Dienstag, 01 April 2014 09:06

Nationalpark Stilfserjoch - Der 7.Trentiner Bärenreport 2013 - Eine Zusammenfassung

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180B1Wolfgang Platter,  am Tag des Hlg. Franz von Paula, 2. April 2014

Am 5. März 2014 ist der Trentiner Bärenreport 2013 veröffentlicht  worden. Es ist dies der siebte Jahresbericht, welcher   vom Landesamt für Forst und Wildtierfauna der Autonomen Provinz Trient zur Entwicklung der Braunbärenpopulation in der Adamello Brenta-Gruppe veröffentlicht wird. Im heutigen Beitrag soll eine Zusammenfassung dieses Berichtes versucht werden. Damit soll auch ein informativer Beitrag zur Versachlichung der Diskussionen um die Rückkehr des  Braunbären geleistet werden.

Transparente und zügige Entscheidungen
In seiner  Einleitung zum Bärenreport 2013  schreibt der Amtsdirektor des zuständigen Amtes in der Trentiner Landesverwaltung Dr. Maurizio Zanin, dass im Jahr 2013 der erste, dokumentierte illegale Abschuss eines Braunbären zu verzeichnen war: Der männliche Bär M2 ist am 28. September 2013 im Rabbital tot aufgefunden worden. Der fünf-einhalbjährige Bär wies eine Schussverletzung auf und war gewildert worden. Der getötete Bär hatte vorher Haustiere auf Almweiden gerissen. Und es war die Diskussion aufgeflammt, wann ein Bär vom unauffälligen Bären zum Problem- und Risikobären wird. Darüber gehen die Meinungen zwischen den Tierschützern und Haustierhaltern bekanntlich weit auseinander. Die Erkenntnis von Dr. Zanin aus dem illegalen Abschuss des Braunbären M2 kann aber vorbehaltlos geteilt werden: Wilderei bleibt ein strafrechtliches Delikt. Das Monitoring  einzelner  Exemplare von verhaltensauffälligen Bären bedarf beschleunigter, transparenter und verantworter Entscheidungen in kurzen Fristen auf einer niedrigeren, dezentraleren  Entscheidungsebene als dem Umweltministerium. Diesbezüglich sollte auch der Managementplan PACOBACE überarbeitet werden.

Wolf und Goldschakal
Im Jahr 2013 war auch der erste Wurf einer Wölfin  in den Lessinischen Alpen im südöstlichen Teil des Trentinos  an der Provinzgrenze zu Verona nach deren spontaner Einwanderung zu verzeichnen:  Am 31. Dezember 2013 konnte in einer Fotofalle ein Rudel von vier Wölfen fotografiert werden. Der Einzelwolf zwischen Ulten und Nonsberg ist ebenfalls immer noch präsent.
Ein weiterer Einwanderer in das Trentino ist für  2013 zu vermelden: Der Goldschakal (Canis aureus moreoticus) wandert aus dem Osten ein: Am 2. Jänner 2013 konnte ein Exemplar dieses Hundeartigen am Monte Peller im Nonstal mittels einer Fotofalle dokumentiert werden.

Das Monitoring
Die Überwachung der Braunbären aus der Adamello Brenta-Population erfolgt unter Anwendung verschiedener Methoden und umfasst im Wesentlichen vier Bausteine:
• das genetische Monitoring mit der Untersuchung von aufgefundenen oder an „Kratzbäumen“ gesammelten  Haar- und Kotproben,
• das systematische Monitoring mit Informationen aus dem Fang und der Wiederfreilassung von Bären,
• das Zufallsmonitoring aus Beobachtungen, Sichtungen und deren Meldung,
• das fotografische Monitoring über Fotofallen.
Im Jahre 2013 wurden beispielsweise 731 Haar- und Kotproben eingesammelt und der genetischen Analyse unterzogen. 719 dieser Proben waren dem Bären, 9 dem Wolf und 3 dem Luchs zuordenbar.
Das Monitoring über Fotofallen an sogenannten Kratzbäumen wurde hingegen im Jahr 2012 zum ersten Mal durchgeführt. Die Bären an den Kratzbäumen waren in der weit überwiegenden Mehrzahl Männchen. Die Forscher vermuten, dass die Braunbären über dieses Kratzen an Baumstämmen auch ihre Hierarchie in der Gruppe festlegen.

198B4BenedettoCiacciarelliStatus der Bärenpopulation 2013
Im Jahre 2013 konnten insgesamt 40 verschiedene Bären erfasst und nachgewiesen werden. Aber nicht alle Bären werden jedes Jahr gesehen, fotografiert oder aus Haarproben genetisch identifiziert. Die Gesamtgröße der Trentiner Bärenpopulation wird für das Jahr 2013 auf 40 – 49 Tiere geschätzt. Im Jahr 2002 umfasste die Population 11 Individuen.

Die Fortpflanzung
Im Jahr 2013 wurden 2 Würfe mit insgesamt 3 Jungen gesichert nachgewiesen. Damit haben die Bärinnen  in den letzten 12 Jahren insgesamt 36 Würfe gesetzt. Aus den genetischen Identitätskarten der Bären kann gesagt werden, dass sich bis heute insgesamt 15 Weibchen und 7 Männchen fortgepflanzt haben, wobei im Jahr 2013 insgesamt 13 geschlechtsreife Bärinnen und 9 geschlechtsreife Bären präsent waren. Die Trentiner Statistik weist nach, dass die Bärinnen im Alter von 3,6 Jahren den ersten Wurf setzen und der Intervall zwischen zwei Würfen 2,1 Jahre beträgt. Die Durchschnittsgröße eines Wurfes liegt bei 2,1 Jungen. Ältere Bärinnen ab 8 Jahren waren  zu 100% fruchtbar und hatten größere Würfe mit bis zu drei Jungen, die Wurfgröße von Bärinnen zwischen 3 und 7 Jahren liegt bei 2 Jungen oder darunter.

Tote Bären
Seit Beginn des Wiederansiedlungsprojektes mit der Freilassung slowenischer Bären in den Jahren 1999-2002 sind insgesamt 18 Bären umgekommen. Gründe waren tödliche Zusammenstöße mit Autos, behördlich verordnete Abschüsse, illegale Abschüsse und unbekannte Ursachen.

Altersstruktur
Am Ende des Jahres 2013 bestand die gesichert erhobene Population von 39 Bären aus 22 erwachsenen Bären (9 Männchen und 13 Weibchen), 14 Jungbären (9 männlich, 4 weiblich und 1 unbestimmt) und 3 im Jahr 2013 Geborenen (2 Weibchen und 1 unbestimmtes Tier).     

Raumnutzung und Wanderungen
Das Areal, das von den männlichen Bären aus dem Trentino im Jahr 2013 bestrichen worden ist, beträgt 14.572 km² und entspricht damit im Größenvergleich  ziemlich genau dem Doppelten der  Südtiroler Landesfläche. Die Weibchen halten sich dagegen nach wie vor in einem viel kleineren Kerngebiet von 919 km² um den Brenta-Stock im westlichen Trentino auf.

Ausbreitung
Seit dem Jahr 2005 haben insgesamt 24 Bären das geographische Gebiet der Provinz Trient verlassen. Es waren allesamt männliche Jungbären. Wenn die Bärin den nächsten Wurf setzt, leidet sie die männlichen Jungen des vorigen Wurfes nicht mehr bei sich und die Jungmännchen müssen sich ein neues Territorium suchen. Erwachsene männliche Bären neigen dazu, die Bärenjungen zu töten, damit die Bärin wieder paarungsbereit wird. Ein solches Verhalten der arteigenen Aggression ist auch von den Löwen bekannt.  
Sechs von diesen 24 ausgewanderten männlichen Bären  sind mit Sicherheit umgekommen, zwei gelten als abgewandert, zwei als im Jahr 2013 „abwesend“,  einer als verschollen (2005 im Grenzgebiet Obervinschgau, Unterengadin, Oberes Gericht), 9 sind in das Trentiner Landesgebiet zurückgekehrt.

Radio- und Satelitentelemetrie
Drei Bären wurden im Laufe des Jahres 2013 mit Senderhalsbändern ausgestattet, um sie mittels Radio- oder Satellitentelemetrie in ihren Ortswechseln und Wanderungen zu überwachen.  Es waren dies die Bären Daniza, M2 und M6, welche vorher durch wiederholte Haustierrisse aufgefallen waren.

Ein Bär im Vinschgau
Kurz vor Redaktionsschluss dieser Zeitungsnummer ist der männliche Braunbär, der im heurigen Spätwinter von der Einsatzgruppe des Südtiroler Landesamtes für Jagd und Fischerei bei Tramin mit einem Senderhalsband ausgestattet worden war, in den Vinsch-gau eingewandert. Am 21. März ist der Bär vom Tscharser Sonnenberg  kommend und die Staatstraße querend, in die Gegend am Eingang des Martelltales  gezogen.

Herdenschutz
Was die Attacken der Beutegreifer auf gesömmerte Almtiere betrifft, kann aus dem Trentiner Bärenreport 2013 gesagt werden, dass insgesamt 25 Schaf- und Ziegenherden mit insgesamt ca. 15.000 Tieren betreut und erfasst wurden. Auf diese behirteten Herden von gealpten Weidetieren waren insgesamt 5 Bären-Angriffe zu verzeichnen. Dabei gingen insgesamt 55 Schafe verloren. 49 dieser Verluste von Schafen waren einem einzigen Bären-Angriff zuzuschreiben, 4 davon wurden vom Bären gerissen und die anderen auf der Flucht vor dem Sohlengänger über eine Felswand in den Tod gesprengt.
Die Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Rückkehr des Braunbären sind verschiedene:
• Präventionsmaßnahmen zur Bärenabwehr mittels Elektrozäunen haben sich in der Imkerei bewährt;
• das Aufstellen von Bären sicheren Abfallhältern in der offenen Landschaft hält Bären vermehrt davon ab, sich als Opportunisten aus Speiseresten zu ernähren und sich den Wohnumgebungen zu nähern;
• der Einsatz von Bärenexperten als Berater für die Tierhalter scheint ebenfalls schadensmildernd;
• die Weidewirtschaft sollte sich  bei der Almsömmerung der Haustiere auf die Rückkehr von Bär und Wolf frühzeitig und gezielter vorbereiten. Im 10-Jahresbericht „Wolf Piemont 2000 -2010“ ist eindeutig nachgewiesen, dass Mehrfachattacken auf behirtete und mit Herdenschutzhunden bewachte Tierherden ausbleiben.
Insgesamt werden wir uns alle zusammen sehr bald schon in einer weniger emotional als derzeit geführten Diskussion der Frage stellen müssen, ab welcher Populationsgröße die Bärenpopulation reglementiert werden soll, um starke Sozialkonflikte zu vermeiden.   
Wer den Trentiner Bärenreport 2013 in der ausführlichen Gesamtlänge und italienischen Originalfassung lesen will, der findet ihn im Internet unter www.orso.provincia.tn.it


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