war für Claudia immer das Maß der Dinge. Schon in ihrer frühesten Kindheit war sie mit einem „Stützrad“ unterwegs, das sie mit ihren Händen antreiben konnte. Das förderte ihre Wendigkeit im Rollstuhl. Behindert wird sie oft von Barrieren und manches belustigt sie, beispielsweise wenn sich die Behindertentoilette im ersten Stock befindet und kein Aufzug hinauf führt. Keine Schwierigkeiten hatte sie im Tanzlokal „ Apres Club“, wo sie sich während ihrer Oberschulzeit an der FOS in Meran oft aufhielt. „Ich war stundenlang auf der Tanzfläche“, sagt sie. „Doch mittlerweile macht das mein Rücken nicht mehr mit.“ Zur Schule in Meran brachten sie anfangs ihre Mutter und dann der Vinschger Zug. „Der Zug war für mich eine große Bereicherung, denn er ermög-licht mir eine unabhängige Mobilität“, unterstreicht sie.
Seit ihrer Matura 2008 konzentriert sich Claudia nur noch auf den Sport und auf die wöchentlichen Trainingseinheiten mit Trocken- und Renntraining. Ausgleich findet sie beim Klavierspiel. Wenn sie vor dem Training auch hie und da den „inneren Schweinehund“ überwinden muss, so überwiegt letztendlich die Freude. „Sport verschafft ein positives Gefühl und ist Depressionskiller“, sagt sie. Das Training hat für sie zudem einen positiven Nebeneffekt: Es lässt die Schmerzen verschwinden, die sie wegen der Skoliose sonst plagen würden. „Training ist für mich Therapie, eine schöne Therapie“, betont sie. Über ihr Leben mit Behinderung und die Sport-Therapie erzählt sie oft in Schulen und Kindergärten. Inzwischen reihen sich nationale und internationale Erfolge aneinander. Das höchste der Gefühle war die Kür zur zweifachen Vize-Weltmeisterin in Bogogno (I). Einen Rückschlag versetzte ihr eine Operation im August 2010. Diese verhinderte die WM-Teilnahme in Kanada. Eine Welt brach für sie zusammen. Inzwischen hat sie den Anschluss wieder gefunden und den „Giro d´ Italia“ 2011 gewonnen. „Es braucht im Leben oft eine Watschn, dass man sich danach umso mehr freuen kann“, so Claudia. Den vierten Platz bei der WM in Dänemark feierte sie kurz darauf wie eine Goldmedaille. Diese könnte ihr nun die Tür zu den Paralympics 2012 in London öffnen. „London wäre mein Traum“, verrät sie. Vieles spricht dafür, dass sie auch dort erfolgreich das Ziel erreichen wird, angefeuert von applaudierenden Zuschauermengen.
Magdalena Dietl Sapelza
Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau