Dieser Grundregel folgt der 66-jährige Hubert Prieth jedes Jahr im Oktober, wenn er das Kraut „einmacht“. Die Gärung schreitet dann langsam voran und das Sauerkraut wird knackig. Auf keinem Fall darf es das Sternzeichen Fisch sein. „Selm weart’s Kraut so lotschat, dass ma’s nimmer kochn braucht“, sagt Hubert. Einmal ist ihm das passiert und das war ihm eine Lehre. 120 Kilogramm Krautköpfe holt er sich jährlich bei Alfred Schwarz in Agums. Dieser baut Kohl für die Bauern der Umgebung an und ist auch regelmäßig auf den Märkten anzutreffen, solange seine Erntemenge reicht. „Di Köpf miaßn keif sein, damit ma si guat schneidn konn“, erklärt Hubert. Beim „Kraut einmachen“ folgt Hubert einem genauen Ritual. Tage zuvor reinigt er das große Holzfass und füllt es mit Wasser. Die während des Sommers spröde gewordenen und geschrumpften Holzriemen quellen auf und die Ritzen schließen sich. „Onamol hoobmer s Fassl pa an Kolleg in Mols nit teaklt, nor isch olz tschaari gweesn“, erzählt Hubert. Wenn das Fass ganz dicht ist, putzt er den Krauthobel bis die Klinge blitz blank ist. Der Hobel ist uralt, doch immer noch funktionstüchtig. Diesen benutzten bereits Huberts Vorfahren im „Franz Prietha Haus“ in Graun. Die Seestauung vertrieb die Familie Prieth 1950, und sie zog nach Glurns, wo Huberts Eltern den Hof vor der Stadt erworben hatten. Im mitgebrachten Hausrat befand sich auch der Hobel.
Vor dem „Kraut einmachen“ stellt Hubert die Gewürze bereit und gibt dann das Start-Kommando. Seine Frau Gertraud entfernt die äußeren Blätter der Krautköpfe und schneidet sie in Teile. Seine Gehilfin Helene legt diese auf den Hobel und setzt ihn kraftvoll mit Fingerspitzengefühl in Bewegung. Die Krautschnippel fallen in ein darunter stehendes Schaff. Hubert gibt die Masse dann schichtweise ins Holzfass. Jede Krautschicht erfordert dieselben Arbeitsschritte. Zuerst würzt er die Masse nach Gefühl mit Salz (für 100 kg Kraut braucht er zirka 1 ½ kg Salz), mit Weißwein, einigen Lorbeerblättern und Apfelschnitten der säuerlichen Sorte Boskoop. „Suscht hon i anstott Äpfl olm Krautruabm gnumman, ober huir hon i pan Alfred koane mea kriagt“, sagt Hubert.
Mit dem hölzernen Krautstampfer zersprengt er die Krautstreifen so lange, bis der Saft austritt. Wenn das Fass gefüllt ist, deckt er das Kraut mit runden Holzbrettern ab, gibt einen schweren Stein darauf und wirft eine Decke darüber. Bei 15 bis 17 Grad gärt das Kraut nun sechs Wochen lang. Zu Nikolaus gibt es erstmals Kraut mit Stich, geselchten Rippen und
Würsten. Und Hubert ist sich sicher, dass auch heuer wieder ein gutes Sauerkraut auf die Teller kommt.