Helmut und Helga Spiess aus Taufers i. M. organisierten daraufhin den Bau eines Kindergartengebäudes und die Einstellung einer Kindergärtnerin. Im vergangenen Herbst fuhr ich zum zweiten Mal nach Nepal, um die Menschen und Kinder in Bolde zu besuchen und zu unterstützen.
November 2013. Die Ankunft in der Hauptstadt Kathmandu bedeutete für mich das Eintauchen in eine unüberschaubare Stadt, immer wieder ein kleiner Tempel der Hinduisten und Buddhisten, laut hupende Autos, verstümmelte Bettler, in der Nacht bellende Hunde. Ich schnaufte auf, als ich zusammen mit einigen Mitgliedern der Namaste-Stiftung Deutschlands mit dem Jeep nach Bolde fahren konnte. Die Fahrt ging über eine holprige Straße mit ausgesetzten steilen Stellen. Zweimal kam uns ein Bus entgegen, mit Menschen voll gestopft und auf das Dach gepfercht. Ebenso Jeeps, Last- und Viehwagen. Einmal blieben wir hängen, die Fahrzeuge steckten ineinander.
Plötzlich - der türkisgrüne Sukosi Fluss ist tief im Tal zu sehen. Ich war überwältigt: weite Täler und Tiefen, goldfarbene Reisfelder, Bananen- und Papayabäume.
Bolde – ein Dorf auf ca. 1000 m Meereshöhe, an den Hang gebaut. Die Menschen leben in einfachen Häusern. Das fließende Wasser ist vor dem Haus. Die Frauen kochen auf dem offenen Feuer. Reis, Linsensoße und Gemüse. Zum Schlafen rollen die Menschen die Reismatten auf dem Boden aus. Die täglichen Wege bewältigen sie zu Fuß. Kinder mit fröhlichen Gesichtern und Rotznasen. Ich sehe keinen Ball, keine Puppe, kein Buch.
Viele junge Männer sind fort, um in der Stadt oder als Träger beim Trekking Geld zu verdienen. Die Frauen bleiben meist mit mehreren Kindern zurück. Die schwere Arbeit im Haus und auf dem Feld füllt ihre Tage und die Kinder bleiben bei den Großeltern, die häufig überfordert sind. Sie streunen unbeaufsichtigt herum, kommen in Gefahren, die sie selbst nicht vorhersehen können. Dies veranlasste Herrn Tilak Lama, sich für einen sicheren Ort für die Kinder einzusetzen, an dem sie spielen und lernen können. Die Idee vom Kindergarten Bolde war geboren. Ein Kindergarten für alle Kinder, der Besuch wird über Patenschaften finanziert.
In Nepal gibt es in größeren öffentlichen Schulen eine Einrichtung für die Vier- und Fünfjährigen. Hier spricht die Lehrerin Wörter und Laute vor und die Kinder sagen sie im Chor nach. A wie Apfel. Immer wieder. Hundert Mal... Einen anderen Kindergarten sah ich, der von einer italienischen Organisation vor 20 Jahren gegründet wurde, jetzt aber nicht mehr von dieser begleitet wird. Schmutzig, konzeptlos. Deshalb sind die Menschen in Bolde stolz auf ihren neuen Kindergarten. Ein Raum mit einem Tisch und 14 Stühlchen, eine Küche, ein Nebenraum, ein betonierter Platz vor dem Haus und ein rotes Toilettenhäuschen.
Ein kleiner Steig führte mich zu dem neuen Gebäude. Die Kinder saßen barfuß um einen Tisch. Ruhig, erwartungsvoll schauten mich große dunkle Augen an.
Ich machte einfache Fingerspiele und Lieder in Englisch und zeigte ihnen in den kommenden drei Wochen einige Spiele und Materialien vor. Ich führte das Hände-waschen ein und organisierte den Besuch des Arztes von der Krankenstation. Er untersuchte die Kinder und erklärte ihnen das Zähneputzen. Am Nachmittag schlüpften sie in die Zehensandalen und liefen den Berg hinauf oder hinunter nach Hause.
Vor kurzem war ich zum zweiten Mal in Bolde. Ich staunte nicht schlecht, dass der Fußboden von Insekten zerfressen war. Doch ich war überrascht, dass die Kinder und die Kindergärtnerin Danmaya viel gelernt hatten. Sie kannten die Materialien, die es im Kindergarten gibt, spielten Puzzle und bauten Bausteine zusammen.
Heuer hatte ich Perlenmaterial mitgebracht. Ich freute mich, wie die Mädchen und Buben eine Kette nach der anderen einfädelten, bis es Zeit zum Essen war. Auch am nächsten Tag gaben sie sich wieder dem Fädeln hin und ebenso am übernächsten. Ich hatte auch Bilderbücher mitgebracht und zeigte der Kindergärtnerin, worauf sie beim Vorlesen achten möge. Dann blätterten die Kinder selbständig und schauten die Bilder an.
Am letzten Tag verabschiedete mich Danmaya, indem sie mir ein Tuch um den Hals legte, um mir Glück und Segen für die Reise zu wünschen. Und ich war froh darum – denn die Rückfahrt mit dem rostigen, engen und überfüllten Bus auf der holprigen einspurigen Straße war mehr als abenteuerlich.
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