Die Schlachten an der Calven

geschrieben von Ausgabe 8-19
das architektonisch unscheinbare Krafthaus hinter dem Sportplatz des ASV Laatsch das architektonisch unscheinbare Krafthaus hinter dem Sportplatz des ASV Laatsch

Laatsch - Vier Jahre nach Inbetriebnahme erweist sich das Rambachkraftwerk als Goldesel. In zweifacher Hinsicht: Als eine nachhaltige und regenerative Energiequelle und als finanzielle Kraftquelle für die am Kraftwerk Beteiligten. Die „Schlachten an der Calven“ haben sich gelohnt.

von Erwin Bernhart

Als „Schlacht an der Calven“ ist in den nachfolgenden Zeilen nicht jene Schlacht gemeint, die 1499 zu einer horrenden Niederlage der habsburgischen Truppen geführt hat. Diese aktuelle „Schlacht an der Calven“ ist der Kampf um ein Kraftwerk am Rambach und vor allem das Ergebnis davon.
Denn nach diesem Kampf gibt es nur Erfolg und Sieger. Der Erfolg: Wenn man davon ausgeht, dass jede mit Wasserkraft erzeugte Kilowattstunde eine fossil erzeugte Kilowattstunde verdrängt, dann ist Wasserkraft immer erfolgreich. So auch am Rambach. Auch wird von Experten der limnologische Zustand des Rambaches zwischen Werk beim Laatscher Sportplatz und der Fassung in Puntweil als „sehr gut“ beschrieben. Auch das ist ein Erfolg.
Die Sieger: Über gute Einnahmen freuen sich die Miteigentümer am Rambachwerk. Das sind die Gemeinde Taufers im Münstertal mit 39 %, die Gemeinde Mals mit 27 %, die Gemeinde Glurns mit 20 %, die Fraktion Laatsch (EBNR) mit 8 %, die Gemeinde Schluderns mit 3 % und die SEG (die Wasserfassung in Puntweil an der Grenze zur Schweiz mit FischtreppeSchludernser Energiegenossenschaft) mit 3 %.
Am 18. Juli 2020, also mitten im ersten Corona-Jahr und nach nur einem halben Jahr Bauzeit, ist das Kraftwerk am Rambach ans Netz gegangen. In den knapp 6 Monaten Betrieb 2020 hat das Kraftwerk fast 15 Millionen Kilowattstunden erzeugt. Gebaut hat das Kraftwerk samt Fassung und Zuleitung die Rambach Konsortial GmbH, bestehend aus den oben genannten Teilhabern. Die haben die rund 13 Millionen Euro für den Bau anteilsmäßig aufgewendet. Der Wasserbauingenieur Walter Gostner war Präsident der Rambach Konsortial GmbH. Er hat den Bau koordiniert. Mit der Inbetriebnahme des Werkes wurde die Konsortial GmbH aufgelöst und in Liquidation geschickt. Mit einem Führungsvertrag hat die Gemeinde Taufers als Mehrheitseignerin die Führung übernommen, alle Beteiligten sind als Miteigentümer geführt. Die Liquidation war ein letztes Scharmützel in einem Jahrzehnte lang geführten Kampf um eine Rambachkonzession. Denn die Gemeinde Mals musste sich kurz vor der Inbetriebnahme des Werkes zähneknirschend einer Zweidrittelmehrheit der Gesellschafter beugen und hat im Gemeinderat (Beschluss 17/2020) einen harsch formulierten Beschluss zu fassen gehabt.
Seither ist Ruhe eingetreten und offensichtlich das Kriegsbeil begraben. Das ist der erfolgreichen, unbürokratischen Verwaltung des E-Werkes in der Gemeinde Taufers zu verdanken und vor allem den Erlösen aus dem Stromverkauf.

Hinter dem Laatscher Sportplatz steht ein mit Holz verkleidetes Gebäude, eine Art Turm. Die Architektur ist unauffällig, kein Hingucker, verschämt bescheiden. Von außen ist ein permanentes Surren vernehmbar, will heißen: die Turbine drinnen läuft. Die Konzession ist auf eine mittlere Jahresleistung von knapp unter 3 Megawatt ausgelegt. Also kein Großkraftwerk, sondern ein mittleres. Aber: Das Werk am Rambach ist das größte Kraftwerk, das in den letzten Jahren gebaut worden ist und stellt sich in seiner Jahresleistung nur hinter die Großkraftwerke von Schluderns, Laas, Kastelbell und Naturns. Ein kleiner Riese also in der Vinschger Kraftwerkslandschaft.
Das spiegelt sich auch in den Zahlen nieder. Zu einer ersten Höchstleistung ist das Kraftwerk bereits 2021 aufgelaufen. Zumindest in der Produktion. Mit 27 Millionen Kilowattstunden hat man die prognostizierten 21 Millionen bei Weitem übertroffen. Nur der Strompreis war damals mit 4 Eurocent pro Kilowattstunde im Keller, so dass der Erlös lediglich 1,3 Millionen Euro betragen hat.
Im zweiten Vollbetriebsjahr 2022 sank die Produktion aufgrund der Trockenheit und des damit einhergehenden Wassermangels auf 14,6 Millionen Kilowattstunden mit einem Erlös von 894.000 Euro. Zudem hatte man sich an den Südtiroler Energieverband (SEV) mit einem Fixpreis von 6 Eurocent pro Kiowattstunde gebunden und auch mit einer bindenden Produktionszusage. Mehr als 2 Millionen Euro blieb man dem SEV so schuldig. Eine ungute Situation.
Gelöst haben sich die Probleme in den letzen zwei Jahren. 2023 konnten sich die Miteigentümer über eine Produktion von 22 Millionen Kilowattstunden und Erlösen von 2,7 Millionen Euro freuen - allerdings immer noch an den Fixpreis von 6 Eurocent pro Kilowattstunde gebunden. Im vorigen Jahr 2024 ist der Knopf vollends aufgegangen: 29,6 Millionen Kilowattstunden und Erlöse von 3,2 Millionen Euro.
Allerdings musste man sich von den an den SEV vertraglich geschuldeten Beträgen vorerst befreien. Schmerzhaft war das im Jahr 2023, als man rund 1,8 Millionen Euro an den SEV als Kompensierung überweisen musste. 2024 ging’s leichter. Die Restschuld von 310.000 Euro an den SEV wurde beglichen.
So konnte die Sitzung der Miteigentümer am 12. Februar 2025 im Rathaus von Taufers mit erfreulichen Ergebnissen über die Bühne gehen. Den Stromeinnahmen von insgesamt 3,2 Millionen Euro stehen die Zahlungen an den SEV von 310.000 Euro und die Gestehungskosten von insgesamt 607.000 Euro gegenüber. Die Summe, die an die Miteigentümer zu verteilen war, war demnach 2,3 Millionen Euro. So konnte sich die Gemeinde Taufers über 898.000 Euro freuen, die Gemeinde Mals über 622.000 Euro, die Gemeinde Glurns über 460.000 Euro, die Fraktion Laatsch über 184.000 Euro und die Gemeinde Schluderns und die SEG jeweils über 69.000 Euro.
Aus diesen Erlösen bestreitet jeder Miteigentümer seine Rückzahlungen für jene Beträge, die er für den Bau des Kraftwerkes anteilsmäßig aufgewendet hat. Trotzdem bleibt ein erkleckliches Sümmchen in den Taschen der Gemeinden, der Fraktion und des SEG.
Die Einnahmen aus den Stromerlösen bedeuten für die Gemeinden ein willkommenes Zubrot. Für die Fraktion Laatsch sind die Einnahmen essentiell. Denn die Erlöse aus Holz und Weide können den Bedarf bei weitem nicht decken. Der Mut zum Bau des Kraftwerkes wird so langsam belohnt, drückt es der Präsident der Fraktion Laatsch Andreas Paulmichl aus. Mit den Erlösen könne man sich in Laatsch etwa an längst fällige Projekte trauen, die ansonsten finanziell nicht stemmbar wären.
Schlachten und Scharmützel rund um ein Kraftwerk am Rambach gab es viele: es sei an das Bemühen um eine Rambach-Konzession vom Abwasserverband Obervinschgau vor mehr als 30 Jahren erinnert, von den Gelüsten der damaligen SEL unter dem Schutz vom damaligen LH Luis Durnwalder, von Hellmuth Frasnellis Eisackwerken, vom Aufteilen des noch nicht erlegten Bären zwischen den Gemeinden Taufers und Mals nach der Volksbefragung 2013, vom Gewinn der Konzession am Rambach durch Johannes von Hepperger, vom beherzten Einschreiten der Glurnser, von Malser Widerständen... Allein die Vorstellung, wie viele Millionen Euro derweil den Rambach hinuntergeronnen sind, stimmt nachdenklilch. Jedenfalls scheint die Schlacht an der Calven ohne Verlierer geschlagen. Die Turbine läuft - zum Wohle aller.

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