Gedanken hinter Gittern

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Aus dem Gerichtssaal - Für den Handweber Josef Winkler aus Planeil war seine Verhaftung am Silvestertag des Jahres 1983 und sein anschließender 5-monatiger Gefängnisaufenthalt das Schlüsselerlebnis seines Lebens. Halt gaben ihm dabei nicht nur die liebevolle und aufopfernde Unterstützung seiner Frau. Auch die selbstverständliche Solidarität seiner Landsleute bekam er wohltuend zu spüren. Viele haben auch, so berichtet er, für seinen Freispruch gebetet.
Nachdem Winkler also in der Berufung voll freigesprochen wurde, muss man annehmen, dass ein anderer ihm den Sprengstoff in die Mühle gelegt hat. Wer ihm „das Ei“ beschert hat, darüber kann man nur Vermutungen anstellen. Das Gericht hat den Urheber nicht festgestellt. Vorgewarnt hätte Winkler sein können. Denn ungefähr ein Jahr vor der ominösen Hausdurchsuchung hatte Cristelli ihn wegen einer anderen Geschichte vor den Strafrichter gebracht. Als er in diesem Verfahren freigesprochen wurde, machte der Wachmeister folgende drohende Andeutung: “Un giorno ti porteró a Bolzano e non ci sará Iddio che ti aiuterá“, also „eines Tages werde ich dich nach Bozen bringen und da wird dir auch Gott, der Allmächtige, nicht helfen können.“ Nun kann nur ein Lump vermuten, dass die beiden Intimfeinde des Webers, nämlich der Jagdaufseher Blaas Ludwig und der Wachmeister Cristelli hinter der „Aktion Dynamit“ steckten. Auch muss man den Gerüchten nicht Glauben schenken, dass ein Landsmann Winklers, bloß weil er als Sprengmeister bei einer schweizer Baufirma arbeitete und die eidgenössische Herkunft des Dynamits festgestellt wurde, den „corpus delicti“ geliefert hätte. Tatsache ist, dass dem Winkler gezielt eine Falle gestellt wurde, die am Silvestertag des Jahres 1983 zuschnappte.
Im Gerichtsgefängnis von Bozen war es alles eher als gemütlich. Denn zeitweilig war Winkler dort in einer Zelle mit anderen 15 Mithäftlingen eingepfercht. Dabei kamen ihm einige Zweifel, ob seine Erinnerung an die italienische Verfassung richtig war. Aus der Staatsbürgerkunde glaubte er nämlich zu wissen, dass der Angeklagte bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt. Auch war er der Meinung, dass bei der von ihm erlebten Behandlung der Gefangenen deren von der Verfassung geforderte Wiedereingliederung in die Gesellschaft nicht gelingen konnte. Jedenfalls erreichte er seine Überstellung ins Bezirksgefängnis von Meran. Dort ging es viel humaner, ja fast schon familiär zu. Die Gefangenen konnten sich sogar selbst bekochen. Winklers Mithäftling war ein wahrer Haubenkoch. „Dort habe ich die beste Pasta meines Lebens gegessen“, meint er schmunzelnd im Rückblick. Auch zu politischen Gesprächen hatte er im „Tschumpus“ Gelegenheit. Von einem Mithäftling bekam er folgende ironische Analyse zur Entwicklung Italiens nach dem 2. Weltkrieg:“ Come gli italiani hanno superato il fascismo? Pitturando una croce rossa sulla camicia nera.“ Also …, wie haben die Italiener den Faschismus überwunden? Indem sie ein rotes Kreuz (DC) auf das Schwarzhemd malten. Meloni lässt grüßen!
Winkler kann heute seinem Abenteuer mit der Justiz sogar positive Aspekte abgewinnen: „Ich habe viel für mein Leben gelernt.“
Peter Tappeiner,
Rechtsanwalt
peter.tappeiner@dnet.it 

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