Dienstag, 16 September 2014 09:06

Das Königreich Sulden

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Ferner 1Eine Unterhaltung in der Vinschger Bahn, es geht um Sulden und das neue Buch mit dem Titel „Der Ortler und der Vinschgau in alten Ansichten“ von Arnaldo Loner und Gianni Bodini. Darin befindet sich ein Bild mit dem Gletscherstand aus dem Jahr 1825 und es kann mit einer späteren Darstellung aus dem Jahr 1890 verglichen werden. „Das Eis war 1818 nur noch 346 Schritte von Innersulden entfernt, näherte sich bedrohlich den Gamphöfen und versetzte die Menschen in Angst und Schrecken. 90 Jahre später war der Gletscher bereits um 952 Meter geschrumpft“.

Ein kolorierter Holzstich zeigt eine von grünen Wiesen umgebene Hofsiedlung. „Der aus dem Kamin aufsteigende Rauch verleiht dem Bild eine friedliche Atmosphäre“, schreibt Gianni Bodini.
Aber bei diesem Buch ist er nicht als Fotograf  beteiligt, sondern als Erklärer der alten Ansichten, auf denen unzählige kleine Details Auskunft über das Leben im Vinschgau und im Hochtal vermitteln.“Um Landschaft und Menschen seines Tales noch besser kennen zu lernen“,  lesen wir im Klappentext des Buches, „legt Bodini Jahr für Jahr mehr als 1000 Kilometer auf den Steigen und Wanderwegen des Vinschgaus zurück“.
Erschienen ist das Buch im Tappeinerverlag und es enthält eine Auswahl der reichen Graphiksammlung des Bozner Rechtsanwaltes Arnaldo Loner. Die deutsch und italienisch verfassten Bildtexte erklären die Stahlstiche, Holzstiche, Aquarelle, Farblithographien, Chromolithographien, Aquatinten. Eine ausklappbare Panorama Farblithographie beschließt das 130 Seiten umfassende Buch. Es ist zugleich Beschreibung der Landschaft und Kulturgeschichte mit Bildtexten von Gianni Bodini. Zu Mals schreibt er: „Im belebten Bildvordergrund gehen Bauern und Bäuerinnen in ihren tsuldenfernerypischen Trachtenkleidern der Heuarbeit nach. Die Gipfel im Hintergrund sind mit fast fotographischer Genauigkeit wiedergegeben. Von links nach rechts gut zu erkennen sind die Tschenglser Hochwand, die Königsspitze und der Ortler.“
Wenn von Sulden gesprochen wird, dann fallen sofort die Namen wichtiger Persönlichkeiten und der vielen Superlative im Hochtal. Hier wird es international. Die Suldner sind Bergführer, schon lange; es gibt ein eigenes Museum und auch ein Buch über die Geschichte der Bergführer von Andrea Kuntner; sie schreibt darin auch  über   ihren Großvater und wird dadurch selbst zur Bergführerin.
P1000542Der Pfarrer Dr. Josef Hurton - 1928 in der Slowakei geboren und von den Italienern Don Hurton genannt - verließ die kommunistisch regierte Heimat, weil er  dort wegen seines starken Glaubens stets verfolgt und behindert wurde. Neben seinen zahlreichen Publikationen zur alpinen Kultur wurde er auch zum Begründer der Bergrettung. Vielseitiger Anreger und Vermittler, unter anderem auch als Bindeglied zwischen dem „König der Achttausender“ Reinhold Messner, dem „Burggrafen“ Paul Hanny, der Bundeskanzlerin Merkel und der Heidi. Dort, bei der Heidi, im Hotel Marlet, gefällt es der Angela, weil sie Prunk und Glamour vermeidet und heuer schon zum siebten Mal Urlaub machte. Diesmal wurde ihr zum Abschied vom Dr. Hurton das hier besprochene Buch geschenkt, wofür sie sich persönlich mit einem Brief bei Arnaldo Loner bedankte.
Aber noch ein Wort zum „Burggrafen“ Hanny Paul, der zusammen mit Messner hier viel aufgebaut hat. Er sorgte dafür, dass Sulden immer wieder in der deutschen und auch internationelen Presse als eine in sich ruhende Welt und als Königreich der Träume Aufsehen erregte. So etwa, als darüber berichtet wurde, dass eine Kuh 17.000 D-Mark aus einem abgehängten Rucksack mit den gesamten Einnahmen einer Saison gefressen hätte. Mit der Angela macht er weltpolitische Betrachtungen, bedauert die Politikerin, weil sie 80 Millionen Menschen lenken muss. Über mehr als 350 Leute - das ist die Einwohnerzahl von Sulden - ist eine Herrschaft nicht wirklich möglich, meint der Hanny. Um den Verlust des gefressenen Geldes auszugeichen, gründete er zusammen mit  berühmten Schikanonen eine eigene Landeswährung, „Tschosch“ genannt, wovon noch einige Scheine im Umlauf sind, in Gestaltung und Farbgebung ähnlich den Schweizer Franken.  
P1000523Über all diese Zusammenhänge wurde im Vinschger Zug gesprochen, wobei sich auch ein Außersuldner zu Wort  gemeldet hat. Damals, so wusste er zu berichten, als das Gletschereis alles zu verschlingen drohte, damals ging der Pfarrer „bewaffnet mit einer Monstranz“ dem drohenden Ungetüm entgegen, beschwor den weißen Drachen, betete und segnete das Tal. Und siehe da, der Eisfluss hat sich beruhigt, ist zurückgewichen. Aus Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten, der heiligen Hostie, die in der Monstranz so weiß leuchtet wie Gletschereis.

Hans Wielander 

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