Beide verweisen sie auf vormalige Nutzungen des Areals. Seit der Zwischenkriegszeit (1935) bis in die Neunziger-Jahre des vorigen Jahrhunderts war die Fläche zwischen Wiesen und Wald als Munitionsdepot des italienischen Heeres genutzt worden und als solches militärisches Sperrgebiet, in welchem keine land- und forstwirtschaftliche Nutzung erlaubt war. So konnte die natürliche Sukzession der Pflanzengesellschaften unbeeinflusst von menschlichen Aktivitäten ablaufen.
Schwefelquellen
Im Gebiet entspringen Schwefelwasserstoff haltige Quellen, welche den Schgumser Kanal als Abflussgraben speisen. Das Wasser riecht nach faulen Eiern, weshalb es im Volksmund etwas abschätzig „Goggelewosser“ genannt wird. Aber seine Heilwirkung gegen Akne, Hautunreinheiten u.a. Beschwerden bei äußerlicher Anwendung ist anerkannt. Vor der Zeit der Nutzung als Militärareal befand sich im Gebiet das Schgumser Badl, ein Heilbad mit Hotelbetrieb, das von der einheimischen Familie Hellriegl betrieben wurde und zur Zeit der Inbetriebnahme der Vinschger Eisenbahn (1906) Kurgäste von Meran nach Laas anzog. Vom Laaser Bahnhof wurden die Kurgäste mit der Pferdekutsche ins Badl gefahren. Für die Laaser Familie Hellriegl hat sich aus der Zeit des Badbetriebes bis heute der Vulgoname „Bodhonser“ erhalten.
Naturoase
Der östliche Teil des Areals im Schgumser Badl am Übergang von Feuchtwiesen und Schilfröhricht der Talsohle zum Mischwald aus Laub- und Nadelhölzern wurde von der Südtiroler Landesregierung ob seiner Vielfalt an Lebensräumen als Biotop ausgewiesen und unter Schutz gestellt. Das Gebiet ist ein naturbelassenes, abwechslungsreiches Landschaftselement, das verschiedenen und selten gewordenen Arten von Pflanzen und Tieren einen ihren Ansprüchen entsprechenden Lebensraum bietet.
Der Schgumser Kanal
Auch der Schgumser Graben ist in den letzten Jahren als Naturdenkmal ausgewiesen worden. Er mündet im Ortsbereich von Laas auf der Höhe des Marmorwerks in die Etsch. Der teilweise Schilf gesäumte Kanal ist ob seiner guten Wasserqualität ein wertvoller Lebensraum für die Fische aus der Familie der Forellenartigen (Salmoniden). Diese Kaltwasserfische gehören zum Artenspektrum der sogenannten Sauerstoffregion. Besonders wertvoll ist der Schgumser Graben als Schon- und Laichgewässer für die Marmorierte Forelle. Alle einheimischen Fischarten mit Ausnahme des Aals wandern in der Laichzeit flussaufwärts. Die Forellenartigen sind Kaltwasserlaicher; sie legen ihre Eier zwischen Ende Oktober und Ende Jänner in saubere, seichte, strömungsarme Gewässer ab. Der Schgumser Graben ist die Verbindung zwischen der Etsch und den sich fein verästelnden Rinnsalen und Quellbächlein in der Schgumser Au und somit der Zubringer zu den Laichplätzen. Er ist ohne Barrieren und Sperren und weist keine unüberwindlichen Niveauunterschiede auf.
Wasseramsel und Eisvogel
Der Schgumser Graben ist ein schmal lineares Landschaftselement inmitten der landwirtschaftlich intensiv genutzten Talsohle. Neben Schilfröhricht, Igelkolben, Sumpfziest, Gilbweiderich, Sumpfdotterblume als Krautige gibt es Pappeln, Weiden und Erlen als schattenspendende Bäume. Die alten Pappeln sind nach mehrfachem Schneiteln Baumdenkmäler und als Weichholz mit ausfaulenden Astlöchern wertvolle Bruträume für Höhlenbrüter unter den Vögeln.
Äste knapp oberhalb des Wasserspiegels am Kanal sind die Sitzwarten für den Eisvogel (Alcedo attis), der als Kleinod der einheimischen Vogelfauna hier am Schgumser Kanal und im Schgumser Badl Jagd auf kleine Fische macht. Aufmerksame Beobachter und Laaser Vogelfreunde wie Bruna Oneto-Pedross, Luis Kaufmann und Franz Grassl haben mir unabhängig voneinander ihre Beobachtung vom Eisvogel am Schgumser Graben in unterschiedlichen Jahreszeiten gemeldet. Wo der Eisvogel auch überwintert, so wie am Schgumser Graben, müssen nicht zufrierende Fischgewässer zur Verfügung stehen.
Kinderstube für Fledermäuse
Alle Fledermausarten gehören zu den sogenannten Natura 2000-Arten der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie von der Europäischen Gemeinschaft. Diese Listen schlüsseln die seltenen, gefährdeten und vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzen-Arten nach Gefährdungsgraden auf.
Das Dachgebälk der vormaligen Militär- und Munitionsbaracken im Schgumser Badl bietet den Fledermäusen geeignete Kinderstuben, wenn sie ihre Jungen gebären und säugen. Offene Luken zum Ein- und Ausfliegen, die ungestörte Ruhe im Gebälk und ein nahe gelegenes Jagdgebiet, das sich rundherum erstreckt und in Wald-, Wiesen- und Hecken-Habitaten ein hinreichendes Angebot an Insekten am Abend- und Nachthimmel anbietet, sind Lebensraumbedingungen, welche den Ansprüchen der Fledermäuse entsprechen. Für das Schgumser Badl, die Eyrser und die Tschenglser Au haben unsere Experten das Vorkommen der folgenden 5 Arten von Fledermäusen dokumentiert:
• Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum)
• Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros)
• Kleines Mausohr (Myothis blythii)
• Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus)
• Braunes Langohr (Plecotus auritus)
Weltweit sind heute ca. 1.150 Arten von Fledermäusen beschrieben, in Europa 42 davon. Der Verbreitungsschwerpunkt der Fledermäuse sind die Tropen auf der Südhalbkugel. Für Italien sind 33 Fledermausarten bekannt, 20 davon konnten wir im Nationalpark Stilfserjoch dokumentieren.
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