Nationalpark Stilfserjoch: Unser exzessiver Ressourcenverbrauch - Ein Paradigmenwechsel ist dringend notwendig

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Der Erderschöpfungstag nach einzelnen Ländern: Die industrialisierten Ländern leben auf Kosten der armen Länder auf der Südhemisphäre. Die wohlhabenden Länder haben deswegen in Zeiten des Klimawandels auch eine Bringschuld gegenüber den ärmeren. Quellen: https://www.overshootday.org/newsroom/country-overshoot-days/ Der Erderschöpfungstag nach einzelnen Ländern: Die industrialisierten Ländern leben auf Kosten der armen Länder auf der Südhemisphäre. Die wohlhabenden Länder haben deswegen in Zeiten des Klimawandels auch eine Bringschuld gegenüber den ärmeren. Quellen: https://www.overshootday.org/newsroom/country-overshoot-days/

Wolfgang Platter, am Tag der Hlg. Maria Magdalena, 22. August 2022

Hand aufs Herz: Wer von uns hätte vor Ausbruch des Ukraine-Krieges an die gravierenden Folgen des Krieges auch für uns in Mittel- und Westeuropa oder für die armen Länder in Afrika und deren not- und hungerleidenden Menschen gedacht? Nahrungsmittelkrise, Hungersnot, Energiekrise, Erdgas als Waffe und Erpressung, Beschuss des ukrainischen Atomkraftwerkes Saporischschja, Gefahr einer weiträumigen nuklearen Verseuchung. Und die russischen Atomwaffen als zusätzliche Bedrohung.
Krieg, Corona-Pandemie und Klimawandel sind drei sich überlagernde Problemkreise, welche keine einfachen und schnellen Lösungen haben und die Weltgemeinschaft als Ganzes, die Menschen als Sozialwesen und die politischen Organe als Entscheidungsträger extrem fordern. Auch für meinen heutigen Beitrag zitiere ich wieder Mojib Latif, den Kieler Universitätslehrer und Forscher aus seinem neuen Buch „Countdown. Unsere Zeit läuft ab – was wir der Klimakatastrophe noch entgegensetzen können“ (Herder Verlag 2022). Latifs Formulierung „mit dem Rücken zur Wand“ scheint allzu pessimistisch, ist es aber im Lichte der verschiedenen Krisen nicht.
Wer hätte vor dem Ukraine-Krieg angenommen, dass pazifistische Bewegungen, ökologisch orientierte Parteien in Regierungsverantwortung für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine zu deren Verteidigung einstehen müssten? Oder dass zur Abdeckung des Energiebedarfes zur Verfeuerung von Kohle als fossilen Energieträger zurückgekehrt werden würde? Dass Atomkraft als nachhaltige Energieform eingestuft würde? Mehrere Paradigmenwechsel sind notwendig.

Der Erdüberlastungstag
Losgelöst von den Folgen des Krieges Russ-lands gegen die Ukraine steht schon lange fest, dass die Erde übernutzt wird. So fiel der Erdüberlastungstag im Jahr 2021 auf den 29. Juli. Dieser Tag markiert den Zeitpunkt im Jahr, bis zu dem die Menschheit so viele Ressourcen von der Erde beansprucht hat, wie der Planet im gesamten Jahr erneuern kann. Anders ausgedrückt: Mit unserem Ressourcenverbrauch leben wir auf Pump, weil wir 1,7 Erden verbrauchen, die es aber oversh 2nicht gibt. Die Auswirkungen der Überbeanspruchung unseres Planeten sind heute nicht mehr zu übersehen und für Millionen Menschen schon spürbar. Der Klimawandel gipfelt immer häufiger in zunehmenden Extremereignissen und Wetterkatastrohen mit Wirbelstürmen, Überschwemmungen, Dürren, Bränden. Die Feststellungen der Wissenschaft, dass die Erde die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht hat, sind keine panikmachenden Behauptungen, sondern datengestützte Fakten.

Mangelware Trinkwasser
Neben dem Klimawandel gibt es weitere Gründe für den ökologischen Krankheitszustand der Erde. Etwa die Verknappung des Trinkwassers. Auf der Erde gibt es zwar Wasser in Hülle und Fülle, aber vor allem als Salzwasser in den Ozeanen. Das Süßwasser findet sich gebunden in großen Mengen im Festlandeis Grönlands und der Antarktis und ist somit kaum verfügbar. Als Trinkwasser oder Bewässerungswasser relativ einfach zugänglich sind gerade einmal 0,3% des auf der Erde vorhandenen Wassers. Gut die Hälfte der Weltbevölkerung lebt bezüglich des Trinkwassers in unsicheren oder gar prekären Verhältnissen. Die weiter voranschreitende globale Erwärmung wird die Trinkwasserknappheit in vielen Gebieten der Erde weiter verschärfen, so auch im Mittelmeerraum. Die Sommertrockenheit nimmt zu und die Bodenfeuchte ab. Dies wird vor allem in der Land- und Forstwirtschaft zu Schäden und Ernteeinbußen führen.

Überfischung
Ein weiteres Beispiel dafür, dass wir Menschen wegen der Übernutzung der Erde an Grenzen stoßen, ist die Überfischung der Meere. Zahlreiche Fischbestände drohen wegen anhaltender Überfischung zusammenzubrechen. Auch im Bereich der Hochseefischerei dominiert immer noch das Gewinnstreben, die Empfehlungen der Wissenschaft werden missachtet.

Tank und Trog statt Teller
Die fortgesetzte Zerstörung der tropischen Regenwälder ist ein weiteres Beispiel der Übernutzung von Ressourcen. Zur Erzeugung von Biosprit oder Viehfutter auf gerodeten Waldflächen anstelle von Nahrungsmitteln für die anwohnende Bevölkerung hat die Lokalzeitung „Dolomiten“ unlängst treffend getitelt: „In den Tank und in den Trog statt in den Teller“.

Ein Plastikkontinent entsteht
Die riesigen Mengen Plastikmüll in den Weltmeeren haben sich stellenweise durch Meeresströmungen so verdichtet, dass Quadratkilometer große Inseln aus Plastikflaschen entstehen. Aber nicht nur an der Wasseroberfläche schwimmt das Plastik. Zu Mikroplastik zerfallene Teilchen haben sich schon in den Nahrungsketten von den mikroskopischen Einzellern bis zu uns Menschen angereichert.

Das Korallensterben
Das Korallensterben in den tropischen Riffen durch die Erwärmung und Versauerung des Meerwassers hat ein geradezu erschreckendes Ausmaß angenommen. In immer größeren Bereichen der Riffe kommt es zur gefürchteten Korallenbleiche. Ehemals artenreiche Riffe werden zu Meereswüsten.
Intakte Korallenriffe und tropische Regenwälder gehören zumindest bis heute noch zu den artenreichsten Lebensräumen der Welt. Veränderungen und Verschlechterungen in diesen Lebensräumen führen zu enormen Verlusten in der Biodiversität.

Verknappung der Energie
Die massive Abhängigkeit vieler europäischer Staaten von russischen Gaslieferungen hat nach der Drosselung dieser Lieferungen „über Nacht“ zu einer heftigen Energiediskussion geführt. Den vielen Vorschlägen aus den verschiedenen politischen Lagern zum Umstieg auf mehr Selbstversorgung, Diversifizierung und Erneuerbarkeit der Energieträger fehlt die Zeit zur Umsetzung. Überbrückungen sind notwendig. In Europa wird zur Zeit heftig darüber gestritten, ob Atomenergie als nachhaltig eingestuft werden kann. Auch Erdgas sollte nach dem Willen der besonders gasabhängigen Länder als nachhaltig eingestuft werden. Und als Überbrückung des zu erwartenden Energieengpasses soll auch wieder verstärkt auf die Kohle als fossilen Energieträger zurückgegriffen werden. Jene Kohle, welche die Luftqualität schwer beeinträchtigt und durch den sauren Regen zu einem großflächigen Waldsterben geführt hatte.
Auch wenn wir uns als Staaten und Gesellschafen im kommenden Winter und darüber hinaus in einer Energiekrise befinden werden, kann und muss objektiv gesagt werden, dass weder die Atomenergie noch die Energie aus den fossilen Brennstoffen Erdgas und Kohle nachhaltig sind. Die Zukunft muss den Erneuerbaren Energien gehören.

Atomkraft – eine Brückentechnologie?
In der Eischätzung der ökologischen Wissenschaften ist die Atomkraft auch aus Gründen des Klimaschutzes ein großes Problem. Von der Atomlobby wird hingegen behauptet, Atomkraft würde das Klima schützen. In der Tat, beim Betrieb von Atomkraftwerken entsteht kein CO2 als Treibhausgas. Ich zitiere den oben bereits erwähnten Mojib Latif: “Bezieht man allerdings den gesamten Lebenszyklus eines Atomkraftwerkes inklusive Endlagerung in die Berechnung für den CO2-Ausstoß ein, steht Kernenergie zwar besser da als fossile Kraftwerke. Der Abstand der Atomkraftwerke von den Erneuerbaren Energieformen ist jedoch beträchtlich.“
Es gibt weitere Gründe zu einer ablehnenden Haltung gegenüber der Atomenergie:
• Die Atomkraft ist die teuerste Form der Energiegewinnung. Energie aus Wind und Sonne sind deutlich billiger.
• Atomkraft ist mit Sicherheitsrisiken behaftet. In Frankreichs Atomkraftwerken gibt es erste Sicherheitsprobleme, es fallen Reparaturen an und es gibt immer mehr Ausfälle. Gleichzeitig sprengen die neuen Atommeiler jede Kostenbilanz. Während Wind- und Solarstrom immer günstiger werden, wird Atomstrom immer teurer.
• Atomkraftwerke können entgegen einer weit verbreiteten Meinung nicht sicher betrieben werden. Kernkraftwerke haben nach Mojib Latif den Realitätscheck erwiesenermaßen nicht bestanden. Mehrere Unfälle seit Beginn der zivilen Nutzung der Kernkraft haben dies bewiesen, darunter die Super GAUs in Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011).
• „Im Gegensatz zur Nuklearenergie sind die Erneuerbaren Energien praktisch überall auf der Erde verfügbar, noch dazu zeitlich unbegrenzt“ schreibt Mojib Latif. Einschränkend muss aber gesagt werden, dass die Sonne nachts und bei Schlechtwetter nicht scheint und der Wind nicht überall und nicht ausdauernd weht. Die Erneuerbaren Energien sind daher stark fluktuierend. Sie erfordern deshalb auch neue Netzstrukturen und v. a. intelligente Netze.
• Die Auswirkungen von Atomunfällen sind nicht beherrschbar. Sie können betroffene Gegenden jahrtausendelang unbewohnbar machen.
• Die Entsorgungsfrage von Atommüll ist nach wie vor ungelöst.

Zum Schluss noch eine letzte Einschätzung von Mojib Latif: „Das Festhalten an der Atomkraft würde Innovation beschneiden und die globale Energiewende verzögern, die nötig ist, um die globale Erwärmung zu begrenzen. Atomkraft bürdet den zukünftigen Generationen unzumutbare Lasten auf. Atomkraft und Umweltschutz schließen einander aus.“

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