Reinhard Zangerle, Direktor SSP Schlanders
Die Frau in der Bildungslandschaft
Dazu kann ich Folgendes sagen: Der Kindergarten ist wohl durchwegs von Frauen bestimmt, die Grundschule zu über 90 % . In der Mittel- und Oberschule ist der Männeranteil zwar etwas höher, aber grundsätzlich ist der Bildungsbereich stark in Frauenhand. Auch im Bereich der Schulführung haben die Frauen die Männer überholt. Vor 10 Jahren wurden die 7 Schulsprengel zum Großteil von Männern geleitet. Heute gibt es im Vinschgau vier Frauen und 3 Männer als Schulführungskräfte. Im Oberschulbereich sind zwei Frauen an der Spitze, in der Berufs- und Fachschule und je ein Mann steht dem Oberschulzentrum Schlanders und Mals vor. Unser Bildungshaus hat nun schon seit einigen Jahren eine Direktorin und ich denke, dass auch in den Bildungsausschüssen und in den Bibliotheken in den Dörfern die Frauen eine zentrale Rolle spielen. Nicht nur im Kindergarten und Schulbereich, sondern generell sollten auf jeden Fall mehr Männer im Bildungsbereich präsent sein.
Peter Kaserer, Bezirksmajor Vinschgau
Die Frau im Vereinswesen
In vielen Vereinen hat die Zahl der weiblichen Mitglieder in den vergangenen Jahren stark zugenommen – bei uns Schützen ist jedes sechste Mitglied eine Frau. Im Vergleich dazu ist der Frauenanteil bei den Musikkapellen fast doppelt so hoch. Das liegt vor allem an der militärischen Tradition des Schützenwesens, dessen Auftreten stark auf den Mann ausgerichtet ist. Eine Frau in Miedertracht und seidener Schürze, bewaffnet mit Säbel oder Gewehr, würde wahrlich etwas amazonenhaft und kaum mehr weiblich wirken. Bei den Musikkapellen allerdings findet man neben den Marketenderinnen auch jede Menge Musikantinnen und vereinzelt auch Kapellmeisterinnen und Obfrauen. Aber auch bei den Schützen sind die Leistungen der Frauen bemerkenswert. Ihre Arbeit in der Jugendbetreuung, in der Organisation oder in verschiedensten Referaten ist unentbehrlich geworden. Auffallend ist hier auch das niedrige Durchschnittsalter der Marketenderinnen, das bei den Vinschger Schützen 25 Jahre beträgt. Als Führungskraft arbeite ich sehr gerne mit diesen jungen und zum Teil voll motivierten Frauen. Sie legen oftmals einfach viel mehr Leidenschaft in ihre Arbeit und sehen Situationen aus Blickwinkeln, die für uns Männer auf Anhieb oft nicht erkennbar sind. Sie haben sich in einigen Kompanien als treibende Kraft erwiesen. Doch auch der klischeehafte Ausspruch „hinter jedem starken Mann, steht auch eine starke Frau“ trifft trotz aller Emanzipation immer wieder zu.
Dietmar Spechtenhauser, hds- Bezirkspräsident
Die Frau im Handel
Die Frau im Handel hat jahrzehntelange Tradition bei uns im Tale – bereits kurz nach dem 2. Weltkrieg gab es selbstständige Geschäftsfrauen – zwar noch in einfachen Läden aber mit umso mehr Leidenschaft. Das ist bis heute so geblieben, die (Geschäfts-) Frau von heute ist modern, gebildet, weltoffen und im Handel zahlenmäßig fast stärker vertreten als der Mann und das hat einen guten Grund. Frau steht nicht nur ihren Mann im Geschäft, sondern sie hat oft sogar einige wichtige Eigenschaften stärker ausgeprägt als ihre männlichen Kollegen, welche im Handel von größter Bedeutung sind und zwar die Sozial- und Emotionalkompetenz. Das heißt, Frau kann sich sehr gut auf das Gegenüber, sprich Kunden einstellen, dessen Wünsche erkennen und helfen, die richtige Wahl zu treffen. Oft sind Frauen auch kommunikativer, was im Handel durchaus von Vorteil ist. Alles in allem kann ich sagen, sind die Frauen für den Vinschger Handel eine nicht wegzudenkende Säule und die Zusammenarbeit mit ihnen ist für uns Männer meistens eine angenehme - das liegt wohl in der Natur der Sache.
Franz Tappeiner, Präsident des FF-Verbandes Untervinschgau
Die Frau im Vereinswesen
Die Frau bewegt sich im Vereinswesen wie der Mann. Sie stellt in allen Vereinen die Frau. Hervorheben muss man die Verlässlichkeit. Wenn man den Frauen Aufgaben übertragen tut, dann führen sie diese verlässlich und in aller Sorgfalt aus. Da muss man den Frauen ein Kompliment geben. Im Feuerwehrverband Untervinschgau liegt der Anteil der Frauen bei etwa drei Prozent, wenn man den Jugendbereich mitnimmt. In der Feuerwehr Latsch ist der Frauenanteil am größten, das hat mit der Familientradition zu tun. Insgesamt muss man sagen, dass diejenigen Frauen, die bei der Feuerwehr dabei sind, bewusst dabei sind und sich auch weiterbilden und auf künftige Aufgaben und Herausforderungen vorbereiten. Wir haben vor zwei Jahren eine Befragung unter den Frauen gemacht, mit dem Ergebnis, dass sie sich in der Männerwelt wohl fühlen, gebraucht fühlen und gut aufgehoben fühlen.
Robert Grüner, Koordinator des Arbeitsvermittlungszentrums Schlanders
Die Arbeitssituation der Frau
Die Erwerbstätigenquote der Frauen in Südtirol lag 2010 bei etwa 63%, somit 3% über dem von der EU vereinbarten Ziel. Der Anteil an Teilzeitarbeitsverhältnissen liegt bei den Frauen deutlich höher als bei den Männern: 39,9% gegenüber 5,5%. In den meisten Fällen werden dafür familiäre Gründe angegeben. Die Daten über die Beschäftigung zeigen, dass Frauen im Vinschgau am stärksten im öffentlichen Sektor beschäftigt sind (Jahresdurchschnitt ca. 2100). Es folgen, mit deutlichem Abstand, das Gastgewerbe (750), der Handel (650), das produzierende Gewerbe (550) und die Landwirtschaft (350). Im Handwerk sind die Frauen in einem sehr geringen Maße vertreten. Auch wenn die Quote der Teilzeitbeschäftigten leicht zunimmt, ist sie immer noch deutlich niedriger als z.B. in den nördlichen europäischen Regionen. Es überrascht auch nicht, dass die Nachfrage an Teilzeitstellen deutlich höher als das Angebot ist. Diese Tatsache ist häufig auch der Grund für eine Kündigung nach dem fakultativen Mutterschaftsurlaub. Die mit Abstand besten Chancen auf einen Teilzeitjob haben Frauen weiterhin im öffentlichen Sektor, insbesondere in der Sanität, im Schulwesen und in der öffentlichen Verwaltung.
Sepp Noggler, Vinschger Landtagsabgeordneter
Die Frau in der Politik
Grundsätzlich muss man sagen, dass der Anteil der Frauen in der Politik im Steigen ist. Das ist positiv zu bewerten. Nicht positiv ist die Frauenquote. Ich bin gegen die Frauenquote, ganz einfach, weil ich glaube, dass die Frauen die Quote nicht nötig haben. Durch die Sachkompetenz, die bei den Frauen durchaus gegeben ist, finden sie auch ohne Quote ihren Platz in der Politik. Die Quote ist überflüssig und wertet die Frauen ab. Wenn man im Vinschgau schaut, dann werden viele SVP-Ortsgruppen von Frauen geleitet und auch dem SVP-Bezirk Vinschgau steht eine Frau vor. Ich warte nur noch auf die erste Bürgermeisterin.
Matthias Tschenett, Hotelier und Präsident der „Vinschgau Marketing“
Die Frau in der (Gast)-Wirtschaft
Die Frau war und ist auch heute noch die Seele „des Gastbetriebes“. Die Rolle der Frau hat sich dahingehend verändert, dass sie nicht nur mehr am Herd steht, die Zimmer reinigt, am Schanktisch serviert oder „a Karterle“ macht, so wie es mir meine Großmütter vorgelebt haben. Heutzutage nimmt die Hoteliersgattin zusätzlich eine repräsentative Rolle ein und versucht, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. In unserer Branche bleibt wenig Zeit für gemeinsame Aktivitäten, gerade deshalb brauchen wir den Familienzusammenhalt durch unsere Frauen.
Hans Rungg, Fachsekretär des ASGB
Die Frau und ihre Absicherung
Die Frau ist immer noch der Mittelpunkt der Familie. Die bekommt die Kinder, betreut diese und ist auch immer mehr für die Altenpflege zuständig. Der demografische Wandel und die Pflegesicherung sind die Gründe für diese Entwicklung. Wenn wir vom Mutterschutz reden, dann müssen wir zwischen öffentlichem und privatem Bereich differenzieren. Im Privatsektor haben die Frauen Anrecht auf fünf Monate obligatorischen und sechs Monate fakultativen Mutterschutz. In diesen sechs Monaten werden 30 Prozent des Lohnes bezahlt, wobei die Frau eh meistens schon weniger als der Mann verdient. Je nach Kollektivvertrag kann bis zu sechs Monate unbezahlter Wartestand dazukommen. Im öffentlichen Bereich umfasst der Mutterschutz fünf Monate obligatorischen Mutterschaftsurlaub und mindestens acht Monate fakultativen und 23 Monate unbezahlten Wartestand. Das sind 36 Monate pro Kind, wo die Frau zuhause bleiben kann und die Arbeitsstelle erhalten bleibt und – das ist wesentlich – voll versichert ist. Die zweite Variante, die immer mehr in Anspruch genommen wird, ist fünf Monate obligatorischer und 24 Monate fakultativer Mutterschaftsurlaub mit 30 Prozent Bezahlung. Das Dilemma für die Frauen ab dem heurigen Jahr ist, dass die Einzahlungen für die spätere Rente hergenommen werden, das heißt, je weniger eingezahlt wird, desto niedriger ist dann die Rente. Mit diesem neuen System trifft es vor allem die Frauen. Im Vinschau müssten zwei wichtige Bereiche erhalten und ausgebaut werden: die einfachen Arbeiten und die Büroarbeiten. Diese sind für die Arbeitsmöglichkeiten und in weiterer Folge für die soziale Absicherung vieler Frauen im Vinschgau extrem wichtig.
Arthur Blaas, Rechtsanwalt
Die Frau und ihre Rechte
Heute sind auch in Italien spezifische Arbeiterinnenschutzgesetze, das Wahl- und Stimmrecht der Frau, der Zugang zur Bildung, die Etablierung von gleichen Löhnen bei gleicher Arbeitsleistung und ein weitreichender Mutterschutz eine, wenigstens rechtlich gesehene Selbstverständlichkeit. Eine vollständig gleichberechtigte und wirksame Teilnahme der Frauen an den Entscheidungsprozessen auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene gibt es in der Praxis aber auch hierzulande noch nicht, und die Frauen sind da und dort noch gezwungen, einen engagierten Kampf für ihre Chancengleichheit zu führen. Um mit den Worten der luxemburgischen EU-Kommissarin Viviane Reding abzuschließen: „Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine Gleichberechtigung haben. […] Das Ziel ist die Gleichberechtigung, damit wir solche Tage nicht mehr brauchen.“ (Quelle: http://frauennetzwerk.wordpress.com/allerlei/lesestoff/tag-der-frau/)