Aus dem Gerichtssaal - Beim Kulturwirt Karl Perfler in Tschengls hatte ich kürzlich eine interessante Begegnung. Ich traf dort einen Bekannten aus den ersten Jahren meiner Tätigkeit als Anwalt. Im fernen Jahre 1979 geriet der 1958 in Agums geborene Friedrich Steiner zwischen die Mühlsteine der Justiz, eine Erfahrung, die er noch heute in lebhafter Erinnerung hat. Damals gehörte das Wildern zur Freizeitbeschäftigung der ländlichen Jugend. Wer im Dorf unter den Gleichaltrigen was gelten wollte, der musste hin und wieder „das Büchserl knallen lassen“. Als auf dem „Gumperlehof“ in Agums im Winter 1979 ein Schwein geschlachtet worden war, meinte Friedrich’s Vater: “Bua, in die Schweinswürscht kört a Hirschfleisch, sieh zu, wie du eines besorgen kannst.“ Der ließ sich das nicht zweimal sagen. Mit zwei Komplizen machte er sich auf die Pirsch. Zwischen Lichtenberg und den Schludernser Auen fand jede Nacht ein reger Wildwechsel statt. Dort legten sie sich auf die Lauer. Doch statt eines liefen ihnen gleich vier Hirsche vor die Flinte. Sich da zu beherrschen hätte die Tugendhaftigkeit eines Mönchs erfordert. Und so brachten sie alle viere zur Strecke. Doch wohin mit diesem „Segen Gottes“? Ein Hirsch wanderte in die Würste des Gumperlebauern, für die anderen drei wusste der Friedrich einen zahlungsfähigen Abnehmer in einem Gasthaus in Algund. Der dortige Wirt hatte auch eine Metzgerei, und so galt es nur, die Hirsche von Prad nach drunten zu bringen. Irgendjemand musste die drei Wilderer wohl verpfiffen haben, denn als diese im Schutze der Nacht auf dem Weg nach Meran waren, gerieten sie in der Nähe von Staben in eine Straßensperre der Carabinieri. Friedrich, der im zweiten Auto fuhr, machte daraufhin kehrt und raste mit vollem Karacho wieder Richtung Oberland. Beim Sandwirt in Tschars tauchte er in einer Obstwiese erst einmal unter. Als er die Luft rein wähnte, setzte er seine Heimreise fort. Er kam jedoch nicht weit, denn bei Vezzan hatten die Ordnungshüter inzwischen schon eine zweite Straßensperre errichtet, an der es kein Entrinnen mehr gab. Mit vorgehaltener Maschinenpistole zwangen sie ihn zum „Umsteigen“. Der Festnahme folgten scharfe Verhöre, bei denen die Polizisten mit den Wilderern nicht gerade sanft umgingen. Doch alle Fragen nach dem Verbleib der Waffen blieben unbeantwortet. Dieses hartnäckige Schweigen schlug sich im anschließenden Strafverfahren in der Weise nieder, dass die Richter exemplarische Strafen wegen der nachgewiesenen Straftaten verhängten: 24 Monate bedingte Haft und 12 Millionen Lire Schadenersatz für das „entnommene“ Wild. Drei Jahre Arbeit kostete Friedrich Steiner „der Spaß“.
Den Stutzen mied er fortan, er wandelte sich vom Saulus zum Paulus, auch weil ihn die Wirtstochter Dorothea Schenk auf andere Gedanken brachte. 1985 heirateten die Beiden. Sie führen seither das Hotel Panorama in Mals, seit dem Jahre 2000 als Biohotel.
Und die Idee, dass die Landwirtschaft und die Gastronomie eng zusammengehören, lässt ihn seither nicht mehr los. Seine Gäste bekommen praktisch nur einheimische Produkte auf den Teller: 60 Lämmer, 15-20 Schweine, 10 Kälber und 3 Rinder von 5 verschiedenen Obervinschger Biobauern wandern im Panorama jährlich über den Küchentisch. Bei diesem Angebot an natürlichen Lebensmitteln besteht auch kein Bedarf nach Wildfleisch, zumal angrenzend an das Hotel Panorama auch noch ein 3.500 m² großer Biogarten betreut wird, aus dem ein Großteil des Gemüses und der Kräuter für die Hotelküche stammen.
Peter Tappeiner, Rechtsanwalt
peter.tappeiner@dnet.it