Natur und Landschaft: Die Spinnen - Angst und Ekel sind unbegründet

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Augen- und Mundwerkzeuge einer Wolfsspinne; Foto: Marco Bertolini Augen- und Mundwerkzeuge einer Wolfsspinne; Foto: Marco Bertolini

Wolfgang Platter, am Dreikönigstag, 6. Jänner 2024

Auf Ersuchen des Herausgebers gestalte ich auch im neuen Jahr diese Doppelseite als Rubrik „Natur und Landschaft“.

Viele Menschen haben „Angst“ vor Spinnen. Diese Angst ist völlig ungerechtfertigt. Der heutige Beitrag will versuchen, Ekel und Angst zu nehmen und den Spinnen das Einsaugen in den Staubsaugerbeutel zu ersparen. Vorweg: Es gibt nur ganz wenige Arten von Spinnen, deren Biss für den Menschen tatsächlich unangenehm oder gar gefährlich werden kann. Diese Arten leben in den Tropen. Die weitaus größte Zahl der Spinnen ist nicht einmal in der Lage, die menschliche Haut zu durchbeißen. In der Nahrungskette spielen die Spinnen eine wichtige Rolle.

Systematische Einordnung
Die Spinnentiere (Arachnida) sind eine Klasse der Gliederfüßer (Arthropoden). Spinnen werden oft mit Insekten verwechselt. Es gibt aber drei einfache und sichere Unterscheidungsmerkmale:
1. Spinnen haben 8 Beine, Insekten 6.
2. Der Körper der Spinnen ist zweigliedrig in Vorder- und Hinterkörper unterteilt, der Körper der Insekten ist dreiteilig.
3. Spinnen haben keine Fühler, Insekten haben Fühler am Kopf.
Der Vorderkörper der Spinnen steht im Dienst der Nahrungsaufnahme und Fortbewegung. Die Hauptmasse des Hinterkörpers wird normalerweise von den Verdauungs-, Geschlechts- und Atmungsorganen eingenommen.
Die Spinnentiere sind landbewohnende Gliederfüßer. In ihrer zoologischen Systematik können die Spinnentiere in mindestens neun Ordnungen unterteilt werden.
Alle Spinnen ernähren sich von Tieren. Fast immer fangen sie Gliederfüßer, insbesondere Insekten. Nach ihrer Jagdtechnik lassen sich die Spinnen einteilen in: Fallensteller mit Fangnetzen, Springspinnen und Lauerjäger. Die fallenstellenden Spinnen sind standorttreu. Vom Grundtyp des Fangdrahtes oder „Stolperdrahtes“ als einfachste Fangvorrichtung gibt es zahllose Abwandlungen als Fangnetze.

Spinnenseide
Der Spinnenfaden ist eines der Wunderwerke in der Natur. Oft wurde versucht, ihn technisch zu kopieren, bisher noch nie wurden seine Eigenschaften erreicht: Der Spinnenfaden verbindet in wunderbarer Weise Elastizität mit Reißfestigkeit, obwohl es sich chemisch gesehen eigentlich nur um Eiweiß- und Zuckerverbindungen handelt. Die einzelnen Spinndrüsen einer Spinne können verschiedene Fäden produzieren. Bei manchen Arten werden bis zu 400 Einzelfäden zu einem Strang verbunden. Dabei bleibt die Fadendicke bei einem Bruchteil der Dicke eines Menschenhaares. Mit dem Klebefaden und dem Kräuselfaden gibt es im Spinnenreich zwei Fadengrundtypen. Sie werden von zwei in ihrer Evolution unterschiedlich alten Gruppen der Spinnen produziert. Der Klebefaden (moderner Typ) ist ein von Leim ummantelter einzelner Faden, der in bestimmten Abständen spiralig aufgewunden ist und sich bei Anspannung dehnen kann, aber sich auch bei Entlastung wieder zusammenzieht. Der Kräuselfaden (alter Typ) ist ein Komplex aus Fäden, die um einen zentralen Faden in chaotischer Weise herumgelegt sind. Die Aufgaben der Spinnenseide sind äußerst vielschichtig. Zum einen dienen sie dem Fang der Beute, sie müssen Schutzfunktionen für die ungeschlüpften Jungtiere (Kokon) oder in den Gespinsten der Alttiere übernehmen und sie dienen der Weiterverbreitung per Flug (Ballooning). Zum anderen können Männchen Werbesignale darauf weiterleiten, sie dienen als Sicherungsseil beim Klettern u.s.w.

Netztypen
So vielgestaltig die Spinnen sind, so unterschiedlich sind auch ihre Netze. Die Kreuzspinne baut ein Radnetz. Vom Radnetz gibt es alle möglichen Abwandlungen. Andere Spinnen befestigen ihr Netz nicht in der Vegetation, sondern halten es zwischen den Vorderbeinen wie einen Insektenkescher. Die unscheinbaren Baldachinspinnen bauen Netze in verschiedenen Ebenen. Unten gibt es Stolperdrähte, die mit einem baldachinartig aufgespannten Netz verbunden sind. Oberhalb des Baldachins zweigen weitere zahllose Fäden ab, die flugfähige Insekten fangen. Andere Spinnen bauen einfache Netze, indem sie Hufabtritte mit einem Netz überspannen, andere wiederum bauen ganze Trichter (z.B. Hauswinkelspinne), in denen sie zum einen selber leben, die aber außerhalb in einem Fangnetz enden.

Sinneswahrnehmung
Spinnen nehmen ihre Umgebung über Erschütterungen, Geräusche und Düfte wahr. Zum Sehen haben die meisten Spinnen gleich acht Augen, die in zwei oder drei Reihen angeordnet sind. Mit den beiden Hauptaugen erkennen sie Bilder und nehmen wahrscheinlich auch Farben wahr. Die s43 spinnenNebenaugen bestehen aus lichtempfindlichen Zellen. Damit registrieren Spinnen Bewegungen. Obwohl eine Spinne keinen beweglichen Kopf hat, kann sie durch die obere und seitliche Anordnung der drei Nebenaugenpaare nahezu einen Rundblick erhalten.

Paarung
Die Echten Spinnen oder Webespinnen (Ordnung Araneae) stellen zweifellos die bekannteste Gruppe der Spinnentiere dar. Mit über 30.000 bis heute beschriebenen Arten stellen die Echten Spinnen die formenreichste Gruppe dieses Verwandtschaftskreises dar.
Bei den meisten Spinnen sind die Männchen deutlich kleiner als die Weibchen. Sehr merkwürdig, ja sogar einzigartig verläuft die Paarung der Spinnen, ein für die Männchen heikle und nicht ungefährliche Angelegenheit: Der Beutetrieb der größeren Geschlechtspartnerin muss ausgeschaltet werden, um nicht aufgefressen zu werden. Zugleich muss das Weibchen auf Begattungsbereitschaft umgestimmt werden. Dazu haben die Männchen der verschiedenen Spinnenarten unterschiedliche Tricks zur „Brautwerbung“ entwickelt: Kreuzspinnen etwa versuchen durch kennzeichnende Zupfrhythmen am Netz des Weibchens zu überzeugen. Die Männchen anderer Spinnenarten geben optische Signale, was nur bei Formen mit verhältnismäßig gutem Gesichtssinn vorkommt. Wink- und Zitterbewegungen, oft verbunden mit dem Zurschaustellen bestimmter Zeichenmuster spielen hier eine große Rolle. Männchen von Wolfsspinnen winken heftig mit den beiden vorderen Tastern, richten sich hoch und vollführen einige Tanzschritte.
Während der Annäherung muss das Männchen aber immer auf der Hut bleiben, denn ein Fehler bedeutet den Tod. Die Geschlechtsöffnungen liegen bei beiden Geschlechtern im vorderen Teil der Bauchseite des Hinterleibes. Beim Männchen dient der Endabschnitt des vordersten Beinpaares als Übertragungsorgan der Samenflüssigkeit. Hat es das Männchen endlich geschafft, das Weibchen zur Paarung zu überzeugen, führt es seinen Samentropfen mit dem beschriebenen Abschnitt der Vorderbeine in die weibliche Geschlechtsöffnung ein. Dabei ähnelt dieser Vorgang einem Schlüssel-Schloss-Prinzip, denn zwei verschiedene Arten können sich nicht miteinander paaren, da die Geschlechtsorgane nicht passen.

 

s43 parkDie Fotos stammen aus den verschiedenen Auflagen des Fotowettbewerbes, der in den vergangenen Jahren vom
Nationalpark Stilfserjoch ausgelobt wurde und dürfen mit dem Einverständnis der Verwaltung des Nationalparkes verwendet werden.

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