Mit dem Wegzug des astronomischen Zentrums wird auch die geplante Gründung einer Gönnervereinigung hinfällig. Wie Vaclav und Jitka Ourednik auf Anfrage erläutern, ermöglichten 2008 ein NRP-Darlehen (NRP = neue Regionalpolitik) und Bankhypotheken die Realisierung des astronomischen Zentrums. Die Amortisationszahlungen seien von der Gemeinde garantiert worden. Das AAV ist finanziell selbsttragend, doch für die Amortisationen genügt es nicht. Diese 4‘750 Franken pro Monat mussten somit von der Gemeinde Val Müstair übernommen werden. Da die Gemeinde trotz der Unterstützungsbriefe der Tourismusorganisation Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG (TESSVM) und der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft andere Prioriäten habe, behalte sie die Immobilie, so das Ehepaar Ourednic.
Ein Leuchtturm verschwindet
Somit sei das auch als Erlebnisperle bezeichnete Alpine Astrovillage gezwungen worden, einen anderen Ort zu finden. «AAV hat diesen Ort gefunden und zieht um», erklären Vaclav und Jitka Ourednik, ohne zu sagen, ob es sich erneut um einen Ort in Graubünden handelt. Der Entscheid des Wegziehens falle ihnen beiden schwer, schätzten sie doch das Val Müstair als tolles Naturparadies und als «einen der letzten dunklen Flecken in Mitteleuropa». Es sei «schade, dass man dieses Potential des Tals nicht erkennen und entsprechend bewerben und ausnützen will». Details zu ihrem neuen Projektstandort werden die beiden promovierten Wissenschaftler erst später bekanntgeben. Bereits früher hatten sie in Aussicht gestellt, an einen anderen passenden Ort zu ziehen – die Rede war damals vom Kanton Graubünden –, sollten sich die finanziellen Belastungen für das der Sternwarte angeschlossene Haus mit Ferienwohnungen in Lü nicht verringern. Im Val Müstair verschwindet mit dem AAV ein einzigartiger Leuchtturm.
Minimale Lichtverschmutzung
Das Zentrum im Unesco-Biosphärenreservat befindet sich in einer sehr nebelarmen Region mit guter Himmelsqualität und minimaler Lichtverschmutzung. Seit Jahren trägt das Alpine Astrovillage Lü Stailas den Titel einer Erlebnisperle des Kantons Graubünden. Beliebt in Lü waren insbesondere Kurse in Astrofotografie und Himmelsbeobachtungen, dies bei Einzelpersonen und Gruppen. Das für die Region aussergewöhnlich innovative Angebote entschärfte in gewisser Weise auch die wissenschaftlich verbreitete Erkenntnis, das Val Müstair sei eine potenzialarme Region mit wenig Entwicklungsmöglichkeiten.
Die beiden Schweizer Naturwissenschaftler sind tschechischen Ursprungs. Vaclav Ourednik studierte Molekularbiologie in Bern, Jitka Ourednik promovierte in Neurowissenschaften in Prag. Beide waren an renommierten Hochschulen in Lehre und Forschung im Bereich der Hirnforschung tätig. Nach zwölf Jahren in den USA verwirklichten beide den Traum vom Astrofotografie-Zentrum und wechselten vom Mikro- in den Makrokosmos – eben ins Val Müstair, das sie nun wieder verlassen.
Silvia Cantieni
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