Am 17. August 2017 hob sich dann der Schirm mit Hans und seinem Gleitschirmführer vom Spitzbühl auf der Seiser Alm aus in die Höhe. Der rüstige Senior war überwältigt vom Schwebegefühl und von der einzigartigen Bergkulisse der Dolomiten. Während des eineinhalbstündigen Fluges stieß er immer wieder Jubelschreie aus: „Herrlich…oanfoch gewaltig“.
Hans war schon immer voller Abenteuerlust. Das Skifahren lernte er auf Holzbrettern bei Tarsch. Dort standen in seiner Jugendzeit noch keine Obstbäume und im Winter lag Schnee. Als erfolgreicher Langläufer war er Teil der Militärsportgruppe. Bei einem Rennen am Ätna hatte er die besten Voraussetzungen zu gewinnen. Doch er stürzte unglücklich. „Selm hot der Marieschiallo greart“, erinnert er sich. Im Ski Alpin zählte er zu den Siegläufern. Hans war einer der ersten im Dorf, der ein Fahrrad besaß und später sogar ein Rennrad. Das Geld verdiente er sich bei Holzarbeiten. Bereits als 17-Jähriger radelte er mit einem Freund zum Reschenpass um die Grenze zu sehen, die sie sich als große Mauer vorstellten. „Ober nix isch gwesn als a Lott“, lacht er. Fahrradtouren führten die beiden Kollegen an den Kalterer See zum Schwimmen und nach Gratsch zum Trauben essen. Gern war Hans in den Bergen unterwegs und erklomm die höchsten Gipfel im Land. Sein längster Fußmarsch dauerte rekordverdächtige 20 Stunden. In einer Gruppe wanderte er von Tarsch aus durch das Schlandrauntal bis an den Fuß der Weißkugel, dann durch das Schnalstal wieder nach Hause zurück. 1951 erhielt Hans eine feste Anstellung bei der Wildbachverbauung, wo er bis zu seiner Pensionierung tätig war. In der Freizeit liebte er das Singen, das Musizieren mit seiner Gitarre und das Tanzen. Erna Pirhofer aus Tarsch, eine der attraktivsten Tanzpartnerinnen, führte er 1958 zum Traualtar. Kinder blieben dem Paar verwehrt. „Dia warn olle Spitzbuabm gwortn, weil i ihna olz ounglernt hat“, schmunzelt er. Sechs Jahre nach der Hochzeit kam mit dem neunjährigen Neffen und Patenkind Walter doch noch ein „Sohn“ ins Haus. Dieser blieb viele Jahre bei seinem „Teit“. Der Dorfgemeinschaft war Hans stets aktiv verbunden. Er sang im Kirchenchor, im Männerchor und war Mitglied der Feuerwehr.
Seine Frau stand immer hinter ihm. Vor fünf Jahren starb sie unerwartet. „Ihr Wunsch, vor miar zu sterbm, schnell unt ohne zu leidn, isch ihr afn Millimeter aufgongen“, sagt er. Das ist ihm ein kleiner Trost. Nur langsam gewöhnte er sich an das Alleinsein. Mit der Haushaltsführung hatte er keine Probleme. „I hon olz fa mei Muatr glearnt, kochn, waschn… unt sogor strickn“, verrät er. Hans versorgt sich auch heute noch selbst. Walter und Pepi schauen regelmäßig beim „Teit“ vorbei, genauso wie die Nachbarin Anna Maria Schwarz. Sie nennt ihn auch „Teit“, weil er ihr das Leben gerettet hat. Als Dreijährige wäre sie im Tarscher Dorfbrunnen ertrunken, wenn er sie nicht zufällig im Wasser entdeckt und herausgeholt hätte. Sie freut sich mit ihm über den gelungenen Tandemflug. Es war Adrenalin pur. Er möchte wieder fliegen und meint: „Iaz ruits miar, dass i schun asou olt bin, suscht tat i in Flugschein mochn“.
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