Dienstag, 29 April 2014 09:06

Sehen ist anders als erzählt bekommen

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s17 2513Marlene Patscheider aus Mals hat sich einen Traum erfüllt: Sie hat Indien bereist.
Alleine. Marlene Patscheider fand wieder zu sich selbst, entdeckte ihre soziale Ader und kehrt tief beeindruckt zurück.

von Brigitte Thoma

In der Margunstraße in Mals werde ich von Marlene Patscheider mit einem köstlichen indischen Masala Chai Tee begrüßt, indische Musik und der Duft von Räucherstäbchen durchströmen den sonnendurchfluteten Raum.

Marlene Patscheider, vor einem Monat aus Indien zurückgekommen, erzählt von ihrer Reise. Körperlich ist sie in Mals angekommen, die strahlenden Augen und der sehnsuchtsvolle Blick verraten mir, dass ihr Herz noch in Indien hängen geblieben ist. Nach einer Lebenskrise, dem Aufenthalt im Therapiezentrum Bad Bachgart in Rodeneck entdeckte sie ihre immer da gewesene Leidenschaft für Indien neu. Die Verwirklichung ihres Traumes, dieses Land zu bereisen, erfüllte sich vor kurzem. Die dreifache Mutter von erwachsenen Kindern, die ihr immer den Rücken gestärkt haben, spricht perfekt deutsch und italienisch. Mit ihren wenigen Englischkenntnissen beschloss sie mutigerweise das ferne Land alleine zu bereisen. Schon die Reiseplanung erfüllte sie mit Vorfreude, Yoga und Meditation begleiten sie seit längerem. Ihre Reiseroute führte sie durch das nördliche Indien, die Region Uttar Pradesh von Delhi nach Vrindavan, über Agra nach Varanasi und zurück wieder nach Agra und Delhi, begleitet von ihrem Rucksack, einem Reisetagebuch und der Fotokamera.
Mit der Armut, mit welcher Marlene während ihrer Reise konfrontiert wurde, musste sie lernen umzugehen. Anfangs wurde sie mit dem Elend nicht fertig, sperrte sich für einen Tag im Hotelzimmer ein. Ein Marktbesuch in der Altstadt, barfuß laufen durch die staubigen Straßen und das Tragen eines einfachen Baumwollsaris machten sie bereit für das Eintauchen in ihr „magic india“. In Vrindavan, bekannt als Stadt der weißen Witwen leben viele mittellose, von der Familie verstoßene, hinduistische Witwen. Die meisten leben als Bettlerinnen, haben keinerlei soziale Absicherung und fallen durch ihre weiße Kleidung (Trauerfarbe in Indien) auf. Weiter ging es Richtung Agra, das Taj Mahal interessierte die technische Zeichnerin überraschenderweise weniger, als die Menschen mit ihrer Gelassenheit und Zufriedenheit. Der Zufall brachte sie in einer Seitengasse im Stadtteil Tajganj in eine kleine Grundschule. Von den vielen Kindern wurde sie herzlich empfangen, sie durfte fotografieren und beim Unterricht dabei sein. Ihrer Reiseplanung folgend fuhr sie im legendären Marudhar Nachtexpress weiter nach Varanasi. Ein schönes spirituelles Ereignis hier war das gemeinsame Yoga beim Sonnenaufgang am Assi Ghat. Am Ganges nahm sie auch an den Totenverbrennungen teil. Gerne mischte sie sich unter die Einheimischen. Die Gastfreundlichkeit und Großzügigkeit überraschten Marlene immer wieder. Den Inder beschreibt sie als aufrichtigen Menschen mit direktem und würdevollen Blick. Dass sie sich in ihrem „magic india“ wiedergefunden hat, glaubt man ihr mit jedem Wort und jeder Geste.
Ihre Erlebnisse in der Dorfschule ließen sie nicht los, die Kinder mischten sich immer wieder in ihre Gedanken. Kurzerhand beschloss sie nach Agra zurückzukehren. Plötzlich entdeckte sie ihre soziale Ader, von der sie immer glaubte, keine zu besitzen. Sie wurde herzlich empfangen und da beim Lehrpersonal Not am Mann war, übernahm sie kurzentschlossen die untere Klasse und unterrichtete die Kinder, bastelte mit ihnen mit den einfachsten Materialien. Für wenige Rupien kaufte sie Schulmaterial und verteilte es. Bereits ein Projekt unter der Leitung eines kanadischen Polizisten half beim Aufbau dieser Dorfschule.
John Zivcic, „the dreamer“ starb im Dezember 2013 bei einem Autounfall; Marlene will weiterhelfen und seinen Traum weiter träumen. Jedoch überlebt diese Dorfschule nur mit Hilfe von Spendengeldern. Die Kinder brauchen eine weitere Lehrerin, sie brauchen Schulmaterial und sauberes Trinkwasser. Über Skype ist sie täglich in Kontakt mit ihren Freunden in Indien. Mit dem Projekt „The dreamers“ hofft sie nun auf Spendengelder aus dem Vinschgau. Näheres dazu unter: Facebook – Marlene Patscheider und „the dreamers“.
„Jeder sollte einmal im Leben eine Reise alleine wagen, wohin auch immer; es ist der beste Weg, sich selbst zu erfahren, die eigenen Grenzen und das scheinbar Fremde anzunehmen!“


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