Dienstag, 19 Februar 2013 00:00

Alles fließt

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Portrait - Ernst Kolt, Stilfs

s15_BildGegen Ende seiner Zeit als Lehrling zum Steinbildhauer im hessischen Kronberg im Taunus hat Ernst Kolt durch Kollegen von der Marmorfachschule in Laas erfahren. Dies sollte ein Wendepunkt in seinem Leben sein; sei es im Persönlichen als auch im Bildhauerischen. Dadurch, so der Künstler heute, habe er den Laaser Marmor als auch den Vinschgau besser kennen und schätzen gelernt.

Auch seine heutige Frau Mary Zischg lernte er so kennen. Geprägt war diese Phase von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Stein. Nach dem Lehrjahr in der Laaser Fachschule kehrte der Steinmetz aber wieder nach Frankfurt zurück, um bei Prof. Claus Bury Kunstpädagogik zu studieren. In dieser Zeit entwickelte er sich weiter und der Stein als künstlerisches Ausdrucksmittel verlor zunehmend an Bedeutung. „Zu schwer, zu träge und zu unbeweglich!“, so der Künstler resümierend. Fasziniert von der Leichtigkeit und Wandelbarkeit von Gasballon, Eis, Kohle, Holz und Sand, ließ Ernst sich nunmehr vor allem von diesen Stoffen leiten.
Hinfort sollte aber vermehrt Persönliches in den Vordergrund rücken, denn irgendwo wollte und sollte sich das Künstlerpaar ja wiedertreffen. Mary hatte zwischenzeitlich das Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Avramidis und Pistoletto abgeschlossen und so erschien das Haufendorf Stilfs beiden als idealer Ort, welchen Mary bereits im Jahre 1989 anlässlich des Kleinkunstfestivals näher kennengelernt hatte. So hat das Paar 1997 dann ein altes Haus im Ortsteil Patzleida erworben und allmählich umgebildet. Rückblickend dazu Ernst heute: „Wir haben damals ein Haus mit 2 Waschbecken, 3 Steckdosen und 2 Plumpsklos gekauft! Erst nach 7 Monaten rustikalen Wohnens und in Ermangelung etlichen Komforts, haben wir uns dann sorgfältig überlegt, wie wir unser neues Zuhause gestalten werden. In der langen Zeit des Umbaus haben wir keine Kunst - im Sinne von Ausstellungen – mehr geschaffen. Wir schienen dies total vernachlässigt zu haben; so beschlich uns manchmal das Gefühl!“ Nichtsdestotrotz lässt sich überall in der Wohnung der kreative „Atem“ des Künstlerpaares erspüren, welches mit üppigem Feingefühl die alten, urtümlichen Elemente des Hauses mit modernen Elementen verflochten und auf diese Weise komfortables Wohnen geschaffen hat, ohne dem Gebäude seinen ursprünglichen Ausdruck zu nehmen. Ihre beiden Söhne Egon und Heinrich sollten alsbald die alten, neuen Räumlichkeiten mit Leben und Frohsinn erfüllen.
Ein Projekt aber, welches Ernst bis heute ganz besonders am Herzen liegt, ist der in Stein gehaltene Brunnen auf dem Stilfser Kirchplatz. „Dies ist eine Arbeit, vom Dorf fürs Dorf und wir sind heute noch dem Roland (Angerer) dankbar für sein Engagement!“ Der Pädagoge nahm alle schulorganisatorischen Hürden und vermochte die Kinder anzuspornen, Bilder in Eigenregie als Motive für die Reliefs auszuarbeiten. So finden sich heute auf diesem Brunnen 24 in Stein gehauene Reliefe, welche allesamt Originalzeichnungen der Stilfser Grundschüler zur Vorlage hatten. „Mitsamt den Namen der Kinder … Ich hege den Wunsch, dass einige dieser Kinder, welche vielleicht von Stilfs wegziehen oder bereits fort sind, irgendwann zurückkehren und sich in diesem Brunnen wiederfinden.“
Das Kulturfestival „Stilfs.vertikal“ bot dem Künstlerpaar dann die ideale Plattform für eine Präsentation der besonderen Art namens „Parallelen“: Geboren aus einer scheinbar simplen Idee und zum Kunstwerk mit Symbolkraft erwachsen, wurden heliumgefüllte Ballons an massive Eisklötze angedockt, auf einigen Dächern von Stilfs installiert und den vielen Besucheraugen präsentiert - alleinig Heraklits universellen panta rhei („Alles fließt“) verpflichtet. So konnte der Festivalgast denn auch miterleben, wie das fesselnde Eis allmählich zerrann und die Ballone, befreit von allem Ballast, mit ungeahnter Leichtigkeit unaufhaltsam gen Himmel schwebten. „Stilfs.vertikal war wirklich eine tolle und passende Kulisse für diese Installation!“
„Die Werke entstehen aus mir heraus, oder besser gesagt aus uns - Mary und mir. Schon in den 90er Jahren haben wir uns (auch) künstlerisch gegenseitig inspiriert. Es ist irgendwie wie beim Ross und Reiter, kaum zu trennen. Ich empfinde vielleicht auch deshalb die Werke als konkreter und ausgereifter!“ Aus diesem Grunde signiert der Künstler all seine Werke mit Zischg und Kolt. So trug im Sommer 2012, als er am internationalen Bildhauersymposium im kasachischen Ust Kamenogorsk teilgenommen hat, sein künstlerischer Beitrag ebenfalls beide Namen.
In den letzten Jahren führte der Weg den Bildhauer aber wieder vermehrt zurück zu seinem Ausgangspunkt: dem Stein. „Nur hat der Werkstoff Stein heute definitiv mehr Reiz als damals, als ich mich tagtäglich damit beschäftigen musste!“ Doch auch flüchtige, wandelbare Elemente, wie Ballons, Eis, Holz und Quarzsand sind nach wie vor Themen des Wahlstilfsers ….

Renate Eberhöfer

Zeitung Vinschgerwind Bezirk Vinschgau


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