Sie verlobten sich und waren fünf Jahre lang zusammen. Dann drängte Franks Mutter zur Hochzeit. Viktoria hätte als Ehefrau ihren Lehrerinnenberuf aufgeben müssen. „Damals durfte eine Lehrerin in Holland nicht verheiratet sein“, erklärt Viktoria. „Das wollte ich nicht und es war Schluss mit der Beziehung.“ Frank versuchte sie umzustimmen, blieb aber erfolglos. Die Wege des Paares trennten sich. Frank zog nach Amerika, wo er heiratete. Viktoria unterrichtete Kinder. „Ich habe mit viel Freude gearbeitet“, sagt sie. Doch so ganz ohne Mann fehlte ihrem Leben dann irgendwann doch die Würze. Während eines Urlaubs am Gardasee verliebte sie sich in einen italienischen Arzt. „Ich war Italienfan, und es war Liebe auf den ersten Blick“, betont sie. Viktoria kündigte in der Schule, heiratete und zog mit ihrem Mann nach Mailand, wo er eine Arztstelle antreten konnte. Sie wurde Hausfrau und Mutter zweier Kinder. Von Mailand übersiedelte die Familie später nach Desenzano am Gardasee und schließlich nach Holland, in Viktorias Elternhaus. In der Zwischenzeit hatten sich in Holland die Bestimmungen für Lehrerinnen geändert und Viktoria konnte in ihren Beruf zurückkehren. „Mit der Arbeit für meinen Mann hat es in Holland nie geklappt, denn ein Italiener spricht kein Holländisch“, schmunzelt Viktoria. Die Urlaube verbrachte die Familie im Haus am Lago Maggiore, das Viktorias Mann gehörte. Unerwartet starb dieser nach 17-jähriger Ehe an einer Hirnblutung. Frank war mit seiner Frau inzwischen auch wieder nach Holland zurückgekehrt. „Frank und ich haben in all der Zeit keinen Kontakt gehabt“, betont Viktoria. Diesen Kontakt stellte Viktorias Mutter her nachdem sie erfahren hatte, dass Frank Witwer geworden war. Seine Frau war ebenfalls an Hirnblutung gestorben. Die einstigen Verlobten sahen sich nach Jahrzehnten wieder, und die Liebe erwachte erneut. „Es war wie früher. Frank ist gekommen und nicht mehr weggegangen“, lacht Viktoria. Die beiden waren glücklich, sich wiedergefunden zu haben. „Ich hatte das Haus am Lago Maggiore, doch Frank wollte in die hohen Berge“, sagt Viktoria. Sie verkaufte das Haus am See und schaute sich nach einem Haus in Südtirol um. Diese Suche führte Viktoria und Frank in den Vinschgau. Ein Makler bot ihnen das alte Holzhaus in prominenter Lage auf dem St. Antonius-Hügel in Taufers i. M. an, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts errichtet worden war. „Villa“ nennen es die Tauferer. Es befand sich in einem äußerst desolaten Zustand. Durch Luken und eingeschlagene Fenster pfiff der Wind. Frank war irritiert, doch Viktoria verliebte sich auf Anhieb in das Objekt: „Das ist das Haus, das wir suchen“, rief sie, und Frank antwortete: „Dass du verrückt bist, weiß ich, aber dass du so verrückt bist, habe ich nicht geglaubt.“ Nach dem Kauf des Hauses gab Viktoria mit Hilfe eines Architekten umfassende Renovierungsarbeiten in Auftrag. Nach außen hin behielt die „Villa“ ihren Charakter. 1994 zogen Viktoria und Frank ein, ein Jahr später heirateten sie. Ein Drittel des Jahres verbrachten sie seither in Taufers, zwei Drittel in ihrem Haus in Holland. Mit ihrem Camper reisten sie jeweils in mehreren Etappen an. „Es war herrlich, hier zu wohnen. An der Ostseite geht die Sonne auf und an der Westseite geht sie unter“, schwärmt Viktoria. „Es tut weh, hier wegzugehen, denn wir haben uns immer als Tauferer gefühlt und uns mit allen gut verstanden“. Das fortschreitende Alter des Paares und auch Viktorias Osteoporose hatten zur Entscheidung geführt, sich von der „Villa“ zu trennen. „Die Kinder wollten das Haus nicht haben“, verrät Viktoria. Sie wünscht sich nun, dass der neue Besitzer, ein Künstler aus Brixen, das Haus in seiner Grundstruktur so belässt, es gestaltet ist, und dass er sich genauso wohl fühlt wie sie und ihr Mann. Viktoria und Frank haben vor, weiterhin in Taufers Urlaub zu machen. Einquartieren werden sie sich dann in einem Hotel. Ihre Freundschaften im Vinschgau wollen sie weiterhin pflegen.
{jcomments on}