Der Vinschgerwind war nicht nach Kortsch zur außerordentlichen SVP-Bezirkausschusssitzung am vorvergangenen Montag eingeladen. Plangger, so sagen es mehrere Beobachter, ließ dann die Zügel schleifen.
Denn Plangger und SVP-Obmann Philip Achammer hatten den SVP-Ortsobleuten lediglich zu erklären, dass mit Dieter Pinggera ein dritter SVP-Kandidat in den Wahlkampf-Ring steigen wird. Pinggera kommt über die sogenannte „Landesliste“, welche es laut SVP-Statut dem Landeshauptmann und dem SVP-Obmann ermöglicht, zu den Bezirkskandidaten 10 landesweite Kandidaten dazuzustellen. So dass die Liste von 35 komplett ist.
Gekommen ist es anders. Katzenjammer war angesagt. Irritiert gab man sich, vor allem die Frauen. Irritiert darüber, dass im Vorfeld von einem dritten Kandidat kaum die Rede war. Und vor allem, dass man die Nominierung eines dritten Kandidaten, also von Dieter Pinggera, aus der Presse habe erfahren müssen.
Dabei ist schon seit längerem dieser dritte Kandidat wie ein Damoklesschwert über die Vinschger SVP geschwebt. In der Parteizentrale vorgeschlagen wurden nämlich der Laaser BM Andreas Tappeiner, der Malser BM Ulrich Veith und letztlich auch Dieter Pinggera. Tappeiner und Veith haben abgesagt, Pinggera ist übrig geblieben.
Der Bezirksausschuss glich denn auch einem Katerfrühstück. Denn Teile in der Vinschger SVP hatten damit gerechnet, dass es bei zwei bindenden Kandidaten im Vinschgau bleiben wird können. So wie es vor 10 Jahren der Fall war, als neben dem damals amtierenden Landesrat Richard Theiner Sepp Noggler als amtierender BM von Mals aber als Neuling auf Landesebene den Wahlkampf bestritten hatte.
Ein Duo gab es in der Geschichte der Vinschgauer SVP zweimal. 2008 ist es geglückt, dass beide in den Landtag eingezogen sind: Theiner grandios mit insgesamt 23.949 Vorzugsstimmen und Noggler landete mit 7.196 Stimmen auf den 17. Platz der SVP-Vorzugsstimmenliste - vor Georg Pardeller. Ein Duo gab es mit Richard Theiner und Robert Koch Waldner noch 1998. Theiner schaffte damals den Einzug in den Landtag mit 11.682 Vorzugsstimmen und beendete eine vinschgaulose Abgeordnetenphase (Otto Saurer und Herbert Deniclò starteten nicht als Kandidaten des Vinschgaus). Robert Koch Waldner schaffte mit 8.492 Vorzugsstimmen den Einzug in den Landtag nicht.
2003 und 2013 ist der Vinschgau jeweils mit einem Trio angetreten. 2003 schaffte es wiederum Richard Theiner (16.392 Vorzugsstimmen), Manfred Pinzger (8.837) verpasste um 18! Stimmen den Einzug in den Landtag und Robert Koch Waldner (8.196) blieb ebenfalls auf der Strecke.
2013 schafften es Theiner (26.655) und Noggler (12.695) und den Einzug in den Landtag verpasste Roselinde Gunsch Koch mit 3.989 Vorzugsstimmen.
Nach diesen Rückblicken und in Anbetracht der Tatsache, dass die Wahlbeteiligung über die Jahre grundsätzlich rückläufig ist und die Oppositionsparteien nicht schlafen, lässt sich keine Regel herauslesen, dass der Vinschgau bei zwei bindenden Kandidaten auch zwei gewählte Landtagsabgeordnete haben wird, auch nicht, dass bei drei Kandidaten mindestens zwei gewählt sind.
Trotzdem gibt es Mordio und Gezeter in der Vinschger SVP. Die Ernennung des dritten Kandidaten hat zu Irritationen geführt. „Wie das kommuniziert worden ist“, sagt die SVP-Bezirkskandidatin Elfi Kirmaier, „das geht nicht.“ Dass man das aus der Zeitung herauslesen hat müssen, das habe die Basis irritiert. Denn die Bezirksleitung habe voriges Jahr beschlossen, dass man mit zwei bindenden Kandidaten in den Wahlkampf ziehen wolle. Auf der Basis dieses Beschlusses und auch, dass man die Frauenquote auf Bezirksebene berücksichtigen wolle, wurde dann der basisdemokratische Prozess einer Vorwahl zwischen Elfi Kirmaier und Sonja Platzer eingeleitet. Kirmaier hat diese Vorwahl gewonnen.
Und genau mit dieser Vorwahl beginnt eine Leidensgeschichte innerhalb der SVP. In der Gemeinde Latsch empfindet man Benachteiligungen. Zumal Elfi Kirmaier als Vizeobfrau der SVP-Bezirksfrauenleitung von der Bezirksfrauenleitung im Vorfeld der Wahl massiv unterstützt worden sei. Dabei, so sagt man in Latsch, hätte sich gerade die Bezirksfrauenleitung neutral verhalten sollen. Man solle doch diese Geschichte aufarbeiten, man müsse reden, forderte etwa Sonja Platzer bei einer Bezirksausschusssitzung anfangs Juni. Platzer stieß allerdings auf eine Wand der Ablehnung. Vor allem bei den Frauen.
Eine zweite Leidensgeschichte ist, dass sich die Kirmaier-Frauen möglicherweise und unwissentlich ein Ei gelegt haben könnten. Denn Elfi Kirmaier hat noch nicht die für eine Kandidatur erforderliche italienische Staatsbürgerschaft. Kirmaier vom Vinschgerwind darauf angesprochen sagt, dass ihr Ansuchen für die italienische Staatsbürgerschaft beim Regierungskommissariat in Bozen aufliege und dass man ihr versprochen habe, dass die Sache bis zum Sommer erledigt sein werde.
Eine dritte Leidensgeschichte ist, dass die Latscher vermuten, dass die Wahl Kirmaiers eine Retourkutsche dafür ist, dass sich die Gemeinde Latsch für die Stromnetzverwaltung für die Edyna und damit gegen das VEK entschieden hat. Auch Sonja Platzer hat sich im Gemeinderat dezidiert für die Edyna ausgesprochen. Eine Spaltung zwischen Ober- und Untervinschgau also.
Und es war der Latscher BM Helmut Fischer der mit der Aussage, dass mit den zwei SVP-Kandidaten Noggler und Kirmaier im Vinschgau kein Staat zu machen sei, für eine Bombe vor allem innerhalb der SVP-Frauschaft gesorgt haben soll. Fischer meinte, dass die Arbeitnehmer-Stimmen mit den zwei Kandidaten nicht abgedeckt werden können und dass dafür ein Dieter Pinggera durchaus in Frage komme.
Die Frauen haben gegen Fischer beim außerordentlichen SVP-Bezirksausschuss am 18. Juni gewettert, ohne dessen Namen zu nennen. Fischer, der Vizeobmann des SVP-Bezirkes Vinschgau hat sich dem Donnerwetter durch Abwesenheit entzogen.
Sepp Noggler und Dieter Pinggera haben bei der Ausschusssitzung wohlweislich geschwiegen. Nach dem stundenlangen Katzenjammer wollte Plangger die Sitzung beschließen und da meldete sich nochmals Elfi Kirmaier zu Wort. Sie trete, und das habe sie sich wohlüberlegt, unter diesen Umständen von ihrer Kandidatur zurück. Den Tränen nahe. Ein beschämendes Schauspiel, sagt ein Beobachter.
Die Ortsobleute ließen diesen Rücktritt nicht zu, bestärkten Kirmaier in ihrer Kandidatur. Der alte SVP-Hase Robert Kaserer erwirkte eine Abstimmung per Handaufheben. Kirmaier machte daraufhin einen Rückzug. Ihre Kandidatur bleibt aufrecht.
Kirmaier sagt, sie wollte im Bezirksausschuss reflektiert haben, ob die Vinschger SVP ein Trio derpackt. „Bei drei könnt’s blöd ausgehen“, das sagt auch Kirmaier. Das habe die Geschichte schon gezeigt.
Es sei kein guter Start in den Vinschger Wahlkampf, sagen Beobachter. Die Stimmung sei nicht gut.
Von der These, dass mit drei Kandidaten die Chancen dafür erhöht würden, dass zwei gewählt werden, hält Sepp Noggler nichts und sagt trocken: „Die Chancen bleiben diesselben, wie bei zwei Kandidaten.“
SVP-Obmann Philip Achammer, selbst beim SVP-Bezirksausschuss anwesend, versprach, Experten für den Wahlkampf schicken zu wollen.
Eine Strategie, wie man mit den drei ins Feld ziehen könne, wurde vertagt. Der Katzenjammer beim Katerfrühstück war wichtiger.
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