Meran/Vinschgau - Bei einer „Modenschau mit gutem Gewissen“ schlossen die Südtiroler Weltläden heute (28. April) in Meran in Zusammenarbeit mit der Landesberufsschule für Mode und Bekleidung Luis Zuegg ihre Fashion-Revolution-Tage ab.
Die Modenschau in der Meraner Sparkassenstraße war nicht nur für die Augen ein Genuss, sondern tat auch dem Gewissen gut: Schülerinnen einer berufsbegleitenden Klasse der Berufsfachschule für Bekleidung und Mode der Landesberufsschule Luis Zuegg Meran haben getragene Kleidungsstücke neu interpretiert, eine andere Klasse hat aus getragenen Jeanshosen Röcke genäht und alte T-Shirts umgearbeitet. Die Models wurden von den SchülerInnen der Fachrichtung Schönheitspflege geschminkt und von den Friseurlehrlingen frisiert. Sie haben außerdem Kleider aus dem fairen Handel gezeigt. Seit Oktober 2017 arbeitete die Meraner Landesberufsschule unter Anleitung der Lehrerin Annemarie Lechner an dem Projekt. Mit dieser Modenschau schlossen die Südtiroler Weltläden ihre „Fashion-Revolution-Aktionstage“ ab.
Anlass für Fashion-Revolution ist der Gebäudeeinsturz Rana Plaza in Bangladesh am 24. April 2013. Damals wurden 1.127 Menschen getötet und 2.438 verletzt. Es handelte sich um den schwersten Fabrikunfall in der Geschichte von Bangladesch: In dem achtgeschossigen Gebäude Rana Plaza waren Textilarbeiterinnen beschäftigt, die Kleider für den europäischen und amerikanischen Markt nähten. Weltweit brandeten in der Folge Diskussionen über die Kleiderproduktion und die Arbeitsbedingungen von Produzent*innen in asiatischen Ländern auf. Die Diskussion ist inzwischen abgeebbt, Modegiganten bringen weiterhin Billigkleidung auf den Markt.
Die Südtiroler Weltläden und die oew möchten mit dem Begehen des fünften Jahrtages auf die überbordende Kleiderindustrie aufmerksam machen. Jeder EuropäerIn kauft im Jahr durchschnittlich 60 Kleidungsstücke – viele davon werden nie getragen. Die Sensibilisierung junger Menschen ist wichtig. Brigitte Gritsch, Koordinatorin der Südtiroler Weltläden unterstreicht: „Die Schülerinnen und Schüler haben große Sensibilität gezeigt. Sie wissen genau, dass die Methoden unserer Wegwerfgesellschaft keine Zukunft haben.“ Eine Schülerin habe zum Beispiel gefragt, wie wir Menschen so tun könnten, als ob die Ressourcen der Welt unendlich wären, wenn wir doch wüssten, dass sie endlich sind.
Trotz eines Arbeitstages von zwölf bis vierzehn Stunden erhalten Näher*innen in Bangladesch nur einen Bruchteil des europäischen Verkaufspreises: Nicht einmal ein Prozent bleibt ihnen.
Doch nicht nur beim Nähen, dem letzten Schritt in der Kleiderproduktion, läuft vieles schief: Bereits beim Baumwollanbau, der weltweit insgesamt der Fläche Italiens entspricht, können Arbeiter*innen von ihrem Gehalt kaum leben. In der Baumwollproduktion werden ein Viertel der weltweit gehandelten Insektizide und elf Prozent der Pestizide eingesetzt, mehr als für jede andere Pflanze der Welt.
Auch die Farben der Stoffe verlangen ihr Tribut: Gefärbt wird in Ländern, wo Gesundheits- und Umweltauflagen niedrig sind, zum Beispiel in China und Tunesien. Brigitte Gritsch erklärt: „Zwei Drittel der chinesischen Flüsse und Seen sind verschmutzt. Giftstoffe aus Fabriken werden oft ungeklärt abgeleitet und sind später in Trinkwasser und Essen zu finden.“ Diese Schadstoffe seien bei Tier und Mensch immer häufiger nachweisbar. Millionen Menschen beziehen ihr Trinkwasser aus den so verschmutzten Flüssen, fischen daraus und nutzen es für die Landwirtschaft. Die chemischen Substanzen in den Farbmischungen provozieren Krebs und bringen das menschliche Hormonsystem durcheinander.“
Die Südtiroler Weltläden und die oew weisen auf Alternativen hin, die auch in Südtirol immer stärker Beachtung finden. Dazu gehört Selbst- und Umgenähtes, der Kauf fairer und biologischer Produkte (Achtung auf die Label!), Kleidertausch und Reduktion beim Kauf. Die Modenschau in Meran sollte zeigen, das faire Mode schön ist und die Mühe des Nähens sich lohnt, betont Brigitte Gritsch. (jan)
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