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Montag, 01 Februar 2016 00:00

Zusslrennen - Maschger

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Zusslrennen Prad 2006 StillebacherPrad ist eine der Fasnachtshochburgen Tirols. Dort gibt es, und das ist einmalig, zwei ganz verschiedene Fasnachtsbräuche: das Zusslrennen und die Maschger. „Zoch und Pfott“ spielen als einzige Figuren bei beiden Bräuchen eine zentrale Rolle und zeigen auch ganz klar, um was es geht: es sind Fruchtbarkeitsbräuche, der Winter soll ausgetrieben und die Kräfte des Frühlings aufgeweckt werden. Und es geht um Verkleidung und eine Riesengaudi in der fünften Jahreszeit: den Fasching.

Das Zusslrennen findet am Unsinnigen Pfinsta (Donnerstag) statt. Während sich die Bevölkerung auf dem Hauptplatz und entlang der Hauptstraße versammelt, startet der Umzug um 14 Uhr vom „Ganderegg“, etwas oberhalb der Ortschaft Prad.

Der erste Umzug besteht aus einer Bauerngesellschaft, die mit allerlei landwirtschaftlichen Geräten aufs Feld zieht. Sechs weiß gekleidete Männer, die Schimmel darstellen, ziehen einen alten Holzpflug durch die Gassen. Dahinter folgt der Fuhrmann mit der „Goaßl“. Dieser treibt die Schimmel an und lenkt den Pflug. Hinter dem Fuhrmann kommt der Sämann mit dem Säkorb, aus dem er Sägemehl auf die Zuschauer streut, danach folgen Bauer und Bäuerin, Knecht und Dirn, sowie „Zoch und Pfott“ mit ihren Arbeitsgeräten. Beim zweiten Umzug finden wir wieder die sechs Schimmel. Im Mittelpunkt ist der Triebschellenträger. Er läuft ganz vorne zwischen den beiden Schimmeln, trägt im Unterschied zu diesen einen weißen Kittel und einen Hut mit Blumen geschmückt, sowie eine große, schwere Schelle. Dahinter kommen 20 bis 30 Zussl, die so wie die Schimmel, ganz in Weiß gekleidet sind und bunte Krepppapierblumen aufgenäht haben. Die Zussl tragen Schellen, die über 20 kg wiegen und einen Höllenlärm machen. Dahinter geht die Bauerngesellschaft, aber beim zweiten Umzug ohne Arbeitsgeräte. Der Zug bildet ein lebendiges, buntes Bild. Die Zussl, die den Frühling symbolisieren, sollen durch den Lärm den Winter, die Kälte und die Finsternis vertreiben, die Kräfte der Natur aufwecken, damit der Bauer den Boden bestellen und im Herbst dann wieder die Ernte einfahren kann. Wie mir Gilbert Stillebacher, ein begeisterter Goaßlschnöller, Musikant und Brauchtumskenner in einem langen Gespräch erzählte, gibt es neben dem Zusslrennen noch viele andere Besonderheiten bei der Fasnacht in Prad.

In Prad gibt es neben dem „Zusslrennen“ das „Honterlerennen“ die „Oltweiber-Mihl“ das „Nochrennen“, das „Zusslwecken“, das „Aufschellen“ und die Faschingszeitung „Revolverblattl“.

In den letzten Jahren wurde der Zug mit den Zussln und den Bauersleuten begleitet von allerlei Wagen, die die verschiedenen Vereine gestalten. Aktuelle Themen im Lande und auf der Welt werden durch die aufwendig geschmückten Wagen auf humorvolle Weise dargestellt. In früheren Jahren wurden nach dem Umzug der Zussl auf dem Dorfplatz die großen Weltereignisse auf einer Bühne nachgespielt und die aktuellen Nachrichten mit dem Wetterbericht durch das ZPF (Zweite Prader Fernsehen) verlesen. Bei diesem bunten Treiben darf auch die „Oltweiber-Mihl“ nicht vergessen werden, die aber nicht jedes Jahr aufgeführt wird. Alte Frauen werden in einem Trichter auf einem großen Wagen oben hineingeworfen und kommen unten als junge Damen heraus. Zur Fasnacht in Prad gehört auch das „Honterlerennen“. Junge Burschen, die sich verkleiden und Gesichtslarven tragen, haben die Hände bzw. Handschuhe voll Ruß und beschmieren damit die Gesichter der Zuschauer. Aber nur bis zum Ave-Maria-Läuten um 17:45 Uhr. Das „Nochrennen“ ist ein Wettrennen zwischen einer Zussl und einem Zuschauer bis zum nächsten Gasthaus. Nur, wer beim Wettrennen auch immer verliert, das Glas Wein bezahlt der Zuschauer, nie die Zussl. Beim „Zusslwecken“ laufen Kinder mit Schellen am Nachmittag vor dem Unsinnigen im Dorf herum, machen Lärm und wecken so die Zussl auf. Beim „Aufschellen“ laufen Erwachsene am Unsinnigen Pfinsta ab Mitternacht bis in den Morgenstunden mit Schellen im Dorf herum.

Maschger: Hochzeitszug, Fruchtbarkeitskult und Totentanz

IMG 9530Die „Proder Maschger“ sind ein einmaliger Brauch in Gesamttirol. Es gibt Parallelen in Kärnten und Salzburg. Die Maschger sehen aus wie ein bunter Hochzeitszug, bestehend aus der Braut und dem Bräutigam und sieben Paaren als Gäste, sowie einem Bajaz, einem Ziehharmonikaspieler und seit einigen Jahren begleitet von 2 bis 4 Schuhplattlern.  Am Faschingssonntag und Faschingsdienstag ziehen sie am Nachmittag und am Abend von Gasthaus zu Gasthaus. Dort führen die Paare ihre Tänze auf, die Besucher werden von Zoch und Pfott abgebusst und der Bauer sammelt Spenden ein. Der Einzug der Maschger in ein Gasthaus erfolgt musikalisch. Der Bajaz, eine Art Harlekin, mit kariertem Kostüm, weißer Halskrause und mit bunten Bändern und Blumen geschmücktem Spitzhut und einem Stab, springt im Takt zu den Klängen der Ziehharmonika, macht Platz für die Tanzpaare und fordert dann jedes Paar zum Tanz auf: Herr und Frau, die aussehen wie Braut und Bräutigam, Tuxer und Tuxnerin, Bauer und Bäuerin, Steirer und Steirerin, Zigeuner und Zigeunerin, Zillertaler und Zillertalerin, Mohr und Mohrin. Ob die Maschger wirklich einen Hochzeitszug darstellen, ist nicht ganz klar. Es schaut jedenfalls nach einem großen Fest und einer bunten Festgesellschaft aus. Vielleicht ist es ein Friedensfest, zu dem alle eingeladen werden: die Bauersleut, die Vertreter der verschiedenen Völker aus der Donaumonarchie und auch alle anderen Völkergruppen der Welt, wie die Zigeuner oder die Mohren. Sonderbar ist, dass alle Tänze Linkstänze sind. Vielleicht sind es auch Totentänze, vielleicht soll es ein Hinweis sein, bei allen Festen und Feierlichkeiten auch daran zu denken, dass am Ende der Tod steht und das Leben eine Gradwanderung zwischen Lebenslust und Todesangst darstellt. So wie beim Zusslrennen der Wunsch nach Fruchtbarkeit auf den Feldern zum Ausdruck kommt, symbolisieren Zoch und Pfott durch ihren plumpen, ausgelassenen Tanz und den anschließenden Begattungsakt vielleicht den Traum von großer Leidenschaft, hemmungsloser Hingabe und den Wunsch nach vielen s32 prad kostKindern. Jedenfalls geht es wieder um die Fruchtbarkeit, diesmal nicht auf den Feldern, sondern im Haus. Beim Auszug spielt der Ziehharmonikaspieler „Mussi denn, mussi denn zum Städtele hinaus“, die Paare stellen sich auf und marschieren weiter, zum nächsten Gasthaus. Während das Zusslrennen von der Bauernjugend und unter Beteiligung auch anderer Vereine organisiert wird, stellen jedes Jahr andere Vereine die Tanzpaare bei den Maschger. Letztes Jahr war es die Musikkapelle, dieses Jahr das Weiße Kreuz. Hoffentlich kommen viele Zuschauer und rennen viele Zussl mit. Denn „Viel Zussl, viel Korn“, so hat es früher geheißen. Heute muss es wohl heißen „Viel Zussl, viel Äpfl“. Jedenfalls wünschen wir viel Spaß und ein buntes, lebendiges Treiben beim Proder Fosching.
Heinrich Zoderer  


Bilder: Gilbert Stillebacher hat mir viele Bilder von der Prader Fasnacht gegeben, die entweder er oder Elmar Brunner gemacht haben. Das Zusslrennen (links oben) findet am Unsinnigen Pfinsta ab 14 Uhr statt. Nicht nur 20-30 Zussl und eine Bauerngesellschaft begleiten den Zug, sondern auch mehrere geschmückt Wagen verschiedener Vereine. Die Maschger (rechts oben) ziehen mit dem Bajaz und dem Ziehharmonikaspieler am Fasnachtsonntag und Fasnachtsdienstag von Gasthaus zu Gasthaus. Acht Tanzpaare führen ihre Tänze auf. Zoch und Pfott spielen bei beiden Bräuchen eine wichtige Rolle.

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