Albrecht Plangger: Bis jetzt einen C-Bock, einen Knopferbock. Auf die Gämse gehe ich, wenn der Schnee kommt und die Hirschbrunft ist im Oktober. Kein Stress.
Zum Abschuss freigegeben ist auch der Senat. Der Kammerabgeordnete Albrecht Plangger soll den Senator Karl Zeller abschaffen. Die Abschaffung bzw. die Umwandlung des Senates, also des Zweikammersystems in Italien ist eine der Reformen der aktuellen Regierung. Was gefällt Ihnen an Premier Matteo Renzi?
Der Schwung, mit dem Renzi die Reformen durchziehen will. Er drückt alle so an die Wand, dass die Reformen gemacht werden müssen. Zudem kann dieses komische Verhältnis von Renzi zur Opposition um Berlusconi ein Glücksfall für Italien sein, dass die Reformen tatsächlich gemacht werden. Seit 30 Jahren stehen diese Reformen an, jeder ist dafür, dass der Senat umgewandelt werden soll in eine Art Kammer der Regionen, dass dieses Zweikammersystem abgeschafft wird und die ganze Bürokratie drumherum. Renzi ist vielleicht der Einzige, der das hinbekommen kann. Auch weil er in der Opposition jemand hat, der auch ein Interesse daran hat, sich ein Denkmal zu setzen.
Vernachlässigt Renzi dabei aber nicht die Wirtschaftspolitik?
Wenn das Parlament mitspielen würde, wären Verfassungsgesetz, Wahlgesetz usw. bereits gemacht worden. Man will eben die Reformen nicht umsetzen. Wären die Reformen umgesetzt, hätte sich Renzi längst schon wieder Sachthemen widmen können. Auch von daher ist der Stress im Parlament zu erklären, weil die Wirtschaftsthemen brennen und auf sich warten lassen - gerade in einer noch nie dagewesenen riesigen Krise.
Sie befürworten also Gangart und Reformwut von Renzi?
Ja, auf jeden Fall.
Welches sind Ihre persönlichen Steckenpferde in der Abgeordnetenkammer?
Ich bemühe mich im heurigen Jahr um die Autonomie der Gemeinden. In Rom ist eine Zentralisierung im Gange, eine Fusionitis, Gemeinden sollen fusionieren, das Berggebiet wird dabei gleich behandelt wie der urbane Raum. Das ist der falsche Weg. Die Gemeinden müssen ihren Spielraum behalten können, müssen selbst verwalten können. Mit einer Zentralisierung stirbt die Peripherie. In diesem Bereich versuche ich, Seilschaften zusammenzubringen, damit die Gemeinden eine Verwaltungsautonomie behalten können.
Wie ist das Echo auf der Suche nach Seilschaften im Parlament?
Mittlerweile sind viele Leute sensibilisiert. Das Problem ist, dass es lange dauert, bis meine Kollegen das Problem wahrnehmen.
Weil niemand aus der Gemeindepolitik kommt?
Das ist es nicht. Es sind sehr viele aktive Bürgermeister im Parlament. Das Problem ist, dass man ein Problem erst dann wahrnimmt, wenn es schon Gesetz ist. Wir haben zwei Monate vorher gewusst, dass ab 1. Juli Aufträge zentral ausgeschrieben werden sollen, was zu einem totalen Chaos führen wird. Bis man die Leute dazu bringt, sich zu wehren oder Aktionen zu setzen, dauert es zu lange. Da sind wir mentalitätsmäßig weit voneinander. Wir versuchen, auftauchende Probleme im Vorfeld zu lösen. Das ist derzeit meine Hauptarbeit.
Welche Problemfelder bearbeiten Sie zudem?
Die Problematik rund um den Nationalpark ist in Rom einen großen Schritt weitergekommen. Allderdings beginnt jetzt die Hauptarbeit. Wir wollen mehr Verantwortung übernehmen. Das Umweltministerium hat die Sache noch nicht akzeptiert und muss vom Ministerpräsidenten irgendwie dazu gezwungen werden. Die Termine laufen. Wir warten jetzt nicht zu, sondern werden gemeinsam mit den Trientnern alle Vorbereitungen machen.
Das Ziel ist?
Das Ziel ist, dass die autonomen Provinzen ihren jeweiligen Parkanteil selbst verwalten. Das Konstrukt Nationalpark funktioniert mit den drei Regionen nicht, weil nicht alle drei die gleichen Interessen haben. Wenn die autonome Provinz sagt, wir wollen den Park aufwerten, dann sagen die Lombarden, wir lassen euch das tun, wenn ihr die Arbeit machts und auch noch alles zahlts. Von dieser Verhinderungspolitik wollen wir raus. Die Zeit, als man gesagt hat, dass der Park weg muss, ist vorbei. Jetzt sagt man, dass der Park aufgewertet werden soll. Wenn wir uns nach deutschen oder österreichischen Vorbildern orientieren wollen, dann weiß man, dass dort etwas läuft. Wenn wir die Lombarden da mitziehen müssen, kommen wir nirgends hin.
Sie waren kürzlich, zusammen mit einer Delegation, bei der Unterstaatssekretärin Silvia Velo, die auch für die Energie zuständig ist. Was war da Thema?
Thema war vor allem der Biomassebereich. Da gibt es einige Probleme, die zu lösen sind. Im Ministerium liegen seit zwei Jahren 60 bis 70 Millionen Euro, mit denen Fernheizwerke vor allem beim Netz gefördert werden sollen. Das Geld ist vorhanden und uns treibt die Sorge, dass dieses Geld anderweitig verwendet wird. Ein zweiter Punkt: Seit 1.1.2014 ist die steuerliche Begünstigung, welche im Cent-Bereich liegt, für Anschlüsse an Fernheizwerke zurückgefahren worden. Ich sage, dass dies eine falsche Botschaft ist, vor allem ans Berggebiet mit entsprechenden klimatischen Verhältnissen, wo auch keine Methangasleitung hinführt. Auch wurde die seit einem Jahr beschlossene Tarifbegünstigung für die Verwendung von heimischem Holz bei Holzvergaseranlagen bis heute nicht umgesetzt. Bei uns wurde auch aufgrund dieses Tarifes einiges investiert.
Sind Sie mit den Problemen auf Verständnis gestoßen?
Das Verständnis ist schon da, aber das Umweltministerium ist äußerst schwach aufgestellt. Wer das Sagen hat, ist das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen. Dorthin wird uns der nächste Schritt führen.
Bleiben wir bei der Energie. Sie sind auch Präsident des Vinschgauer Energiekonsortiums. Der Ankauf des Stromnetzes im Vinschgau kommt offensichtlich nicht vom Fleck. Warum nicht?
Wir sind immer noch im Rennen. Aber wir haben Riesenprobleme, Vertrauensprobleme in die SELnet. Die Landesregierung hat gesagt, dass wir das Stromnetz übernehmen können, die SELnet tut alles, um diesen Beschluss zu untergraben. Wir sind bis heute nicht imstande gewesen, diesen Widerstand in der SELnet zu brechen.
Hat die Landespolitik da nichts mehr zu melden?
Zu wenig, viel zu wenig. Die SELnet will eine Stromleitung bauen, die ein künftiges Matscher E-Werk mit dem übrigen Netz verbindet. Da wird die teuerste Variante genommen, mit Kosten um die 3 Millionen Euro. Baut die SELnet diese Leitung, ist die Gemeinde Mals finanziell nicht in der Lage, diese zurückzukaufen. Wenn wir diese Leitung als Gemeinden, als Vinschgauer Energiekonsortium, zurückkaufen sollten, dann sagen wir, wir wollen mitplanen, es muss nicht die teuerste Variante sein. Anstelle der Leitungsverlegung unter die Landestraße kann man auch eine Forststraße hernehmen. Da ist eben das große Vertrauensproblem. Mit solchen Aktionen versucht die SELnet, einen Ankauf des Stromnetzes zu verunmöglichen. Ein ähnliches Problem haben wir bei der Primärkabine in Glurns, die einen neuen Anschluss für Prad und Stilfs darstellt. Dort wurde vereinbart, dass die SELnet Investitionen in einer Höhe von rund 300.000 Euro macht. Jetzt sind wir draufgekommen, dass die SELnet eine Million Euro investiert hat. Und niemand sagt uns das im Vorfeld. Unsere Rechnung stimmt dann hinten und vorne nicht mehr. Es braucht da ein Köpferollen. Die Sache bekommt jetzt eine andere Dimension. Wir geben aber nicht auf, zuviel Energie haben wir schon investiert und die Gelegenheit, ans Netz zu kommen, gibt es nur einmal. Ich habe überhaupt kein Problem damit, mit der SEL, die hinter der SELnet steht, den Stromstreit wieder zu eröffnen. Da hab ich noch Karten in Hülle und Fülle in der Hand. Da ist noch einiges offen, um der SEL das Leben sehr, sehr schwer zu machen.
Ist diese Botschaft in Bozen schon angekommen?
Die setz ich schon.
Sie sind auch ein politisches Schwergewicht der Südtiroler Volkspartei vor Ort, nämlich SVP-Bezirksobmann. Gehen Sie selbst Mitglieder bzw. Kartlen sammeln?
Meine Grauner Kartlen sammle ich als dortiger SVP-Vizeobmann schon selber.
Mit gutem Erfolg?
An die 10 bis 15 Prozent weniger werden wir haben. Das ist so. Die Sammlung ist durchzuführen. Wir können nicht die finanzielle Situation der Partei verschlechtern. Wenn die Gemeinderatswahlen im Herbst zu greifen beginnen, bekommt die Partei wieder mehr Gewicht. Den Mitgliederverlust muss man hinnehmen und man wird sicher so langsam wieder aufholen können.
Rentenskandal, SEL-Skandal, Politikverdrossenheit: Mit welchen Argumenten wollen Sie das Vertrauen in die Politik bzw. in die Politiker aus den eigenen Reihen bei den Leuten wieder herstellen?
Wir haben gesagt, dass wir die Sammlung von Kartlen einstellen, bevor die Partei das Problem mit den Renten nicht gelöst hat. Für mein Dafürhalten ist das Problem nun gelöst worden. Bei der finanziellen Situation bewegt sich die Partei auch, man hat begonnen Immobilien zu verkaufen, es wird eingespart, wo man kann. Eine Mindeststruktur muss in der Peripherie bleiben.
Ist es ein Vorteil, dass man mit Manuel Massl einen jungen Parteisekretär hat, der zudem noch aus dem Vinschgau kommt.
Das ist sowieso ein Vorteil. Wir sind ganz an der Quelle.
Wenn wir in Ihre Heimatgemeinde Graun blicken, in der Sie 20 Jahre lang Bürgermeister waren: Welche ist Ihre Meinung zu den Skigebieten im Oberland, zu einem Zusammenschluss Langtaufers-Kaunertal, zur Skipistenverbindung Haideralm-Schöneben?
Mir persönlich haben vielleicht einige Monate als Bürgermeister gefehlt, um dieses Problem zu lösen. Die neue Gemeindeverwaltung hat einen anderen Weg eingeschlagen und ich habe mich in die Diskussion nicht eingemischt.
Der aktuelle Lösungsvorschlag, die Haideralm mit Schöneben zusammenzuschließen war auch Ihre Lösung.
Bei meiner Lösung wäre die Finanzierung schon da gewesen. Mein Weg war ein anderer und zwar über die Haideralm nach Schöneben und nicht direkt von St. Valentin nach Schöneben.
Und Kaunertal?
Das war und wird immer Thema bleiben, solange man im Kaunertal Ski fährt und dort über keine 100 Prozent sichere Zufahrt zum Skigebiet verfügt. Der erste Weg muss aber sein, Haideralm und Schöneben in eine Gesellschaft zu bringen, Maseben muss da eingebunden sein. Wenn diese Gesellschaft dann sagt, dass eine Verbindung auf die Weißseespitze gut wäre, muss man die, auch im Tal, vorbereiten. Nochmals: Der erste Schritt muss eine Einheitsgesellschaft sein, damit nicht jeder jeden ausspielt.
Urlaubszeit in Kammer und Senat. Was wünschen Sie sich im Herbst in Rom?
Ich bekomme es im Herbst sicher streng. Wenn die Herren Senatoren das Problem in die Kammer schicken, müssen wir uns damit befassen. Dann soll das Wahlgesetz Thema werden, bei dem wir für Südtirol eine ganz gute Lösung ausgearbeitet haben. Da darf ich nichts anbrennen lassen. Und Wirtschaftsthemen müssen angegangen werden. Ich möchte im Herbst auch schauen, dass wir über die 12er Kommission die autonomen Möglichkeiten auch im Jagdrecht voll ausgeschöpfen können.
Sie wollen also auch in Zukunft Gämse und Hirsch unter dem Südtiroler Jagdrecht schießen?
Ja, wir müssen schauen, alle autonomen Kompetenzen voll auszuschöpfen und uns von Rom möglichst abkoppeln. Weil die Jagd für uns etwas anderes ist, als für einen Süditaliener.
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