25 Jahre Vi.P?
Thomas Oberhofer und Sepp Wielander (lachen): Ah, so ist das gemeint, wir dachten wegen den „hohen“ Auszahlungspreisen.
Dazu kommen wir später.
Thomas Oberhofer: Nein, wir haben entschieden, dass es keine große Feier zum Jubiläum geben wird. Wir haben zum 20-Jährigen eine Feier gemacht, alle fünf Jahre ist das nicht notwendig.
Vinschgerwind: Herr Oberhofer: Sie beerben Karl Dietl und sind seit kurzem der neue Obmann der Vi.P. Die Vi.P. ist für Sie ....
Thomas Oberhofer: ...im Vinschger Obstbau die wichtigste Säule. Nur durch die Vi.P und die angeschlossenen Genossenschaften
und dem Netzwerk zwischen Beratungsring, Bauernbund und Bonifizierung ist es möglich, dass die kleinstrukturierte Landwirtschaft im Bereich Obstbau im Vinschgau überlebensfähig bleibt.
Vinschgerwind: Kommen wir zur Erntemenge. Gab’s im vergangenen Jahr die erwartete Rekordernte? Wieviele Tonnen Äpfel lagern noch in den Vinschger Zellen?
Sepp Wielander: Also wir sind programmgemäß auf 50 Prozent mit Ende Monat März. Jedes Jahr wird ein Abbauplan erstellt, der beinhaltet, dass mit 31. März die Hälfte der geernteten Menge verkauft sein soll. Der Abbauplan passt, die Preise nicht.
Vinschgerwind: Rekordernte?
Wir hatten keine Rekordernte. Wir haben 4 Prozent mehr Äpfel geerntet, als das Jahr zuvor, aber 5 Prozent weniger als geschätzt. In Tonnen 360.000 inklusive Bio.
Vinschgerwind: Nun zu den Auszahlungspreisen. Die Preise sind im Keller, die Rede geht von 27 bis 30 Cent pro Kilogramm.
Sepp Wielander: Die Preise sind im Keller. Ich kenne die Quellen nicht, wo Sie die Preise her haben, aber es stimmt, wir liegen zwischen 20 und 30 Cent und unsere Produzenten werden kaum die Produktionskosten decken.
Vinschgerwind: Was wird ein Bauer für einen Kilo Golden bei der anstehenden Akonto-Auszahlung Ende März bekommen?
Thomas Oberhofer: Das ist noch definitiv zu beschließen, aber wir gehen davon aus, dass es das sein wird, was wir in den vergangenen Jahren, in den schwachen Jahren, ausbezahlt haben.
Vinschgerwind: Und das wäre konkret.
Thomas Oberhofer: Das wäre 5 Cent pro Kilogramm für Golden zum Beispiel.
Vinschgerwind: Und für die roten Sorten?
Sepp Wielander: Etwas mehr, das kommt drauf an. Die meisten roten Sorten bekommen etwas mehr, aber nicht alle. Es gibt auch bei den roten Sorten schwarze Schafe, zum Beispiel Gloster, Elstar, Idared, Jonagold, die sind Schnee von gestern. Die aktuellen roten Sorten - Gala, Pinova, Kanzi - bekommen mehr als den Golden-Preis und bei den nicht aktuellen müssen wir schauen, ob sie überhaupt auf den Golden-Preis kommen.
Vinschgerwind: Wie sind die Biopreise?
Thomas Oberhofer: Höher als die Preise für die konventionellen Äpfel, aber wir liegen auch hier rund 20 Prozent unter dem Preis vom vergangenen Jahr, immer bei der Akontozahlung wohlgemerkt.
Sepp Wielander: Die Akontozahlung ist kein Maßstab für die definitiven Auszahlungspreise, das ist erst die zweite Zahlung Ende Juni.
Zwei Drittel der Vinschger Äpfel gehen nach Italien, das restliche Drittel teilen sich Deutschland, Skandinavien, Spanien ... Wo liegt die Zukunft des Vinschger Apfels?
Sepp Wielander: Die prozentuelle Aufteilung stimmt so nicht, die Hälfte geht nach Italien. Deutschland ist abnehmend, der deutsche Konsument ist kein Golden-Fan und er ist vorwiegend auf rote und neuere Sorten eingestellt. Und: Auf deutsche Produktion. Aber das ist in Italien nicht anders, Italien geht auch davon aus, das „Made in Italy“ das Beste ist. Also, in Deutschland liegen wir bei 11 Prozent, Tendenz sinkend, in Spanien sind wir bei 8 Prozent, Tendenz steigend, Skandinavien ist gleichbleibend bei 6 bis 7 Prozent, den Rest teilen sich Nordafrika und der Nahe Osten.
Also in den vergangenen Jahren hat sich das Verkaufsvolumen sehr stark verschoben.
Sepp Wielander: Ja, sehr stark. Wir haben vor 30 Jahren zwei Drittel nach Deutschland geschickt und ein Drittel nach Italien. Auf der Suche nach zukünftigen Absatzmärkten sind wir in Nordafrika daheim, in Ägypten, in Marokko, Algerien, Lybien, da liefern wir bereits. Ob dieser Markt auszuweiten ist, ist eine andere Frage. Die Zukunft kann in Arabien liegen, und im mittleren Osten. Der Osten Europas wird keine Rolle spielen und dann ist da noch die Übersee.
Vinschgerwind: Spürt die Vi.P. Russland?
Sepp Wielander: Direkt und indirekt. Weil Polen als Nachbarland nicht nach Russland liefern kann, schickt es seine Äpfel nach Westen und wir treffen uns auf denselben Märkten wieder.
Wieviel LKWs mit Vinschger Äpfeln sind derzeit in Lybien unterwegs?
Sepp Wielander: Wir schicken durchschnittlich wöchentlich 15 Container nach Lybien, 20 Container nach Algerien und 20 nach Ägypten. Und das mehr oder weniger wöchentlich.
Wieviele Tonnen Äpfel füllen einen Container?
Sepp Wielander: Das sind 18 Tonnen, 1,8 Waggon.
Ein Blick ins Regal der Supermarktketten: Wen beliefert die Vi.P und was verlangen die Kunden vermehrt?
Sepp Wielander: Die Supermarktketten sind die Vinschgauer Spezialität. Wir haben sehr früh auf die Ketten gesetzt und nicht auf den Großhandel. Das heißt, wir sind in Italien bei allen nennenswerten Ketten zugegen. In den entwickelten Ländern sind die Lebensmittelketten die Zukunft und in den weniger entwickelten Ländern der Großhandel. Dort ist der Importeur der Vertreiber. In Summe haben wir 52 Länder, wo wir vertreten sind.
Ein Bioapfel unterscheidet sich – laut Vi.P – nicht von einem konventionellen, zumindest nicht nach außen. Was sagen Sie dazu?
Sepp Wielander: Moment. Es geht um das Label?
Vinschgerwind: Nein, es geht um die Makellosigkeit. Die Vi.P hat Null-Toleranz den Bioäpfeln gegenüber ausgegeben.
Thomas Oberhofer: Der Konsument will keinen Rostfleck, keinen Schorf, das einzige, was der Konsument bei einem Bio-Apfel toleriert, ist, dass es kleiner sein darf, als ein konventioneller.
Rentiert sich Bio überhaupt noch?
Sepp Wielander: Bio hat sich etabliert und ist eine Realität im Vinschgau geworden. Ein Biobauer bekommt trotz weniger Ertrag pro Hektar unterm Strich mindestens gleich wie ein guter konventioneller Obstbauer. Der Biobauer ist heute wie heute mit allen herkömmlich produzierenden Bauern somit konkurrenzfähig. Wir sind mit 7 bis 8 Prozent die größte Biorealität in Europa.
Thomas Oberhofer: Wir sind als Vi.P offen und wenn der Markt sich Richtung Bio entwickelt, dann werden unsere Bauern dieser Tendenz folgen und wir uns in der Verarbeitung und Vermarktung drauf einstellen.
Gemeinsame Vermarktung, gemeinsame Kostensenkung und Qualitätsproduktion: Das ist Vi.P 3. Was ist Vi. P 4?
Sepp Wielander: Vi.P 4 gibt es nicht, auch nicht in der Schublade, weil Vi.P 3 noch als Erfolg gesehen wird.
Themenwechsel: Wie steht es mit Martell?
Sepp Wielander: Martell hat vor 12 Monaten Probleme gehabt und Dank der Banken, Raiffeisenverband, Politik, dem Bürgermeister von Martell, auch der Vi.P haben wir die MEG wieder auf Vordermann gebracht. Nicht zuletzt auch Dank der Produzenten in Martell, die daran geglaubt haben. Martell ist heute wie heute saniert.
Rund 5000 Hektar Produktionsfläche gibt es von der Töll bis nach Schluderns. Ist da noch Spielraum nach oben?
Thomas Oberhofer: Wir werden uns sicher nicht versperren, wenn die Entwicklung im Oberland in Richtung Obstbau geht. Ich glaube persönlich schon, dass eine Entwicklung möglich ist.
Damit wären wir bei der Causa Mals. Ihre Meinung.
Thomas Oberhofer: Ich habe ein großes Problem mit dem Thema Mals. Zuerst hat man sich gegen die Beregnung gestellt und jetzt gegen den Obstbau. Das ist Schade für die Bauern oben, die keine Entwicklungsmöglichkeiten haben. Wo ich aber noch ein großes Problem habe, ist, dass Wie man die Entwicklung oben hemmt, und zwar, dass man ständig den integrierten Obstbau ins schlechte Licht stellt. Das ist nicht richtig, Vinschgau hat die integrierte Produktion vor 25 Jahren angefangen, seit dem vergangenen Jahr ist es gesetzlich verpflichtend einen integrierten Pflanzenschutz zu machen. Wir sind jahrelang schon vorausgegangen. Wir reden nicht nur von Pflanzenschutz, wir reden von Bewässerung, vom Düngen, wir reden vom gesamten Paket. Wir brauchten uns nicht verstecken: Der integrierte Obstbau ist ökologisch, nachhaltig und ist wirtschaftlich.
Sepp Wielander: Ich teile das zu 100 Prozent. Ich habe nur hinzuzufügen, dass es teilweise beschämend ist, dass sich bestimmte Personen in Mals anmaßen, über die Bauern und über den Markt mehr zu verstehen, als der Bauer selbst und sie natürlich die eigenen Schäfchen im Trockenen haben, weil sie ja nicht von der Landwirtschaft leben müssen. Wenn ich beispielsweise sage, ich bin gegen die Autobahn, gleichzeitig aber 100.000 Kilometer fahre, dann muss ich aufpassen, denn dann spucke ich ins Teller, aus dem ich heraus esse. Dem Bauernstand wurde unrecht getan.
Thomas Oberhofer: Man war viel zu populistisch unterwegs und nicht sachlich. Sagt jemand: Wenn der Obstbau kommt, werden 500 Arbeitsplätze vernichtet, dann werden Ängste geschürt, die nicht richtig sind. Wir schaffen Arbeitsplätze, das möchte ich schon sagen: Es sind Familien, die von der Landwirtschaft leben, Mitarbeiter, Handwerksbetriebe, die Zulieferer und und und. Wir werden beim Spritzen Angriffsfläche bieten, aber wir entwickeln uns ständig weiter und das hat nichts mit Mals zu tun, das ist eine normale Entwicklung.
Die Vi.P hat sich vornehm aus der Causa zurückgehalten...
Sepp Wielander: Es ist meines Dafürhaltens falsch Antworten auf fanatische Fragen zu geben. Wenn ich eine Volksabstimmung mache würde, ob wir hohe oder niedrige Steueren zahlen sollen, dann habe ich auch alle auf meiner Seite. Den Ausgang in Mals hätte ich Ihnen auch vorher sagen können. Wieso hat von diesen Herren von der Malser Initiativgruppe nie jemand etwas Positives vom Obstbau berichtet, dass Obstbau auch Wertschöpfung bringt, Arbeitsplätze bringt, dass der Bauer inzwischen ein Unternehmer ist, der gewillt ist mit der Bevölkerung auszukommen und kein Feind ist. Nichts Gutes ist gesagt worden, dass hat uns auch verletzt.
Machen Sie es sich nicht etwas zu leicht? Heuproben in Mals haben einen Eintrag in einer Grünlandwiese von Seiten einer Obstanlage hinterlassen.
Thomas Oberhofer: Wir haben reagiert, in den Leitlinien und den Agrios Richtlinien sind klar die Abstandsregelungen drinnen, der Abdriftschutz, dass ein topmoderner Sprüher mit Aufsatz und abdriftarmen Düsen zum Einsatz kommen muss und sogar ein Abdeckblech haben muss. Wir haben jeden Bauern oben kontrolliert, und jene, die sich nicht daran gehalten haben, haben Sanktionen bekommen.
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