Klimahysterie und Klimaskepsis sind die beiden Extreme einer weit klaffenden Meinungsschere. Dabei sind die Symptome des Klimawandels nicht mehr zu übersehen:
• Der Gehalt an Kohlendioxid als Treib-hausgas in der Erdatmosphäre steigt weiter an;
• die Jahresdurchschnittstemperatur der Luft steigt an;
• im Winter fällt weniger Schnee. Der Winterniederschlag fällt verstärkt als Regen denn als Schnee;
• die Wetterextreme nehmen zu; die Unwetter mit Starkregen und großen Regendichten häufen sich;
• die untere Schneegrenze steigt in ihrer Meereshöhe und die Dauer der Schneebedeckung nimmt ab;
• die Gletscher schwinden rapide und besorgniserregend;
• der Permafrost im Boden taut in immer weiteren Bereichen;
• Steinschlag, Felsbrüche und Murabgänge nehmen zu;
• die Niederschläge verschieben sich von der sommerlichen Vegetationsperiode in das Winterhalbjahr; die Dürreperioden nehmen zu;
• die Verdunstung von Wasser über die Pflanzenkörper und damit ihr Hitzestress steigt;
• mit dem Verschieben der Klimazonen nach Norden wandern auch Pflanzen- und Tierarten nach Norden und in die Höhe;
• für die Vegetation verlängert sich in den gemäßigten Zonen die Wachstumsperiode. Die Artenzusammensetzung von Pflanzengesellschaften ändert sich. In den Wärmegebieten unserer Erde nimmt die Wüstenbildung zu;
• die Waldgrenze verschiebt sich in den Bergen nach oben. Ebenso steigen verholzende Pflanzen unter den Zwergsträuchern immer weiter in die Gebirge auf;
• die Weltmeere versauern infolge des steigenden Gehaltes an Kohlendioxid. Wegen des geänderten pH-Gehaltes im Wasser kommt es zur Korallenbleiche, dem großflächigen Korallensterben an den Atollen und Korallenriffen;
• der Meeresspiegel steigt und viele Inselbewohner werden zu Klimaflüchtlingen.
Auswirkungen auf die Alpentiere
Dass der Eisbär hungert, wenn das Polareis verstärkt wegschmilzt und der Bär die Robben nicht mehr auf den Eisschollen überraschen kann, sondern versuchen muss, sie im offenen Meer zu schlagen und dabei öfter erfolglos jagt, ist wohl Allgemeinwissen. Nachstehend möchte ich drei Beispiele aufzeigen, welche belegen, dass der Klimawandel auch Auswirkungen auf die Wildtiere der Alpen und damit auf die heimische Fauna hat.
Das Rotwild (Cervus elaphus)
Hirsche wechseln im Herbst von den Sommer- in die sonnexponierten Wintereinstände in den tieferen Tallagen. Heute sind diese Wechsel in den landwirtschaftlich intensiv genutzten Zonen oft durch Wildschutzzäune unterbunden oder erschwert. Es kann aber auch beobachtet werden, dass dieser Wechsel von den Sommer- in die Wintereinstände durch die milden Winter teilweise ausbleibt. Das Rotwild verharrt an manchen Orten immer häufiger und immer länger in den Sommereinständen. Diese verlängerte Verweildauer in den Sommereinständen führt zu erhöhtem, einseitigen Wilddruck in ein und demselben Gebiet mit entsprechenden Verbiss-Schäden in der nahrungsknappen Zeit. In einigen Teilen der österreichischen Kalkalpen ist man deswegen auf eine Winterfütterung übergegangen, um diese Verbiss-Schäden zu reduzieren.
Das Steinwild (Capra ibex)
Wir konnten im Nationalpark Stilfserjoch beobachten, dass der Anteil der Kitze an der Gesamtpopulation von Steinwild in den letzten fünfzehn Jahren von über 30% auf unter 15% gesunken ist. Dabei ist dieser sich verringernde Anteil der Kitze nicht auf eine Krankheit oder Seuche zurückzuführen. Auch verstärkte Wilderei scheidet als Erklärungsursache aus. Wir glauben an die Arbeitshypothese, dass das vermehrte Kitzsterben auf die immer weiter auseinanderklaffende Übereinstimmung von Pflanzenwachstum und Setzzeit der Geißen zurückzuführen sein könnte: Steinböcke sind reine Pflanzenfresser. Infolge der Erderwärmung und des Klimawandels treiben die Futterpflanzen im Gebirge bis zu drei Wochen früher aus als noch vor Jahren. Die Steingeißen gebären ihre Kitze aber zeitlich unverändert in den ersten zwei Juniwochen. Wenn die Geißen für ihre Kitze die eiweiß- und fettreiche Milch erzeugen sollen, haben die Gräser und Kräuter ihr Nährwertoptimum schon überschritten. Die Muttermilch bleibt magerer und die Kitze könnten verhungern. Die wissenschaftliche Beweisführung für diese Annahme ist aber nicht einfach, will man den führenden Geißen und ihren Kitzen nicht zusätzlichen Stress verursachen.
Der Schneehase (Lepus timidus)
Der Schneehase ist ein Alpenbewohner, der nach der letzten Eiszeit als nordisches Relikt erhalten geblieben ist. Als eine seiner Anpassungen an den Extremlebensraum Hochgebirge kennen wir alle seinen Wechsel vom erdbraunen Sommerfell in das schneeweiße Winterfell. Fellwechsel als Kälteschutz und Tarnung heißt die Anpassungsstrategie. Der Wechsel der Fellhaare ist von der Tageslänge und von der erhöhten Melatonin-Ausschüttung gesteuert. Im Gebirge nimmt infolge der Erderwärmung die Schneedeckendauer ab und die Aperzeit nimmt zu. Der Fellwechsel von braun auf weiß erfolgt aber immer noch und der weiße Schneehase findet sich auf oftmals braunem Untergrund wieder. Mit der falschen Tarnfarbe wird er zu einer leichteren Beute für den Steinadler als seinen Fraßfeind.
Forscher an der Universität für Bodenkultur in Wien haben zudem beobachtet, dass es verstärkt zu Bastardierungen zwischen Schneehasen und Feldhasen kommt. Der Feldhase (Lepus capensis) steigt wegen des Klimawandels auch immer höher in die Berge auf. Der Feldhase ist größer als der Schneehase. Häsinnen paaren sich bevorzugt mit großen Rammlern. Und weil sich die Lebensräume von Feld- und Schneehasen zunehmend stärker überschneiden, kommt es immer häufiger zur Hybridisierung zwischen diesen zwei Hasen-Arten. Auf lange Sicht dürfte der Schneehase der Verlierer sein.
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