Dienstag, 04 Oktober 2016 12:00

Die Notwendigkeit, das Statut anzupassen

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s10 7363Vinschgerwind  - Interview

Vinschgerwind: Am 4. Dezember 2016 findet die Wahl zum Bundespräsidenten in Österreich statt und es findet auch das Referendum zur Verfassungsänderung in Italien statt. Welchem Ergebnis fiebern Sie mehr entgegen?


Albrecht Plangger: Persönlich fiebere ich dem Ausgang des Verfassungsreferendums mehr entgegen. Es würde mich zwar auch freuen, wenn in Östereich ein gutes Ergebnis herauskommt. Es könnte mein Gemeindenachbar Bundespräsident werden. Das wäre schon wichtig.
Vinschgerwind:Mit dem Gemeindenachbarn meinen Sie Alexander Van der Bellen, der im Kaunertal zuhause war.
Plangger: Ja.
Vinschgerwind:Sie tun so, als ob das Wohl Südtirols von einem „Ja“ zu dieser Verfassungsänderung abhängig wäre. Warum denn?
Plangger: Wir haben diesen Weg schon seit längerem eingeschlagen. Wir haben eine Notwendigkeit, das Autonomiestatut anzupassen. Es geht um mehrere Kompetenzen und es geht auch darum, Europa ins Autonomiestatut mit hineinzunehmen. Wir haben diese Anpassung seit mehr als 15 Jahren schon verschoben. Mittlerweile hat sich ganz Südtirol darauf eingestellt, dass man das Autonomiestatut anpassen will. Man denke da auch an den Autonomiekonvent. Seit 15 Jahren haben wir uns nicht getraut, dieses Paket, das Autonomiestatut aufzuschnüren, weil wir nicht wussten, was alles passieren könnte. Wenn wir eine Sicherheitsklausel und ein Einvernehmen haben, dann könnte aus einer Erneuerung des Statutes etwas Gutes draus werden. Sonst riskieren wir Kopf und Kragen und ein solches Risiko möchte niemand eingehen.
Vinschgerwind:Worüber stimmen wir denn am 4. Dezember eigentlich ab? Über eine Schutzklausel, welche die Autonomie Südtirols vor der Verfassungsreform schützt, oder über die Verfassungsreform mit unter anderem der Abschaffung des Senates?
Plangger: Die Verfassungsänderung hat ja nicht Südtirol beantragt. Es würde uns vollauf genügen, wenn wir das Autonomiestatut anpassen könnten. Es ist aber eine Verfassungsreform gekommen, über die abgestimmt werden soll. Diese Verfassungsreform ist notwendig. Nach den letzten Parlamentswahlen waren sich alle Parteien einig, dass etwas zu ändern wäre, vor allem wäre das perfekte Zweikammersystem zu ändern. Darin waren sich alle einig. Wir wissen allerdings, dass bei einer Verfassungsänderung Südtirol ein Problem bekommt. Deswegen haben wir geschaut dass wir zum Einen mehr Kompetenzen erhalten und zum Zweiten, dass uns nichts genommen werden kann. Und auch, dass wir in diesem Rahmen unser Statut anpassen können. Dazu brauchen wir die Sicherheitsklausel.

Vinschgerwind:Das Stimmverhalten der Südtiroler wird wohl nicht ausschlaggebend für den Ausgang dieses Referendums sein.
Plangger: Eben schon.
Vinschgerwind: Warum denn?
Plangger: Ein Beispiel: Bei den Parlamentswahlen 2013 waren unsere 130.000 Stimmen ausschlaggebend dafür, ob Berlusconi oder Renzi an die Regierung kommt. Dass es Renzi geworden ist, dafür waren die Südtiroler Stimmen ausschlaggebend. Und beim Verfassungsreferendum am 4. Dezember könnten unsere 130.000 - 140.000 Stimmen den Ausgang entscheidend beeinflussen. So eng wird derzeit in Italien kalkuliert. Deswegen hat unser Stimmverhalten eine bestimmte Wichtigkeit. Sonst könnten wir ja sagen, dass uns das Wurscht ist. Wir haben uns aber auch in den letzten zwei Jahren auf eine Statutenänderung eingestimmt - wenn wir eine entsprechende Schutzklausel haben, können wir etwas tun. 2006 hat es schon mal eine Klausel gegeben. Die gibt es nicht mehr. Als Vorlage für die heutige hat diese gedient.

Vinschgerwind: Von daher ist der Einsatz von Ihnen, von den SVP-Parlamentariern auch vom Landeshauptmann Arno Kompatscher verständlich, die Leute zu einem „Ja“ für die Verfassungsänderung zu  bewegen. Die Opposition ist geschlossen dagegen.
Plangger: Das sind übliche politische Spielchen. Den Renzi eins auswischen zu können. Eines ist auch klar und auch in Südtirol üblich: Wenn man mit „Nein“ stimmt, braucht man nichts tun, nichts denken. Es ist der Gedanke verbreitet, wenn ich heute mit „Nein“ stimme, kann ich morgen immer noch „Ja“ sagen. Wenn ich aber heute „Ja“ sage, kann ich morgen nicht mehr „Nein“ sagen. Das ist ein großer Unterschied. Die Leute sind generell auf ein „Nein“ eingestimmt, da braucht man nichts zu denken.

Vinschgerwind: Wird der Wahlausgang von Ihnen persönlich und von der SVP allgemein als Erfolg bzw. Misserfolg gemessen?
Plangger: Das ist sicher. Ich persönlich habe in der Verfassungskommission zahllose Stunden abgesessen, Wochenenden, Nachtsitzungen. Wir haben zwei Ziele verfolgt: Zum einen, dass uns nichts genommen wird - mit der Sicherheitsklausel - und zum anderen mehr Kompetenzen. wir haben zwar nicht alles erreicht, aber das Resultat ist gut. Wenn das alles nichts wäre, hätte ich ja sagen können, dass ich besser auf die Jagd gegangen wäre.

Vinschgerwind: Sind Sie als SVP-Bezirksobmann in Ihrer Mission schon bei den Ortsgruppen unterwegs?
Plangger: Den einfachen Bürger zu überzeugen, ist sehr schwierig. Mit einer südtirolweiten Initiative möchte ich unsere Bürgermeister unsere Erfahrungen als Parlamentarier mitteilen Also mit Informationen bei der Meinungsbildung der Bürgermeister mithelfen. Wenn wir die Bürgermeister davon überzeugen, dass ein „Ja“ bei der Verfassungsänderung gut ist, dann strahlt das auch auf die Bürger ab.

Vinschgerwind: Befürchten Sie nicht, dass die Leute erst gar nicht zur Abstimmung hingehen werden?
Plangger: Wie gesagt, das Einfachste ist mit „Nein“ stimmen. Wenn es uns aber gleich ist, dass alles bleibt wie es ist... Wir haben aber gesehen, dass seit 2001, also seit 15 Jahren, keine Anpassung des Statutes erfolgt ist. Wir haben also die ganzen Kompetenzen, die wir inzwischen so bekommen haben, nicht in unserem Statut verankern können. Es hat sich nie die Gelegenheit dazu geboten. Nun könnte es soweit sein.
Interview: Erwin Bernhart

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