Bis dahin werden wohl einige Wolken vom Gespenst „Tourismusreorganisation“ vertrieben sein. Denn Spötter sagen, wenn die Art, wie die Tourismustreibenden intern diskutieren dieselbe Art ist, wie sie Südtirol nach außen bewerben, dann gute Nacht. Gemeint ist die jüngste Diskussion über die Zusammenlegung von Tourismusverbänden.
Schwung in die Diskussion hat letztlich der Hoteliers- und Gastwirteverband HGV bzw. dessen Präsident Manfred Pinzger gebracht. Der HGV ist, auch aufgrund der derzeit schwach aufgestellten Südtiroler Marketinggesellschaft SMG, wohl die treibende Kraft hinter dem Tourismuslandesrat Arno Kompatscher. Pinzger ließ verlauten, ohne sich mit den Tourismusverbänden abzusprechen, dass er eine Reduzierung der Tourismusverbände begrüße und einer dahingehenden Reorganisation positiv gegenüberstehe. Pinzgers Vorstoß hat die Lawine gelöst, der Landesverband der Tourismusvereine LTS musste Stellung beziehen, Verbände und Vereine begannen sich öffentlich in die Diskussion einzumischen. Gröden hat sich quergestellt, Hochpustertal auch, auch der Vinschgau.
Dabei ist in Tourismuskreisen die Studie des Münchner „Institute of Brand Logic“ über „die Neuordnung und Aufgabenverteilung der Tourismusorganisationen“ seit Frühjahr 2015 bekannt. Die Touristiker wussten demnach grundsätzlich Bescheid. Aber was ist diese Studie wert?
Die Studie endet mit zwei Optionen: Option 1 besagt im Wesentlichen, dass es unter der bisherigen SMG mehrere kleinere Tourismusverbände geben könne. Jedenfalls mehr als die bisher 10. Regionales Destinationsmanagement (RDM) heißen diese Einheiten. Diese Option war in den vergangenen Diskussionen nicht Inhalt und scheint von vornherein papierkorbverdächtig.
Vielmehr wurde und wird die Option 2 heiß diskutiert: Unter der SMG könne es vier „Regionale Management Einheiten“ (RME) geben - Südtirol West, Südtirol Ost, Südtirol Mitte und Südtirol Süden. Die bisherigen Verbände, etwa „Vinschgau Marketing“ oder „Meraner Marketing Gesellschaft“ (MGM) gäb’s in dieser Logik nicht mehr. Südtirol West wäre ein einziger Verband.
Diese an sich unausgegorene Idee öffentlich diskutieren zu lassen, gleicht einem Harakiri, einer völligen Verunsicherung in den Vereinen und Verbänden, einer völligen Verunsicherung vor allem bei den MitarbeiterInnen in den Verbänden und Vereinen. Einer Verunsicherung gleich, wie sie seit gut einem Jahr in den peripheren Krankenhäusern herrscht. Es hat den Anschein, als hätt’ dieser Wahnsinn Methode.
Unmut wurde kundgetan. Kurt Sagmeister, der Direktor von „Vinschgau Marketing“ sagt, er sei aufgrund seiner Arbeitserfahrungen in der Schweiz, anderes gewohnt. Er habe dort Fusionen betreuen können und im Vorfeld von Fusionen sei an sämtlichen Details gefeilt worden, an Vor- und Nachteilen, an Sparpotenzialen, an Personalentscheidungen, an Zielsetzungen usw. Erst als möglichst viele Details ausgearbeitet und beleuchtet waren, sei man in die Entscheidungsgremien gegangen.
Mit dieser Studie der Tourismusreorganisation und mit der Diskussion darüber habe man das Pferd von hinten aufgezäumt. Denn es sei schwierig, sich aufgrund der derzeit mageren Informationen ein Bild zu verschaffen, um eine Einschätzung abgeben zu können.
Sagmeister sagt in einer ersten Reaktion: „Der Vinschgau hat akut keinen Reformbedarf.“ Das war in der Phase, als so ziemlich alles unklar war, die Gerüchte darüber, dass Geld aus der frisch eingeführten Aufenthaltssteuer nach Bozen in die Nachfolgeorganisation der SMG fließen könnte, kursierten, von Einsparungen durch Personalabbau die Rede war.
Erst nachdem LH Arno Kompatscher versuchte die Wogen zu glätten, wurde Sagmeister pragmatischer. Es gebe kein Problem mit einer möglichen Zusammenarbeit mit dem Burggrafenamt. Unter bestimmten Bedingungen: Das Büro in Glurns müsse samt Personal erhalten und eine gewisse Entscheidungsfreiheit müssen im Vinschgau bleiben.
Tatsächlich wurde die gesamte Tourismusreorganisation vor einer Woche in einer Steuerungsgruppe, in der unter der Federführung von LH Kompatscher HGV, LTS, SMG und Vertreter der zuständigen Landesämter vertreten sind, abgeschwächt. Nach dieser Sitzung sprach man davon, dass die Anzahl der RME, der regionalen Management Einheiten, noch zu definieren sei, dass die Tourismusvereine zu stärken seien und dass die Details nun eine Arbeitsgruppe ausarbeiten solle.
Das Pferd wird also weiter aufgezäumt, von wo auch immer.
Was den Vinschgau betrifft, so ist der hiesige Verband „Vinschgau Marketing“ in seiner heutigen Form ein junges Kind in der Tourismusverbandsfamilie. Mittlerweile sind es 6 MitarbeiterInnen, die von Glurns aus auch Webseiten der einzelnen Tourismusvereine betreuen, denen es unter der Koordination von Direktor Kurt Sagmeister gelungen ist, einheitliche Drucksorten zu generieren, einheitliche Webseiten, einheitliche Kommunikationskanäle usw. Der Vinschgerwind hat im März dem Tun von Vinschgau Marketing eine Titelgeschichte gewidmet, mit der Forderung aus Tourismuskreisen, Sagmeister müsse liefern, die Schonfrist sei vorbei.
Tatsächlich ist einiges auf Schiene, vor allem das Gefühl, dass die Tourismusvereine an einem Strang zu ziehen beginnen, dass größere Events gelingen, dass der Vinschgau in der Gästewahrnehmung zulegt.
Auf der anderen Seite liegen noch viele Bereiche brach oder sie werden erste langsam wachgeküsst - die Bewerbung des Winterangebotes etwa, der Nationalpark Stilfserjoch, die Stilfserjochstraße, die Synergien mit der einheimischen Wirtschaft, die Almen, der Marmor... Sagmeister und sein Team haben einen Vorteil: Sie können aus dem Vollen schöpfen im Vinschgau - der „Kulturregion in Südtirol“.
Auch ist es so, dass verbandsübergreifende Dinge angegangen werden - etwa das Mountainbiken am Nördersberg zwischen Töll und Latsch. Da habe man, sagt Sagmeister, überhaupt keine Berührungsängste mit der Marketinggesellschaft Meran, oder mit Tourismusvereinen aus dem Burggrafenamt. Für Sagmeister wäre es eine Logik, dass Zusammenarbeit zwischen den Tourismusverbänden von der Basis heraus wachsen solle. Es gebe Schnittmengen, die man durchaus gemeinsam bearbeiten könne. Eine Verordnung von oben herab sei, bei guter Arbeit der Verbände, gar nicht nötig.
Seit Arno Kompatscher, die Anzahl der möglichen sogenannten Regionalen Management Einheiten offen gelassen hat, besteht im Vinschgau gar die berechtigte Hoffnung, dass „Vinschgau Marketing“ allein bestehen bleiben könnte.
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