Dienstag, 26 April 2016 09:26

Der Jüngste einer großen Bauernfamilie

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s17 3373Ich war angenehm überrascht, als mein Bruder Hansjörg einwilligte, von ihm ein Porträt zu schreiben. Wir vereinbaren ein Treffen in der Stadtbibliothek Meran.

von Andreas Waldner

Er ist der Jüngste einer großen Bauernfamilie. Deshalb hat er seine Vorteile aber auch seine Nachteile von seinem „Benjaminstand“ gehabt. Die anderen Geschwister seien sehr adäquad erzogen worden. Er hätte als Jüngster alles beobachtet und aufgenommen.

So kam damals sein Bruder Raimund vom Vinzentinum in die Osterferien nach Hause und bezeichnete ihn als „Osterhasen“. Er hat seine Brüder nicht erleben können weil „alle schon im Vinzentinum waren“. Er ist mit seinem Bruder Ferdinand alleine zu Hause gewesen. Die Volksschule sei ganz nett gewesen und ohne Probleme und sie erinnere ihn absolut an seine Lehrerin Filomena Stecher, eine wunderbare Frau, die wie eine Mutter war. Das Liebste, was er gehabt habe, sei das Mittagessen in der Ausspeisung gewesen, von der Kauner Loisa zubereitet.
Ein weiterer Höhepunkt seines Daseins, obwohl es ein Höhepunkt seines Bruders Kassian war, ist die Primiz gewesen. Da hat er sein Schnitzel zu spät bekommen. Kaum hat er angefangen zu essen, hieß es, in die Vesper gehen. Das hat ihn irritiert nicht verletzt. Er hat aber beim Beten und beim Primizsegen nur an das Schnitzel gedacht. Hansjörg gibt zu, dass es ihn in der Familie am besten gegangen ist. Wenn er beim Hüten nicht alle Kühe nach Hause gebracht hat, hat der Vater mich verprügelt nicht ihn. Er war ja erst 10 Jahre. Der Vater hat nur ganz bestimmte Buben mögen. Das Problem ist eigentlich unser ältester Bruder gewesen. Der ist Pfarrer geworden, dem hat er nichts mehr tun können. Dafür haben aber die anderen leiden müssen. Hansjörg wollte Missionär werden, hat 8 Jahre im Josefsmissionshaus gewohnt und Mittelschule, Gymnasium und Lyzeum im Vinzentinum besucht. Letztendlich hat er sich aus irgendeinem Grund entschlossen, nach Wien zu gehen, um Germanistik zu studieren. Die Studienzeit sei wunderbar gewesen. Sie hat ihn überhaupt nichts gekostet an Energie oder sonst was. Er hat einfach eine Seele für Germanistik gehabt. Er wollte Deutsch lernen. In diesem Fach hat er alles im Kasten. Germanistik war sein Ein und Alles. Er hat 10 Jahre durchstudiert und ist zum Doktor der Philosophie graduiert worden.  Er hat promoviert über die Literatur in der Zwischenkriegszeit, über Luis Trenker, über Mumelter, über Rubatscher. Er hat über sie ein Buch geschrieben. Karl Kraus, das ist seine Lebensgeschichte. Ungefähr 3 Jahre hat er in Wien sich mit Karl Kraus beschäftigt. Er hat alles durchstudiert, die ganze „Fackel“ durchstudiert, die rote Fackel. Hansjörg hat 1988 geheiratet und ist mit seiner Frau 7 Jahre zusammen gewesen, es seien wunderbare Jahre gewesen. Die Hochzeit auf Plagött war grandios. Die Ehe ist dann durch irgendeine Geschichte zu Ende gegangen.
In seinen Werken hat er sehr viel über Biographien im Dörfl in St. Valentin geschrieben. Das wichtigste Werk ist eigentlich über seinen Vater, über seine Mutter und das ganze „Ding“, das er aufgearbeitet hat. Sein Vater fehlt ihm sehr. Er ist zu früh gestorben. Mit 13 Jahren hat Hansjörg nicht das Gefühl gehabt, dass der Vater mit 58 ein junger Mann gewesen wäre. Aber jetzt mit 61 Jahren merkt er, dass er sehr jung gestorben ist. Das hat ihn entsetzt. Der Vater hat ihn geliebt. Er war unglaublich euphorisch, ein sehr freudiger Mensch. Die Mutter war eine zurückhaltende, sich zurückziehende, eben aus dem Schatten vom Vater nicht herauskommende Hausfrau, ganz fleißig, ganz brav. Aber sie konnte, wenn es ihr gelang, sehr aggressiv sein, mit all ihren Kindern sehr austeilend sein, also ganz konträr. Die Mutter war einerseits eine wunderbare Frau und andererseits auch eine knallharte Berechnerin. Sie hat das, was mein Vater ihr angetan hat, immer wieder auf uns losgelassen. Das war ganz schlimm. Alles. Das ist seine Kindheit gewesen. Vom Bruder Heinrich weiß Hansjörg, dass er als Kind auf der Melager Alm missbraucht worden ist. Dort haben sie ihn hinterübrisch aufgehängt und einfach maltratiert, vielleicht auch sexuell oder so etwas. Das war unser armer Bruder Heinrich, der mit 10 Jahren das Knechtl  auf der Melager Alm war. Das haben ihm die Hirten erzählt. Die haben gesagt: ja es war so lustig, es war einfach so lustig, wenn einer hinterübrisch aufgehängt worden ist. Und solche Sachen. Ganz fürchterliche. Oder Ähnliches über den Bruder Raimund: den hat er gesehen, von der Plawenner Alm kommend, mit seinen schlampigen Hosen, ist er heruntergerannt über die Teinen-Wiesen, und hat den Vater gebettel, bittschön, bittschön, ich mag nicht oben bleiben auf der Alm. Oben auf der Alm haben sie ihn ... Da sind schlimme Massaker passiert. Der Filmemacher Karl Prossliner war die Ursache für die Rückkehr Hansjörgs nach Südtirol, nach Meran. Mit dem Karl versteht er sich 100%. Der Karl überlässt ihm für seine Serie „Bildbeschreibung“ die Textbeschreibung. Und es geht noch weiter. Der Karl Prossliner sei ein, wenn er es sagen darf, ein Fan von ihm. Das erste Projekt war „von hier bis zum Mond“. Hansjörg war Hauptdarsteller. Es wurden 3 Serien gemacht.

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