Dienstag, 18 Oktober 2011 00:00

„Wie mein Urgroßvater um 1900 herum“

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Ein Interview mit dem Geschäftsführer der Lechner Marmor AG und der Laaser Marmorindustrie, wie die Lasa Marmo seit kurzem heißt, ist ganz einfach nicht. Just zum Interviewtermin muss Georg Lechner dringend in den Weißwasserbruch - zwei Schwersägen klemmen. In der „Cantina“, hoch über Laas, dort wo die Brüchler ihr Mittagsmahl zu sich nehmen, steht Lechner den Fragen des „Vinschgerwind“ Rede und Antwort.
 

„Vinschgerwind“: In Laas läuten demnächst die Hochzeitsglocken. Haben Sie Ihr privates Glück gefunden?
Georg Lechner: Ja, das ist so.
Und Hochzeitsglocken von Seiten der Lasa Marmo in Richtung Göflaner Marmor?
Ich hoffe, dass diese auch bald läuten werden. Das wäre eine sehr gute Lösung, wenn es da eine Verschmelzung geben könnte.
Vor drei Jahren hat die Lechner Marmor AG die Lasa aufgekauft. Ist die frühere Besitzerin Elisabetta Sonzogno seither Kunde der Lasa?


Elisabetta Sonzogno ist Kunde der Lasa. Sie kauft bei uns Steine ein. Und sie ist gleichzeitig noch als Beraterin tätig. Dieser Beratervertrag läuft noch zwei Jahre. Sonzogno bietet uns den Zugang zu jenen Kunden, die die Generation Sonzogno im Laufe der Jahrzehnte betreut hat.
Der Laaser Marmor geht damit mindestens bis nach Triest. Mit Ihren Mitaktionären Bernhard Burgener und Carl Elsener dürfte dem Laaser Marmor die Welt offen stehen. Wohin reist der Laaser Marmor?
Der Laaser Marmor war immer schon auf internationaler Bühne unterwegs und ist nach Amerika, nach China, nach Russland oder in andere Länder gereist. Mit Burgener sind weitere Türen geöffnet worden. Der Laaser Marmor ist nach wie vor international eine Marke.
Das weiße Gold wird der Laaser Marmor auch genannt. Wie will die Lasa Marmo dieses Gold am Markt positionieren?
Die Lasa Marmo hat bisher, wenn man es mit einem kulinarischen Vergleich ausdrücken will, das Filet verkauft. Der Rest ist nicht vermarktet, aufgestockt oder aufgeschottert worden. Wir haben heute im Werk auf mehr als zwei Hektar Blöcke stehen und wir sind dabei, für diesen Marmor, der eben nicht das Filet ist, einen Markt zu finden.
Sind das alles taube Blöcke?
Da sind gesunde Blöcke. Sie haben einen anderen Einschluss, Maserungen in verschiedenen Farbtönen. Auf der internationalen Bühne wird der Laaser Marmor mit dem weißen Gold, also strahlend weißer Marmor, assoziiert. Deshalb denken weder Architekten noch Bauherren daran, dass es den Laaser Marmor auch in anderen Farben und Strukturen gibt, wie einen dunkleren „arabescato“, oder einen „cevedale“ mit feinen blauen Streifen, oder einen „fior di melo“ mit Apfelfarben. Die Lasa Marmo hatte bis 2008 kein Verkaufsmanagement. Man hat den „bianco classico“ , den „ortles“ und den „nuvolato“ verkauft. Diese Marmorarten verkaufen sich allerdings, auch heute noch, so gut wie von alleine. Bei der Gewinnung dieser edelsten Sorten gibt es sehr viel Anfall. Ein Beispiel: Um 100 Kubikmeter „bianco classico“ zu erhalten, müssen 300 bis 400 Kubikmeter Marmor abgebaut werden. Für diesen Anfall muss auch ein Markt gefunden werden und zwar ohne die Marke Lasa Marmo zu schädigen. Das will gut überlegt sein. Die Aufschotterung ist der letzte Ausweg. Auch dort gilt es einen Markt aufzubauen. Da sind wir gemeinsam mit der Firma Marx dabei, eine Marktnische zu finden.
Welcher Auftrag in den letzten drei Jahren ist es, auf den Sie besonders stolz sind?
Schwierig zu sagen. Ich freue mich über schöne Aufträge, die sind immer eine große Herausforderung. Diese Herausforderungen können wir nur als Mannschaft angehen. Die gesamte Firma kniet sich dann hinein. Ein Beispiel: Leztes Jahr haben wir für den renommierten Modedesigner Michael Kors ein Geschäft in New York ausschließlich mit Laaser Marmor eingerichtet. Um diesen Auftrag abwickeln zu können, musste die Mannschaft sogar die Weihnachtsferien verkürzen. Stolz bin ich da eher auf die Mannschaft, als auf den Auftrag selbst. Seit einigen Jahren beliefern wir auch den Modedesigner Gucci.
Kehren wir von der großen Welt wieder zurück: Der Laaser Wirtschaftsprofessor Gottfried Tappeiner hat in einer Studie vor rund 15 Jahren festgestellt, dass die beiden Brüche, der Weißwasserbruch und der Göflaner Wantlbruch zusammengehören. Gilt das noch?
Da bin ich ganz bei Gottfried Tappeiner. Diese beiden Brüche gehören zusammen. Aus einem einfachen Grund: Wenn wir uns nicht gemeinsam dem Markt stellen, dann fügen wir uns gegenseitig Imageschäden zu und vor allem die Marke Lasa Marmo bekommt einen Imageschaden. Da der Göflaner Marmor dem Laaser sehr ähnlich ist und auch auf dem Markt als „bianco lasa/covelano“ erhältlich ist, tut dem Markt nicht gut. Wenn qualitativ gute Blöcke verkauft werden und z.B. in Verona verarbeitet werden, gibt es keine Kontrolle mehr. Da kommen wir zu einem Punkt, wo wir die Preise nicht mehr halten können. Wer bezahlt dann die Umweltschutzauflagen und deren Kosten?
Wird durch zwei Anbieter die Marke Lasa Marmo tatsächlich geschädigt?
Ungewollt geschädigt. Natürlich ist das freie Marktwirtschaft. Wir sind zwei voneinander unabhängige Betriebe und Konkurrenten, wo nur gleiche Abbaubedingungen zu fairen Preisen führen.
Liegt schon ein Kaufangebot bei Burkhard Pohl?
Die Bereitschaft ist da. Ein konkretes Angebot gibt es nicht.
Ein Thema, das die beiden Betriebe trennt, ist der Marmortransport. Wie soll der Marmor Ihrer Meinung nach abtransportiert werden?
Die Entscheidung, wie künftig der Marmor abtransportiert werden soll, liegt bei der Landespolitik, bei der Gemeindepolitik und beim Nationalpark. Die Göflaner Marmor GmbH hat einen Vertrag mit der Gemeinde Schlanders, die den Stein heruntertransportiert. Also liegt auch dort die Entscheidung in der Gemeinde Schlanders. In Laas ist diese Entscheidung bereits gefallen: Wir sind für den Transport über die Schrägbahn. Die Wintertauglichkeit spricht dafür, es ist auch eine Frage des Images. Und wir haben eine historische Anlage im Nationalpark zu erhalten. Was die Kosten anbelangt: Langfristig sind die Kosten, wenn wir alle an einem Strang ziehen,  gleich wie beim LKW. Kurzfristig ist der Transport mit dem LKW billiger.
Der Landeshauptmann hat erkannt, dass der Transport über die Schrägbahn langfristig die einzige Lösung sein muss. Was kostet die Sanierung der Schrägbahn?
Wir haben eine neue Seilbahn gebaut, ohne mit Schlanders einen Konsens erzielt zu haben. Die Sanierung der Schrägbahn ist der letzte Schritt. Überschlägige Angebote haben wir auf dem Tisch. Wir rechnen, je nach Projekt, mit 7 oder 25 Millionen Euro. Es gibt eine Minimalvariante mit einer Traglast von 20 Tonnen. Die jetzt in Angriff genommenen Baumaßnahmen sind Teil dieser Minimalvariante. Die Maximalvariante hätte ein Traglast von 30 Tonnen und würde die Sanierung sämtlicher Teile der bisher bestehenden Transportstruktur umfassen. Der LH hat eine Beteiligung von 25 Prozent in Aussicht gestellt. Wenn mit Schlanders eine Einigung erzielt wird, könnten es auch mehr sein.
Was bietet Lechner den Schlandersern?
Das Angebot von 100 Euro pro Kubikmeter vom Weißwasserbruch bis ins Werk der Lasa gilt nach wie vor. Wenn wir alleine die Schrägbahn sanieren müssten und in Göflan weiterhin über die Straße abtransportiert wird, dann arbeiten wir für die Spesen und gleichzeitig liefern wir uns einem Konkurrenten aus, der uns jederzeit preislich unterbieten kann. Das ist eine ungute Situation. Deshalb ist es wichtig, dass man da zusammenkommt.
Es seien schwierige Verhandlungen, sagt der Schlanderser BM Dieter Pinggera. Pinggera will den Landeshauptmann mit dabeihaben.
Der Herr Pinggera war bisher bei einer Verhandlung dabei. Seither hab ich ihn nicht mehr gehört, nicht mehr gesehen. Von Verhandlungen kann man da nicht reden. Ich habe das Gefühl, dass man in Schlanders den Weg der Straße erreichen will. Ich verstehe schon, dass da ein Vertrag zu erfüllen ist, aber da wird diese neue Verwaltung einen Ausweg finden müssen. Ich stehe jederzeit bereit für Verhandlungen. Kosten von 60 Euro pro Kubikmeter für den Transport über die Schrägbahn sind möglich. Das hängt allerdings von der Beteiligung des Landes an der Finanzierung ab. Wenn der Beitrag des Landes 80 Prozent der Kosten ist, dann können auch 60 Euro unter Umständen erzielt werden und die Rechnung der Gemeinde Schlanders aufgehen. Vielleicht hat Schlanders deshalb 60 Euro errechnet?
Ist die Lasa noch im Clinch mit der Fraktion Göflan bzw. mit der Gemeinde Schlanders wegen der Ablöse des Hotel Covelano?
Wir sind nicht im Clinch. Noch gehen die Summen, was Göflan bereit ist zu zahlen und was das Gebäude für uns für einen Wert hat, noch weit auseinander.
Über welche Summen spricht man da?
Göflan wäre laut Gerichtsaktenstand bereit, 150.000 bis 200.000 Euro zu zahlen und die Lasa verlangt 800.000 bis 1,2 Millionen. Da müssen wir uns noch zusammenraufen. Momentan laufen die Prozessverhandlungen formell weiter, um eine Verjährung zu verhindern.
Sie haben eine neue Seilbahn vom Weißwasserbruch über das Laaser Tal gespannt. Was geschieht als Nächstes?
Innerhalb Oktober wird diese Seilbahn in Betrieb gehen. Die Schrägbahn wird soweit fit sein. Einige Adaptierungen sind dann noch an der Schrägbahn zu machen, um dann 20 Tonnen transportieren zu können.
Die Lasa Marmo in zehn Jahren – wie wird das aussehen?
Die Lasa Marmo in zehn Jahren sollte mindestens das Doppelte an Personal haben als heute. Derzeit sind 50 Beschäftigte. Dann wären es so viele, wie mein Urgroßvater um 1900 herum beschäftigt hat. Das Potenzial ist da. Wichtig ist, dass die Mannschaft zusammensteht, auch in der derzeitig schwierigen wirtschaftlichen Lage. Die Lasa hat die Chance, weil der Laaser Marmor eine Marke ist. Marken haben auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten Bestand. Wir müssen darauf achten, dass wir das Image und die Marke nicht verlieren. Die Jennwand gehört zu diesem Konzept. Dort ist ein ähnlicher Stein wie in Göflan. Dieses Jahr haben wir rund 200 Tonnen heruntergebracht. Das nächste Jahr sollen dann marktfähige Blöcke gefördert werden.

Interview: Erwin Bernhart

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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