Der Vater war Kriegsinvalide und bei der Feld und Waldarbeit auf Mithilfe angewiesen. Während ihre älteren Geschwister Dienststellen antraten, blieb Rosa daheim. Sie hielt die Zügel der Ochsengespanne, beim Mistausbringen und beim Holzholen. Den Hof teilte sich ihre elfköpfige Familie mit einer anderen Familie. „Miar hoobm lei a holbs Recht kopp“, erklärt sie. Es war eng, auch beim täglichen Rosenkranzbeten in der Stube. Rosa besuchte die Schule vor der Haustür. Die Lehrerin wohnte dort, der Pfarrer im Widum. Mit der Schulmesse in der kleinen Kirche begann der Unterricht. Der Italienisch-Lehrer kam für zwei Stunden wöchentlich von auswärts und ließ oft auf sich warten oder kam überhaupt nicht. „Sel isch inz lai gleich gweesn“, meint Rosa. Die kleine Plawenner Welt verließ sie meist nur wenn Marktzeit war, und das immer zu Fuß. Als 13-Jährige trieb sie einem Stier bis zum Prader Markt. „Unt hoam nemman hon i in Stier norr a obr kennt“, erinnert sie sich. Rosa besuchte die Hauswirtschaftsschule in Kortsch und einen Kochkurs im Martinsheim in Mals. Über das Fotoalbum, das ihr die Schwester Cyrina als Lohn überreichte, freute sie sich riesig. An Sonntagen trafen sich die jungen Leute aus Plawenn und Planeil auf einem der Höfe zum Tanz. Im Winter organisierten sie Rodelrennen. Mit dabei war auch Josef Theiner, ein Bauernsohn aus der Nachbarschaft. Dieser bestand darauf, dass Rosa auf seiner Rodel Platz nahm. Beide siegten. Rosa erinnert sich noch gut an den Preis: einen Kamm mit Spiegel. „I hon bunte Schmetterlinge in Bauch kopp“, schwärmt sie. Das verliebte Paar traf sich heimlich. Die Schmetterlinge verblassten als sie merkte, dass sie schwanger war. Was würden die Eltern zu dem sagen? Was die Leute? Ein „lediges Kind“ wurde damals als Schande angesehen. Das junge Glück war getrübt, denn an eine sofortige Heirat war nicht zu denken. Um das Gewissen zu erleichtern, beichtete das verdatterte Paar bei den Kapuzinern. „Es hot ins schwar druckt“, erinnert sie sich. Schließlich kam Rosa nicht umhin, ihre Familie einzuweihen. „Begeistert sein sie nit gweesn, obr es isch norr olz guat gwortn“, sagt sie. Die kleine Tochter versöhnte alle. Jahre später heirateten Rosa und Josef im kleinen Kreis in der Wallfahrtskirche in Riffian. Die Hochzeitsreise führte sie nach Venedig. „Noch zwoa Tog sein miar hoam heufiarn“, lacht sie. Das Paar richtete sich im Dörfl in einem kleinen Hof ein, den sie aufwändig selbst renoviert hatten. Auch Rosas Schwiegereltern zogen ein. Weitere vier Töchter und drei Söhne brachten Leben ins Haus. Es war eng und die Schwiegermutter wachte über alles. Die Familie lebte von der kleinen Landwirtschaft und vom Lohn, den Josef als Waldarbeiter und als Liftbediensteter auf der Haider Alm verdiente. Hie und da kam es vor, dass Rosa bei der Stallarbeit alleine war, während sich Josef mit Kollegen beim Apres Ski aufhielt. „Oft hon i mi schun gärgert unt hon gschumpfn“, erklärt sie. Er entschuldigte sich jedesmal reumütig, und alles war wieder gut. „I konn nit Kopf mochn“, erklärt sie. Das Ehepaar ging gemeinsam durch dick und dünn. Eine schwere Zeit brach an, als Josef 1991 an einem Kopftumor erkrankte. Krankenhausaufenthalte reihten sich aneinander. Rosa betreute ihren Mann unterstützt von den Kindern. Josef schaffte es nicht. Er starb zwei Jahre später. Seit 23 Jahren ist Rosa nun schon Witwe. Kraft holt sie im Gebet und bei der Sonntagsmesse. „Wenn ma in Sunnta nit Kirchn geat, isches koa Sunnta“, betont sie. Gerne besucht sie Wallfahrtsorte. Kein Weg ist ihr zu weit, denn sie liebt das Autofahren. „I kannt fohrn bis Potsdamm“, scherzt sie. Und sie liebt das Schwimmen, das sie in der Seniorengruppe bei Rosa Prenner gelernt hat. Sobald ihre Wohnung renoviert ist, kehrt sie wieder ins Dörfl zurück. Bis dahin hilft sie im Hotel bei der Wäsche und kümmert sich um die Blumen.
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