Tscholl: Momentan sieht es ganz danach aus.
Vinschgerwind: Abseits von der Politik lässt die Lasa Marmo aufhorchen. Mit dem One World Trade Center - der Eingangshalle Oculus - die im März 2016 eröffnet wurde, sorgte die Lasa Marmo für eine prestigeträchtige Sensation.
Tscholl: Das stimmt so nicht. Die meisten meinen, dass wir den Oculus, also die Eingangshalle gemacht haben. Das stimmt aber nicht. Der Oculus ist das Herz der ganzen Transport-Anlage, also der U-Bahn-Station. Das sind 4.000 Quadratmeter zusammenhängend, aber wir haben insgesamt 40.000 Quadratmeter geliefert. Das fängt beim Eingangsbereich an, wo sich die Friedenstaube mit einem Stahlgerüst befindet, das sich immer am 11. September eines jeden Jahres öffnet. Hier tragen die Außenplatten ringsum sieben Zentimeter dicken Laaser Marmor. Zwischen den Stahlträgern sind Laaser-Marmor Bänke, sobald man eintritt, geht man nur mehr auf Laaser Marmor, auf Bodenplatten und massiven Treppenstufen und ist umgeben von Wandplatten, Säulenverkleidungen und Sockelleisten. Das zieht sich durch, bis man wieder hinausgeht. Das heißt man läuft ausschließlich auf Laaser Marmor. Deshalb darf man nicht nur vom Oculus sprechen, aus Laaser Marmor sind die Böden zu den Rolltreppen der U-Bahn-Station, das sind 4 Levels. Laaser Marmor tragen die Handläufe zwischen den Treppen, aus Laaser Marmor sind sämtliche Wandverkleidungen, die Plattformen, wo man von der U-Bahn ein- und aussteigt und auch die Bänke, auf denen man sitzt und auf die U-Bahn wartet. Das ist der Gesamtauftrag. Viele meinen es sei nur der Oculus, aber die gesamte Transportation-Hub strahlt in Weiß. Das ist alles gigantisch und die Menschen verbinden damit große Emotionen.
Vinschgerwind: Wie ist die Lasa Marmo zu diesem Auftrag gekommen?
Tscholl: Das ist schwierig zu beantworten. Also, wir haben einen Partner in New York und der vertritt die Lasa Marmo in New York. Wir selbst sind rund alle drei Monate in Amerika. Dieser Partner hat uns auf dieses große Projekt aufmerksam gemacht. Der Laaser Marmor war prädestiniert für dieses Projekt, denn da laufen täglich bis zu 250.000 Menschen darüber, das heißt es braucht ein widerstandsfähiges und langlebiges Produkt. Nach der ersten Angebotsphase 2006 haben wir nichts mehr gehört. 2008, als die Lasa übernommen wurde, hat sich abgezeichnet, dass dieser Auftrag konkret werden könnte. Es folgten dann zwei Jahre intensive Verhandlungen. In der Schlussphase setzte sich der Laaser Marmor gegen einen Kunststein durch, denn kein Architekt, der ein bisschen etwas auf sich hält, wählt einen Kunststein. Das Budget war eigentlich kein Problem, denn unser Anteil am gesamten Projekt, das 4 Milliarden Dollar gekostet hat, war nicht der Rede wert. Nur als Beispiel: In diesem Projekt steckt die Stahlproduktion eines ganzen Jahres von Deutschland.
Vinschgerwind: Das sind kaum vorstellbare Dimensionen. Umsatzmäßig - wie spiegelt sich dieses Projekt in der Bilanz der Lasa Marmo wider?
Tscholl: Das Projekt war mit 20 Millionen Dollar veranschlagt, am Ende standen dann 23,5 Millionen Dollar innerhalb von 4 Jahren. Dieser Auftrag war nicht der größte im Steinsektor, aber der größte mit dem Hintergrund, dass nur Material einer Qualität aus nur einem Bruch und nur eines Herstellers zum Einsatz kam.
Vinschgerwind: Zurückblickend: Welches war die größte Herausforderung dieses Auftrags?
Tscholl: Schaffen wir diese Qualität in dieser knappen Zeit zu liefern - das war die größte Herausforderung. Alles „Cut to size“ - alles geschnitten, fix fertig hergerichtet. Man muss wissen, wie wir gestartet sind: Die Lasa ist 2008 mit 36 Leuten übernommen worden, die Jahre zuvor sind kaum Investitionen in Transport oder Bruch getätigt worden, die Maschinen waren veraltet, die Politik der Lasa Marmo unter Sonzogno war der Verkauf von Blöcken und kaum der Zuschnitt. Diese Philosophie haben wir völlig umgekrempelt. Das waren eine aufreibende Phase. Wir haben die Mannschaft von 36 auf 82 aufgestockt, das heißt zwei Drittel der Leute waren neu, als wir diesen Auftrag an Land gezogen hatten. Das angestammte Personal musste umdenken, die neuen musste man zu einem Team zusammenschweißen. Im Bruch arbeiteten acht Leute, wir haben auf über 20 erhöht.
Vinschgerwind: Sie haben mit diesem Groß-Auftrag die Betriebsphilosophie grundlegend geändert.
Tscholl: Ja, und das ist natürlich sehr arbeitsintensiv, wenn man im Projektsektor tätig sein will. Das heißt Betreuung der Architekten, der direkten Kunden, der Generalunternehmer. Es ist heute so, dass wir diese einladen, ihnen den Betrieb zeigen, in den Bruch fahren.
Vinschgerwind:Mit wem haben Sie Kontakt?
Tscholl: Wir haben Kontakt mit Foster & Partners, eines der bekanntesten Architekturbüros weltweit. Mit Foster & Partners durften wir, zusammen mit unserem Partner Campolonghi, das Headquarter von Apple in Californien ausstatten, die waren eine Woche hier in Laas, haben auch gefilmt. Wir haben Kontakte mit SOM Architekten, Skidmore, Owings und Merrill, eines der größten Architekturbüros der Welt in Chicago. Diese Architekten, die kennen uns, die betreuen wir persönlich, fragen immer mal wieder nach, halten Kontakt. Die wissen mittlerweile, dass wir Qualität liefern und auf einem hohen Level angekommen sind.
Vinschgerwind:Wie ist das machbar?
Erich Tscholl: Wir haben Partnerfirmen.
Vinschgerwind:Wer war beispielsweise Ihr Partner beim One World Trade Center?
Tscholl: Das war Campolonghi. Heute ist er unser größter Kunde, wir haben ein partnerschaftliches Verhältnis. Wenn es ein größeres Projekt gibt, treten wir gemeinsam auf. Der Torre Isozaki - der Allianz Tower - in Mailand zum Beispiel, da haben wir 2.000 Quadratmeter geliefert und mit einer Mailänder Firma zusammengearbeitet.
Vinschgerwind:Das heißt die Stärke der Lasa Marmo ist - mitunter - ein Netzwerk an Partnern, das man sich aufgebaut hat?
Tscholl: Richtig, immer auf Augenhöhe aber.
Vinschgerwind:Im Oktober vergangenen Jahres reiste die gesamte Belegschaft nach New York. Das spricht mitunter auch für das Betriebsklima der Lasa.
Tscholl: Die vier Jahre waren sehr intensiv. Es hat sehr viele Reibereien gegeben. Und wir haben gesagt: Ihr verdient euch zu sehen, was ihr geschafft habt. Es sind über zwei Drittel der Mitarbeiter mitgefahren. Hier geblieben sind im Grund nur jene, die gewichtige Gründe dafür hatten. Ich höre heute noch von den Leuten: Diese Erinnerungen bleiben ein Leben lang, einmal die Impressionen von New York und zum Zweiten die Eindrücke des realisierten Projektes. Aber wir sind kein heiliger Betrieb, das möchte ich auch sagen. Auch in unserem Betrieb gibt es Reibereien – das ist normal.
Vinschgerwind:Mit welchen Projekten sind die Auftragsbücher derzeit gefüllt?
Tscholl: Wir sind gut unterwegs. Derzeit haben wir drei verschiedene Projekte laufen und alle in einer Größenordnung zwischen 800 und 2.000 Quadratmeter. Diese werden jetzt im Jänner, Februar und März ausgelegt, inspiziert und dann realisiert. Das erfordert Überstunden, auch Arbeit am Samstag und Sonntag. Wir haben da eine Lobby in New York 425 Park Avenue, dann in Washington DC 250 Massachussets Wandverkleidungen einer Lobby von zwei Wolkenkratzern und dann ein Projekt, das mir sehr am Herzen liegt und ich nun schon zwei Jahre betreue, das ist das Projekt 100 Bishopsgate in London. Das ist deshalb so interessant, weil die Architekten mit der Idee gekommen sind, sie wollen die Wand der Lobby - mitten im Herzen von London - 7 Meter hoch und 32 Meter breit - als Marmorblock nachahmen. Sie wollen den Eindruck erwecken, das sei alles ein Block und nur die Türen seien herausgeschnitten. Das ist weltweit nur einmal gemacht worden, u.z. in Australien. Vier Mal war ein Trupp von acht Leuten da, hier im Werk, im Bruch... Architekten, Generalkonstrukteur...Wir haben in den vergangenen Monaten (20. Dezember, Aufzeichnung des Interviews) zusammen mit unserem Partner Euromarble von Carrara, die Platten gescannt, am Computer ausgeschnitten und virtuell zusammengesetzt. Das hat Eindruck gemacht und wir haben das OK bekommen. Jetzt erst werden die Platten geschnitten und in Carrara ausgelegt, die ganzen 1.200 Quadratmeter in einem Stück. Mit Hebebühne fahren wir dann hoch und begutachten alles. Dann wird erst geliefert. Dieses Projekt erregt mit Sicherheit Aufsehen. Es hat sechs Anbieter gegeben und fünf haben gesagt: Das ist nicht machbar. Wir versuchen uns so zu positionieren: über schwierige, außergewöhnliche Aufträge.
Vinschgerwind:Von der Welt zurück nach Laas: Seit wann sind Sie Betriebsdirektor?
Tscholl: Ich bin seit April 2013 Betriebsdirektor. Geschäftsführer ist Paul Graf. Ich hatte mich bei der Lasa Marmo als Sachbearbeiter der Buchhaltung beworben und wurde innerhalb von zwei Jahren Betriebsleiter.
Vinschgerwind:2018 steht vor der Tür. Vor zehn Jahren 2008 Übernahme der Lasa Marmo durch die Lechner Marmor AG. Was hat sich seitdem getan?
Tscholl: Vieles haben wir schon gesagt: Die Ausrichtung hat sich grundlegend geändert, Investitionen in Millionenhöhe sind getätigt worden, die Mitarbeiterzahl hat sich bei 64 eingependelt, ist also fast verdoppelt worden.
Vinschgerwind:Wie ist die Unternehmensstruktur? Wie ist die Lasa Marmo anteilsmäßig aufgestellt?
Tscholl: Das wird oft verwechselt, die Lasa Marmo und die Lechner Marmor AG. Also die Lasa Marmo ist eine GmbH und ist zu 100 Prozent die Tochterfirma der Lechner Marmor AG mit den Aktionären Burgener, Victorinox AG, Erath, Camenzind, Meister, Georg Lechner, Martin Wagner ...
Vinschgerwind:Und umsatzmäßig?
Tscholl: Wir sind gestartet mit drei Millionen Umsatz, haben 15 - 20 Millionen Euro investiert. Der Betrieb hat mit dem Projekt Transportation Hub - World Trade Center - 10 bis 11 Millionen gemacht und sich heuer zwischen 6 und 7 Millionen eingependelt. Unser Ziel sind 10 Millionen Umsatz pro Jahr.
Vinschgerwind:Abschließend zurück zur ersten Frage: Weißwasserbruch und Göflaner Marmorbruch - gibt es Kontakte mit Burkhart Pohl?
Tscholl: Nein. Es ist schade. Wir haben gerade einmal 1 Prozent des weltweiten Marktes, und schlagen uns die Köpfe ein. Also, durch die politischen Gegebenheiten haben wir wenig Kontakt.
Vinschgerwind:Burkhard Pohl sagte vor zwei Jahren in einem Vinschgerwind-Interview: Es ist uns gelungen den Göflaner Marmor bekannter zu machen, als es der Laaser ist. Was antworten sie darauf?
Tscholl: Da muss ich etwas schmunzeln. Wir haben unsere Marken schützen lassen europaweit, in Amerika, der Schweiz, Russland, Lichtenstein usw. unseren Hauptmärkten. Wenn dem so wäre, dass der Göflaner Marmor bekannter ist, als der Laaser, dann frag ich mich, welche Notwendigkeit hat Antolini, der größte Kunde der Göflaner Marmorwerke, den Göflaner Marmor unter unserem Namen zu verkaufen und zwar weltweit. Das ist Fakt. Da läuft - leider - ein Prozess. Die Göflaner selber und Burkhart Pohl sind - das muss ich auch sagen - sehr korrekt was die Vermarktung angeht.
Interview: Angelika Ploner
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