Nationalpark Stilfserjoch: Blütenbiologie - Sexualität bei Pflanzen

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Föhrenwald im Frühlingsblühaspekt mit Glockenheide; Foto: Mauro Zen Föhrenwald im Frühlingsblühaspekt mit Glockenheide; Foto: Mauro Zen

Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Valentin, 14. Februar 2022

Die Blüte ist die morphologische Ausprägung und sichtbare Form der geschlechtlichen Fortpflanzung von Sprosspflanzen. Die Blüten und die nachfolgende Samenbildung dienen dem obersten Ziel jeden Lebewesens: dem Erhalt der Art.
Neben der geschlechtlichen (sexuellen) Fortpflanzung gibt es bei Pflanzen auch die ungeschlechtliche oder vegetative Fortpflanzung etwa durch Bildung von Ausläufern (z. B. bei der Erdbeere), Brutknöllchen in den Blattachseln (Feuerlilie), Wurzelknollen (Kartoffel, Winterling, Dahlien), Zwiebeln (Tulpen, Narzissen) oder Rhizome (Schilf). Bei der sexuellen Fortpflanzung findet immer ein Austausch von Erbgut und damit dessen Neukombination statt. Bei der vegetativen Vermehrung unterbleibt der Genaustausch und die Tochterpflanze ist mit der Mutterpflanze völlig ident.

Sporen und Samen
Im Laufe der Entwicklungsgeschichte der Pflanzen sind zwei verschiedene Schienen zum Erhalt der jeweiligen Art entstanden:
• die Sporenpflanzen, mit dem botanischen Fachausdruck Kryptogamen genannt;
• und die Samenpflanzen (Phanerogamen).
Die Vermehrung durch Sporen ist die evolutionär ältere Form. Sporenpflanzen unter den rezenten Pflanzen sind alle Moose, die Flechten, die Bärlappe, Schachtelhalme und Farne.

Zwitterblüten und eingeschlechtliche Blüten
Die Blüte der Sprosspflanzen als aufrechte Landpflanzen mit Sprossachse, Stängel oder Stamm ist im Laufe der Jahrmillionen langen Entwicklung der Arten unterschiedlich ausgebildet worden. Wenn die weiblichen und männlichen Organe der Blüte von ein und derselben Hülle umschlossen sind, spricht man von Zwitterblüte. Die Blütenhülle kann bei den verschiedenen
Arten aus Kelch- und Kronblättern aufgebaut sein. Die Kelchblätter als äußere Blütenhülle können auch fehlen. Ja es gibt Blüten, die weder Kelch-, noch Kronblätter haben. Die Zwitterblüte ist die häufigste Form der samenbildenden Pflanzen.
Sind die Staubgefäße mit dem Pollenstaub als männliche Blütenorgane und der Fruchtknoten, der Griffel und die Narbe als weibliche Blütenorgane nicht in einer Blütenhülle vereint, sondern an der Pflanze getrennt als weibliche und männliche Blüten angeordnet, spricht man von eingeschlechtlichen oder getrenntgeschlechtlichen Blüten.

Einhäusige und Zweihäusige
Wenn nun die Männchen und Weibchen der Blüten auf ein und demselben Strauch oder Baum sitzen, werden diese Pflanzen als einhäusige Blütenpflanzen bezeichnet. Beide Geschlechter wohnen sozusagen in einem, im gleichen Haus. Einhäusige Arten unter den verholzenden Frühjahrsblühern sind unter den Laubgehölzen etwa die Hasel, die Birke, die Erle und die Pappel. Oder unter den Nadelbäumen die Fichte, Lärche, Tanne und alle Kiefern-Arten.
Die weiblichen und männlichen Blüten können aber auch auf zwei verschiedene Pflanzen oder „Häuser“ verteilt sein. Dann spricht man von zweihäusigen Arten. Zu den zweihäusigen Pflanzen gehören unter der einheimischen Wildflora alle Weiden-Arten (Salix spec.) und der Wacholder oder die Eibe. Unter den Kulturpflanzen ist der Kiwi-Strauch zweihäusig.

Insekten- und Windbestäubung
Im Laufe der Evolution der Pflanzen haben sich zwei Bestäubungsarten durchgesetzt: die Windbestäubung und die Insektenbestäubung.
Die Übertragung des männlichen Pollenstaubes auf die weibliche Narbe kann gezielt erfolgen oder dem Zufall überlassen sein. Die gezielte Form der Pollenübertragung ist die Insektenbestäubung, die park1zufällige, ungerichtete Form ist die Windbestäubung. Windbestäubt sind z. B. alle Arten von Gräsern oder die einheimischen Nadelbaum-Arten. Weil die Windbestäubung nicht zielgerichtet ist, müssen windbestäubte Pflanzen riesige Mengen an Pollenstub erzeugen und dem Wind als ungerichteten park2Bestäuber anbieten. In der Blütezeit des Nadelwaldes können dann bei Windstößen ganze Pollenstaubwolken in Gelb zu sehen sein: Der Wald stäubt, er blüht.
Insektenbestäubung hingegen ist zielgerichtet: Insektenbestäubte Pflanzen kommen mit viel kleineren Mengen an Blütenstaub aus. Eine sehr gezielte Form der Insektenbestäubung haben die Orchideen: Sie erzeugen nur mehr zwei Pollenpakete, Pollinien genannt, die sie dem Bestäubungsinsekt Biene, Hummel oder Fliege beim Blütenbesuch auf der Suche nach Nektar an den Kopf kleben. Das Bestäubungsinsekt ist als blütensteter Befruchter ein verlässlicher Frächter und gibt die Pollenpakete beim Besuch der park3nächsten Orchideenblüte an die Narbe als weiblichen Blütenapparat weiter. Blütenstet bedeutet, dass Bestäubungsinsekten bei ihren Sammelflügen nicht die Pflanzenartwechsel, sondern die Blüten der gleichen Pflanzenart anfliegen. Die Blütenstetigkeit erhöht den Befruchtungserfolg, weil der arteigene Pollen und nicht artfremder Pollen auf die nächste Blüte kommt.

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