Dienstag, 29 April 2014 09:06

Nationalpark Stilfserjoch - Der Wolf kehrt in die Alpen zurück

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084B4Wolfgang Platter, am Tag des Hlg. Georg, 23. April 2014

Der Wolf (Canis lupus) kehrt spontan und von allein in den Alpenbogen zurück. Wegen der Verluste von Haustieren war der Wolf in den Alpen durch menschliche Bejagung und Auslegen von Giftködern völlig ausgerottet worden. Die Wildbiologen erwarten, dass sich in den nächsten Jahren die sogenannten „Westwölfe“ und „Ostwölfe“ in den Zentralalpen treffen werden.

Die Westwölfe sind Apenninen-Wölfe, welche über die westlichen Seealpen einwandern. Die Ostwölfe werden  von der dinarischen Population vom Balkan über Slowenien, Kärnten und Osttirol nach Südtirol kommen.
Für das Jahr 2009 wird der Bestand der Wölfe in den Alpen von der Fachwelt mit 32 Rudeln und mindestens 150 Wölfen angegeben. Im Grenzgebiet zwischen Nonsberg und Ulten ist der männliche Wolf M24 seit nunmehr vier Jahren präsent.   Ein Ostwolf aus Slowenien hat  sich im  Frühjahr 2013  in den Lessinischen Alpen im südöstlichen Trentino an der Grenze zur Provinz Verona mit einer  Apenninen-Wölfin gepaart.  Die Einwanderung  des Wolfsrüden in den Nonsberg und nach Ulten und der erste Wurf einer Wölfin eben in den Lessinischen Alpen sind der Anlass, im heutigen Beitrag eine Zusammenfassung über die Ausbreitung des Wolfes zu versuchen und Informationen zu seiner Biologie zu liefern.   

Der gesetzliche Schutzstatus
Der Wolf ist durch das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES-Abkommen) international geschützt. Diesem Abkommen vom 3. März 1973 sind 52 Staaten beigetreten.  Die sogenannte „Berner Konvention“ führt den Wolf als gefährdete Art in ihrem  Anhang 4. Die Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft 92/43, besser bekannt unter dem Kürzel FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) aus dem Jahre 1992 wurde von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft übernommen. Sie listet den Wolf im Anhang IV als stark geschützte Art und seine Lebensräume im Anhang II auf.

4N00650Zoologische Systematik
Der Wolf  (Canis lupus, Linnaeus 1758) gehört in der zoologischen Systematik zur Ordnung der Raubtiere (Carnivora) und innerhalb dieser Ordnung zur Familie der Hunde (Canidae) und zur Gattung der Wolfs- und Schakalartigen (Canis). Die Aufgliederung der Art Wolf in Unterarten ist bis heute umstritten. Aus den genetischen Untersuchungen von Mitochondrial-DNS haben sich die Systematiker auf 13 lebende und 2 ausgestorbene Unterarten geeinigt. Im Rahmen dieses Beitrages seien  nur der Eurasische Wolf (Canis lupus lupus) und der Italienische Wolf (Canis lupus italicus) als zwei für die Alpen geographisch bedeutsame Unterarten genannt. Das Verbreitungsgebiet des Eurasischen Wolfes umfasst Europa, Skandinavien, Russland, China, Mongolei und Himalaya und sein Bestand wird auf 100.000 Exemplare geschätzt. Der Italienische Wolf hat im Apennin in einer Populationsstärke von ca. 100 Tieren überlebt. Er war von der Ausrottung bedroht, ist in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts  gesetzlich streng geschützt worden und sein Bestand ist heute auf geschätzt 800 – 1.000 Tiere angestiegen.

Soziale und räumliche Organisation der Wölfe
Wölfe leben im Normalfall als Familienverband in  Rudeln, in der Wildnis aber auch als Einzelwolf. Im Alter von zwei Jahren erreichen sie die Geschlechtsreife (Haushunde nach 7-11 Monaten). Die Eltern dominieren gegenüber den Jungen des letzten und des vorausgehenden Wurfes. Wölfe besetzen feste Reviere, die sich nur an den Rändern minimal überlappen. Die Größe eines Revieres wird von der Größe und der Anzahl der Beutetiere bestimmt. Der Lebensraum des Wolfes ist das Grasland und der Wald. Die Abgrenzung der Reviere erfolgt durch Harnmarkierungen und durch gemeinsames Heulen im Rudel.   Von den polnischen Wölfen im Bialowieza-Wald sind Reviergrößen von 150-350 km² bekannt, die durchschnittlichen täglichen Laufstrecken von Wölfinnen betrugen dort 22,1 km, von Rüden 27,6 km.

Ernährung und Fortpflanzung
Wölfe sind fleischfressende Raubtiere, die sich in der Regel von pflanzenfressenden Huftieren ernähren. In der bäuerlich bewirtschafteten Kulturlandschaft werden auch Weidetiere gerissen. Wölfe sind extrem anpassungsfähig und flexibel. In seiner weltweiten Verbreitung bewohnt der Wolf in verschiedenen Unterarten die Lebensräume von der arktischen Tundra bis zu den Wüsten Nordamerikas und Zentralasiens.  Bei großem Beuteerfolg können Wölfe innerhalb 24 Stunden bis zu 12,5 kg Fleisch verzehren, ein Teil wird dabei wieder ausgewürgt und als Vorrat vergraben. Wölfe sind aber auch Hunger- und Überlebenskünstler. In Notzeiten nehmen sie Aas an. Die Paarungszeit der Wölfe fällt in die Monate Jänner bis März. Die Tragzeit beträgt 62-65 Tage, die durchschnittliche Wurfgröße liegt bei 4-6 Welpen. Die Jungen werden blind und taub geboren und haben ein Geburtsgewicht von 300-500 Gramm. Sie werden 6-8 Wochen gesäugt. Heranwachsend betteln sie die Wölfe des Rudels durch Stupsen an den Mundwinkeln  um Fleischnahrung an. Eltern und ältere Geschwister würgen dann vorverdaute Nahrung aus. In freier Wildbahn erreichen Wölfe ein Höchstalter von 10-13 Jahren.

wolfarten 010Die alpine und die italienische Population
Im Alpenraum war der Wolf durch Abschießen und Vergiften vollständig ausgerottet worden, in Italien weitestgehend. In Großbritannien war der Wolf schon 1743 ausgerottet worden, in Deutschland wurde der letzte Wolf  1904 erlegt.
In die deutsche Lausitz sind die ersten Wölfe aus Polen im Jahre 2000 eingewandert, im italienischen Teil des Alpenbogens tauchte der erste Wolf aus dem Apennin im Jahre 1985 auf, in den französischen Seealpen 1987. Die erste Rudelbildung erfolgte in den Westalpen im Jahre 1992.

Der europaweite Blick
Die Wolfpopulation in den Staaten des Gebirgszuges um die Karpaten wird heute mit 3.000 Tieren angegeben (200-400 Wölfe in Slowakei, 2.300-2.700 in Rumänien, 250 in Ostpolen).
Für die dinarische Wolfpopulation werden heute folgende Bestandszahlen angegeben: 32-42 Slowenien, 168-219 Kroatien, 650 Bosnien, 100 Bulgarien, 267 Mazedonien, 800 Serbien, 760 Griechenland, 200-250 Albanien.
Für die iberische Population in Spanien werden 2.700 Wölfe genannt.

Das negative Image des Wolfes
Die meisten  Menschen haben heute ein negatives Bild vom Wolf. In der Mythologie des Altertums hatte die säugende Wölfin noch die Zwillinge Romulus und Remus ernährt. Auch der Perser-König Kyros II soll von Wölfen aufgezogen worden sein. Zur Furcht vor dem Wolf tragen auch die Kindermärchen  der „Sieben Geißlein“ oder des „Rotkäppchens“ bei. Ängste sind etwas Irrationales, müssen aber ernst genommen werden.

Angriffe von Wölfen auf Menschen
Die Erbeutung von Haustieren durch Wölfe ist unstrittig.  Angriffe von Wölfen auf Menschen sind aus der verfügbaren Literatur selten  beschrieben. Die Tollwuterkrankungen der Wölfe spielen bei den Attacken auf Menschen häufig eine Rolle. In den letzten 50 Jahren wird für Europa über neun Fälle von tödlichen Wolfattacken auf Menschen berichtet. Bei fünf dieser Fälle konnte bei den Wölfen Tollwut nachgewiesen werden.   


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